Finanziert Netscape-Gründer den Browser der Zukunft?
Andreessen geht »back to browsing«, meldet die New York Times.
Der erste Web-Browser einer kommerziellen Firma war tatsächlich Netscape. Und nur, weil Microsoft entschied, seinen eigenen Browser kostenlos mit dem Betriebssystem zu bündeln, konnte Netscape-Gründer Andreessen den selbst eröffneten neuen Markt mit seinem Produkt nicht finanziell erobern – Netscape sollte ursprünglich nach der Betaphase ein kostenpflichtiges Produkt werden und schaffte nie diesen Sprung.
Viele der Entwickler retteten sich seinerzeit in die OpenSource-Welt, und so stammt ein Großteil der Firefox-Entwickler aus dem ursprünglichen Netscape-Umfeld.
Gerade noch rechtzeitig im Dotcom-Boom konnte Andreessen Netscape an AOL für vier Milliarden Dollar verkaufen, legte das Geld schlau an und investierte zum Beispiel kleine Mengen davon in Opsware – ein Unternehmen, das sich mit Rechenzentrums-Automatisierung beschäftigte und unter anderem von den engen Andreessen-Vertrauten Eric Vishria und Tim Howes mitgegründet wurde. Das verkaufte er wiederum für 1,6 Milliarden Dollar an HP, die es nun als HP Data Center Automation Center weiterführen.
16 Jahre nach dem Netscape-Vorläufer NCSA Mosaic kehrt Andressen mit dem erworbenen Reichtum wieder zurück zum Browser-Business. Er steckt sein Geld in eine Firma, die von früheren Kameraden aus Netscape- und Mozilla-Zeiten gegründet wurde: »RockMelt«, hinter dem auch Vishria und Howes stecken, will den Browser von Grund auf neu entwickeln. »Ein Browser würde heute ganz anders entwickelt werden und mit Applikationen besser korrespondieren – es handelt sich im heutigen Web ja nicht mehr um statische HTML-Seiten«, hatte Andressen im Frühsommer angeblich in einem Interview erklärt.
Der Hinweis, der neue Browser solle eng mit Facebook gekoppelt werden, verschwand sehr schnell wieder von der RockMelt-Seite, denn es ist alles ja »sooo streng geheim« wie man im Internet-Zeitalter an sich gar nicht mehr sein kann.
Facebook weiß angeblich nichts, Andreessen, Howes und Vishria bleiben stumm – doch der Netscape-Gründer sitzt auch im Vorstand des Social-Network-Unternehmens von Mark Zuckerberg und könnte noch für diese Verquickung sorgen. Vielleicht ist das Web-2.0-Angebot auch ein besserer Verteiler für einen Browser als Google es für ein Chrome ist.
Denn anders als beim Suchprimus sind beim Networking-Angebot alle Nutzer angemeldet – für Finanziers sind die Millionen von Usern also leichter »abmelkbar«. Wir warten gespannt, denn manche der Andreessen-Investitionen erwiesen sich schon mal als Rohrkrepierer. Aber vielleicht tut sich mal eine ganz neue Idee auf – dann wäre verständlich, warum die Innovatoren so stumm sind, denn im Netz-Zeitalter sind längst alle veröffentlichten Ideen so etwas »Volkseigentum« (in Maos Sinne) oder würden »von den Borg assimiliert« (im StarTrek-Sinne). µ
L’Inqs:
Rockmelt
New York Times über Andreessens neue Investition