Ägypten ist ganz vom Internet abgetrennt

Internet-Nutzer in Ägypten können nur noch auf heimische Seiten zugreifen – damit bekommt der alte Otto-Waalkes-Spruch »Ägypten?« (Video hier ) eine ganz andere Bedeutung. Lustig ist er jetzt nicht mehr: Der Netzwerküberwacher Renesys hat festgestellt, dass quasi über Nacht (spätabends in Ägypten) fast das ganze ägyptische Internet offline ging. Etwa 3.500 individuelle BGP-Routen (Border Gateway Protocol) der großen ägyptischen ISPs wurden quasi mit einem Schlag ausgelöscht.
Anders als in Tunesien mit erfolglosen Abschaltversuchen oder Iran mit massiver Verlangsamung des Netzes kann man hier von einer kompletten Abschottung reden. Die Kabel, die den Verkehr aus Asien über Ägypten nach Europa leiten, sind nicht betroffen. Offenbar hatte die Mubarak-Regierung schon vorige Woche das Abschalten getestet und die Blackberry- und SMS-Roaming-Dienste in Ägypten blockiert. Dann testete man offenbar Anfang der Woche das Entfernen der Zugänge zu Facebook und Twitter, bis schließlich Mitte der Woche in der Stadt Suez alle Telekommunikationsdienste stillgelegt wurden. Über die darauffolgenden Proteste und Ausschreitungen berichteten die Nachrichtenagenturen noch gestern. Wie AP nun in einem unzensierten Video auf YouTube am Donnerstag zeigte, herrscht in Ägyptens Hautstadt Kairo bereits Chaos und Gewalt.
Das bei Muslimen übliche Freitagsgebet wurde in Kairo untersagt, um von dort ausgehende Demonstrationen zu umgehen. Der einzige Provider, der noch Online zu sein scheint, so Renesys in einem Nachtrag, ist die Firma Noor Group, die die ägyptische Börse vernetzte. Diese ist noch erreichbar – wenn auch nur noch extrem langsam. Zu sehen ist allerdings jetzt schon eine massive Kapitalflucht aus ägyptischen Werten: 181 Aktienkurse waren im Minus, nur 3 stiegen und eine einzige blieb gleich. Am heutigen Freitag ist die Börse in Kairo geschlossen.