Diese Vorteile bringt Windows 8 für Desktop-User

Mit Windows 8 setzt Microsoft wagemutig auf ein völlig neues Bedienungsgefühl, will seine neue System-Anmutung auch auf Nicht-Intel-Systeme bringen und hat Milliarden von Dollar in drei Jahre Entwicklungsarbeit gesteckt – und will noch einmal 1,5 Milliarden Dollar für das Marketing in die Hand nehmen. Trotz der teilweise heftigen Kritiken am Ergebnis muss – bei all dem Aufwand dahinter – irgendwie doch noch etwas dran sein am neuen System. ITespresso hat sich nach positiven Stimmen umgehört.
Ein “Touch first” Betriebssystem? Nicht unbedingt!

Wer auch immer schreit, Microsoft habe all seine Erfahrungen aus älteren Windows-Versionen weggeschmissen – etwa den Start-Knopf –, sieht nicht, dass MS sich auf den neuen Trend der Touchscreen-Bedienung geworfen hat – und ihn bestens bedient.
Damit ist jedoch der traditionelle Desktop-Nutzer mit Tastatur und Maus nicht ganz vergessen: Microsoft hat ihm sogar mit vielen Upgrades die Arbeit erleichtert, Tester Sebastian Anthony von der Website Extremetech sieht die Arbeit im Desktop-Modus (der allerdings erst aktiviert werden muss) des neuen Windows als “definitiv schneller als mit Windows 7”.
Microsoft-Chairman Bill Gates kommt nicht umhin, groß zu verkünden, wie toll die Arbeit mit der idealen Kombination aus Touchscreen-Bedienung und traditioneller Tastatur/Maus-Anwendung sei – und erklärt im Video wie gut das funktioniert. Eine Beschränkung auf Touchscreens, die Kritiker dem neuen Windows vorwerfen, ist also nicht gegeben.
Wie Windows 8 bedient wird, erklärt Microsoft recht gut in seinem “Product Guide”, den es bereits zum Release Preview veröffentlicht hatte. (hier als PDF). Wem weder Touchpad noch Tastatur passen, der kann mit neuartigen Eingabegeräten die passende Mischform nutzen.
Neuer, entschlackter Kern
Microsoft war durch seine Konzentration auf Mobilgeräte mit vielen Stromsparelementen (also vor allem Atom- oder ARM-CPUs) gezwungen, sein Betriebssystem effektiv genug auch für die kleineren Hardware-Zusammenstellungen zu machen. Die Optimierung führte sogar zu Gerüchten, wegen Intels fehlender Angaben zu Stromsparfunktionen könne sich die Window-8-Version für die Atom-CPUs verspäten.
Aber letztendlich hielt sich Microsoft an seine Maxime zum Stromsparen und lieferte gleich ein Software-Update zu den umstrittenen Energiesparfunktionen. Das neue Windows-RT-Framework beruht auf Microsofts “Entschlackungsprojekt “MinWin”: Weniger CPU-Nutzung, weniger Stromverbrauch und eniger Redundanz waren das Ziel.

Schnelleres Booten und Herunterfahren des Systems

Windows 8 startet tatsächlich sehr viel schneller als alle Vorgängerversionen des Betriebssystems. Das ist teilweise dem BIOS-Nachfolger UEFI zu verdanken, einem cleveren Dreh an der Firmware, der den Bootvorgang ganz anders anpackt als bisherige System-Start-Chips. Wer Windows noch von einem traditionellen Festplattenspeicher lädt, der spart sich etwa ein Drittel bis zur Hälfte der Ladezeit – im Test von Extremetech mit 21 unterschiedlichen PCs senkte sich die Systemstart-Zeit von durchschnittlich 30 Sekunden auf 15 bis 20 Sekunden. Die Boot-Zeit auf einem SSD-Laufwerk benötigte weniger als 10 Sekunden.
Auch das Herunterfahren hat sich drastisch geändert. In Windows 7 räumt das System erst einmal alles auf, was sich noch aktiv im Speicher oder auf der Festplatte tummelt –zu häufiger Fensterputz sozusagen. Windows 8 dagegen tut vor allem das, was Version 7 nur im “Ruhezustand” tat: der derzeitige Status wird im Grunde nur eingefroren.
Der Low-Level-Systemstatus (kernel/session 0) wird auf die Festplatte geschrieben. Beim nächsten Booten muss der Zustand nur wieder re-initialisiert werden. Das ist sehr viel schneller, als das gesamte System immer erneut laden zu müssen.
Mehr Sicherheit
Das verbesserte Security-Konzept des neuen Windows beginnt schon beim Booten mit UEFI: Der BIOS-Ersatz kann nicht mehr so einfach missbraucht werden, denn UEFI prüft zunächst das Gerät, von dem gebootet wird und verlangt eine Geräte-Authentifizierung. Die Umgehung der Sicherheitsprüfungen durch Booten von einem USB-Stick etwa ist jetzt nicht mehr so leicht möglich.
Schon 2010 begann das Projekt zum “Unified Extensible Firmware Interface”, das von einer Allianz großer Unternehmen (nicht nur Microsoft) ins Leben gerufen wurde. Die Lücken, die es anfangs darin gab, sind inzwischen beseitigt.
Windows 8 braucht zwar einen Rechner mit UEFI-Chip, um seinen “Master Boot Record” sicher zu laden und die Schwächen des 30 Jahre alten BIOS zu umgehen, doch dann kann der Nutzer sicher sein, dass der Rechner nicht mehr so leicht durch Rootkits unterminiert werden kann. Im Grunde ist UEFI so etwas wie ein Mini-Betriebssystem auf einem Chip, das das Laden der nächsthöheren Ebene regelt und dabei erste Sicherheitsprüfungen vornimmt.
Mit “Trusted Boot” stellt es sicher, dass der OS Loader das erste Stück Software ist, das geladen wird. Sicherheits-Software von Microsoft und von Dritt-Anbietern ist in den Boot-Prozess fest integriert – “damit niemand damit herumspielt”, beschreibt Microsoft das Prinzip.

Ist das System geladen, prüft Windows selbst noch einmal: Die mitgelieferte Security-Software von Microsoft, der “Windows Defender”, prüft auf Viren und Malware auch, wenn keine Sicherheitsprodukte eines Drittanbieters installiert sind.
Um sich die Kontakte zur Security-Industrie nicht ganz zu verscherzen, hat Microsoft für sie spezielle Security-Routinen und Schnittstellen ins Betriebssystem eingebaut, die Antimalware-Software so ausführen können, dass sich deren Arbeit nicht auf die Gesamt-Performance des Systems auswirkt. In Microsofts Worten: sind dies “new ways for antimalware software to reduce its impact on system performance”.
Im System selbst schützt Windows 8 vor falschen Speicherzuweisungen, wie sie in bisherigen Betriebssystemen zu Pufferüberläufen, Abstürzen und Erschleichen von Rechten führen konnten. Speicherbereichs-“Entführungen” wie sie bisher möglich waren, vermeidet Windows 8 schon auf tiefer System-Ebene, indem alle Memory Allocations mit einem Zufallszahlen-Algorithmus nochmals überprüft werden. Die fachlichen Interna des neuen Speicher-Managements stellten die Security-Experten Chris Valasek und Tarjei Mandt auf der Blackhat-Konferenz vor.
Vom Windows-Server 2012 hat Microsoft für Windows 8 das Prinzip der “Spaces” übernommen: Beliebige Speichermedien können zu einem einzigen großen als Speicherpools zusammengefasst werden. In der Anzeige unterscheidet Windows zwischen diesen virtuellen Spaces und den echten “physischen” Laufwerken. Zu den Laufwerken zählen auch ISO-Images: Sie müssen nur im Windows Explorer mit einem Klick auf “Mount” hinzugefügt werden und stehen sofort wie ein normales Speichermedium zur Verfügung.

Auch die Desktop-Virtualisierung ist nun Teil des Systems: Konkurrenten wie Parallels müssen sich noch umsehen, denn Windows 8 erlaubt jetzt die Nutzung von Gast-Betriebssystemen wie in bisherigen extern erhältlichen Produkten. Grundlage ist Microsoft Virtualisierungs-System Hyper-V, das bislang eher auf Serverseite zu finden war. Unter Windows 8 nebenbei noch XP, Linux oder Windows 7 laufen zu lassen, ist jetzt also möglich.
Besseres System-Management und ausgereifte Anwender-Software
Microsoft hat auch einige System-Tools überarbeitet, unter anderem den Task-Manager: Er ist nun weitaus übersichtlicher und erklärt die Systemnutzung durch Apps und Hintergrund-Prozesse verständlicher als bisherige Versionen des Tools.

Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Funktion “File History” – sie ist eine Art inkrementelles Backup. So werden verschiedene Versionen einer Datei nur in Form ihrer Änderungen gesichert. Dadurch lässt sich der Status sehr leicht auf frühere Versionen zurücksetzen, etwa wenn mit einem Dokument während der Arbeit etwas schiefgelaufen ist – ein falscher Tastendruck, der die Arbeit zerstört, ist also nicht mehr so schlimm.
Unter den mitgelieferten Apps finden sich zahlreiche Neuerungen, etwa die “People App”, eine Art Mischung aus sozialem Netzwerk und erweitertem Adressbuch. Darin eingebettet ist wiederum die VoiP- und Chat-Software Skype in spezieller neuer Windows-8-Version, die das Arbeiten mit Video-Chats, Telefonaten oder andren Kommunikationswegen erleichtert – während die Tätigkeiten mit anderen Apps weiterlaufen können.
Fazit
Für einzelne Desktop-Nutzer stellt Windows 8 tatsächlich einen großen Schritt nach vorne dar. Nur bei den Installationen in Unternehmen ist der das nächste Windows ein wagemutiger Schritt, der zweimal überlegt werden sollte – ob sich die Investition in die Umgewöhnung der Mitarbeiter lohnt, sollte erst einmal zusammen mit diesen getestet werden.
Generell aber ist zu sagen: Respekt vor Microsofts Mut, das Betriebssystem neu zu überdenken. Wer sich daran gewöhnen kann, “anders” zu arbeiten, wird von Windows 8 begeistert sein.