Leo Apotheker will HPs »verlorene Seele« retten

Businessweek-Redakteur Aaron Ricadela hat das, was der deutsche Chef der US-Firma vor 4000 indischen HP-Mitarbeitern Ende Januar erklärte, nachverfolgt und HP-Mitarbeiter wie die Branche dazu befragt. Die Börse indes scheint nicht alles zu mögen, was Apotheker vorhat.
Mit Wachstum bei Software wolle Hewlett-Packard’s CEO das Unternehmen stabilisieren; Apothekers Worte seien ein endgültiger Bruch mit Mark Hurds vorheriger Strategie.
Indien nicht nur als billige Werkbank
In Englisch mit definitiv deutschem Akzent soll Apotheker den indischen Mitarbeitern in Bangalore erklärt haben, er wolle Indien künftig mehr als Markt denn als Quelle billiger Programmierarbeit betrachten – sein Vorgänger Mark Hurd hatte dies so gemacht, um Kosten zu senken. Mit Software-Zukäufen und einem Umbau der PC-Abteilung will Apotheker nun in die Gefilde von Konkurrenten wie Oracle und IBM eindringen.
Statt wie Hurd nur noch Kosten zu senken, wolle Leo Apotheker Produktqualität und eigene Entwicklungen voranbringen – derzeit toure er durch viele Niederlassungen, um Entwicklungen zu erkennen und Produkte schneller auf den Markt zu bringen. »HP hat seine Seele verloren«, soll er schon zuvor in HPs Zentrale in Palo Alto gesagt haben, und daraus entstehe nun seine neue Strategie – die er am 14. März 2011 im Detail vorstellen wolle.
Software als Achillesferse – viele Übernahmekandidaten
BusinessWeek will anhand Analysten-Aussagen bereits die Übernahmekandidaten von HP ausgemacht haben, darunter befänden sich Informatica, BMC Software., SAS Institute, Symantec und CommVault Systems – reine Software-Unternehmen. Im Servicebereich habe schließlich auch der 13,2 Milliarden Dollar schwere Kauf von EDS am Ende weniger als ein Prozent Wachstum gebracht. IBM hatte wenigstens 2,6 Prozent im Servicebereich zugelegt, die Software-Umsätze von IBM liegen schon bei 22,5 Milliarden – bei HP macht Software gerade 3,59 Milliarden des Umsatzes im Jahr 2010 aus.
Software sei auch die Achillesferse des Unternehmens, erklärte Börsenanalyst Brian Marshall bei »Gleacher & Co.« in San Francisco und setzte nach Apothekers Rede HP wieder auf die Empfehlung »Kaufen«.
WebOS als Unterscheidungsmerkmal
Kommendes Jahr wolle Apotheker so weit mit WebOS sein, dass man jedem ausgelieferten Rechner die Fähigkeit geben wolle, zusätzlich zu Windows auch WebOS auszuführen, erzählt Busineweek-Mann Ricadela weiter von dem Vortrag in Indien. So wolle der HP-Chef eine weitverbreitete Plattform für verschiedene Geräte schaffen, welche die HP-Systeme klar von den vielen Mitbewerbern unterscheiden.
Die Senkung von Gehältern sowie Ausgaben für Forschung und Entwicklung hätten HP bei der Erkennung wichtiger Techniktrends langsam gemacht – so fehle es etwa an Expertise zu Cloud Computing und zu Werkzeugen, die Unternehmen bei der Datenanalyse helfen. Darin will er investieren. »Wir haben genügend Kosten gesenkt« sagt Apotheker und stellt vor allem das Service-Personal wieder ein, das Hurd zuvor gekündigt hatte.
Erbsenzähler Hurd, Diva Fiorina – und was wird Apotheker?
Ein Kommentator mit dem Usernamen »Twiddle«, definitiv ein HP-Angestellter, schreibt auf der Businessweek-Seite, wenigstens habe man nun einen Chef, der das Geschäft halbwegs verstehe – Hurd habe nur brutal Kosten gesenkt und etwas für Investoren getan, und Carly Fiorina habe zuvor immer nur im Mittelpunkt stehen wollen, ohne eine Strategie zu haben – und nun hoffe er, dass sich Apotheker auch an seine Worte hält.