Minister Dobrindt plädiert für Netzallianz Digitales Deutschland

“Deutschland und Europa müssen eine Aufholjagd starten und an die Spitze des Fortschritts gelangen. Wir brauchen einen gemeinsamen Kraftakt von Industrieunternehmen und Politik”, hat Alexander Dobrindt im Interview mit der “Welt am Sonntag” erklärt. Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur will dazu eine “Netzallianz Digitales Deutschland” ins Leben rufen. Sie soll dazu dienen, die großen Telekommunikations- und Netzunternehmen des Landes an einen Tisch zu bringen. Ihre erste Aufgabe soll der Breitbandausbau sein.

“Wir sind die Technologieweltführer in der Automobilindustrie. Aber BMW und Audi fahren jetzt in die USA und versuchen, die Google-Technologie in ihre Wagen zu bekommen. Wieso gibt es eigentlich kein europäisches Unternehmen, das die passende Software herstellt?”, so Dobrindt im Interview mit der “Welt am Sonntag” weiter.
Laut “Welt am Sonntag” schließt sich Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, in diesem Punkt Dobrindt an: “Um im weltweiten Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte nicht zurückzufallen, braucht Deutschland einen zügigen Breitbandausbau”. “Er begrüße es, dass der Minister die Initiative ergreife. Höttges gegenüber dem Blatt weiter: “Die Telekom investiert Jahr für Jahr Milliarden in den Breitbandausbau, sie kann mit einem Marktanteil von 45 Prozent aber nicht 100 Prozent der Bundesrepublik versorgen.”
Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung ist das Ziel vereinbart, den Bürgern in Deutschland bis zum Jahr 2018 flächendeckend mindestens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung zu stellen. Der Bitkom geht davon aus, dass dafür rund 20 Milliarden Euro erforderlich sind.
Bei den Koalitionsverhandlungen war zweitweise von einer Milliarde Euro an Investitionen durch die Regierung die Rede. Die konkrete Zahl wurde jedoch fallen gelassen. Die vorhergehende Regierung hatte sich übrigens vorgenommen, bis 2014 drei Viertel der Bürger mit einem 50 MBit/s-Anschluss zu versorgen.

Außerdem klaubte Dobrindt gegenüber der “Welt am Sonntag” wieder Pläne für eine europäisches Internet aus der Mottenkiste: Seiner Ansicht nach müssen Datenströme “innerhalb des Schengenraums fließen, ohne dass Server in den USA oder China dazwischengeschaltet sind”.
Die Ernennung von Alexander Dobrindt, zuvor Generalsekretär der CSU, Mitte Dezember zum Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, sorgte in der Netzgemeinde für zahlreiche spöttische Reaktionen: In deren Mittelpunkt stand, dass sich der auch als “Internetminister” apostrophierte Politiker in der Materie, die er zu betreuen hat, nicht ausreichend auskennt.
Etwas weniger emotionale Beobachter gaben zu bedenken, dass Dobrindt als Verkehrsminister in digitalen Fragen kaum gefragt sein wird, da sein Ministerium ausschließlich für den Ausbau der Netz-Infrastruktur zuständig sein wird. Offenbar will Dobrindt diese Infrastrukturfragen nun aber doch mit darauf aufbauenden Themen, die eigentlich im Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesinnenministerium oder dem Bundesjustizministerium geklärt werden sollten, verknüpfen.

Zumindest aus der Sicht der Leser von ITespresso ist das ein gewagtes Vorhaben. In der Woche vor Weihnachten erklärten 54 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage bei ITespresso, Dobrindt sei aus ihrer Sicht als Minister für digitale Infrastruktur für eine komplette Fehlbesetzung. Immerhin ein Drittel will erst urteilen, wenn Dobrindt ein paar Monate im Amt war. 6 Prozent der Befragten gaben zudem an, sich noch keine Meinung gebildet zu haben. Dass Dobrindt seine Aufgabe weder besser noch schlechter als andere (7 Prozent) oder sogar gut machen werde (2 Prozent) glaubt dagegen nur eine kleine Minderheit.
