EU-Parlament will Datenschutz neu regeln

Am Mittwoch hat das Europäische Parlament den Entwurf (PDF) zu einer neuen EU-Datenschutzgrundverordnung verabschiedet. Diese sieht nicht nur härtere Strafen bei Verstößen vor, sondern soll auch für einen besseren Schutz der Privatsphäre sorgen. Die Vollversammlung in Straßburg votierte mit 621 Ja-Stimmen dafür. Diesen stehen 10 Gegenstimmen sowie 22 Enthaltungen gegenüber. Zum einen soll die Neuregelung einen verbesserten Schutz von personenbezogenen Daten bringen. Zum anderen ist geplant, dass sie den EU-internen Datenverkehr vereinfacht.
Die aktuell noch geltenden Datenschutzregeln datieren aus dem Jahr 1995 und sollen daher nun ebenso abgelöst werden wie die individuellen nationalen Bestimmungen der EU-Mitgliedsstaaten. Dem Entwurf zufolge kann die Europäische Union bei Datenschutzvergehen bis zu fünf Prozent des jährlichen Umsatzes respektive bis zu 100 Millionen Euro als Strafe festlegen. Der Entwurf sieht weiterhin vor, dass EU-Bürger der Verwendung ihrer persönlichen Daten explizit zustimmen müssen. Den Schutz von Firmendaten klammert die neue Datenschutzgrundverordnung allerdings aus.
Im Gegensatz zur gegenwärtigen Datenschutzrichtlinie sind einzelne Mitgliedsstaaten nun jedoch nicht mehr in der Lage, in ihrer nationalen Gesetzgebung höhere Datenschutzstandards festzusetzen. Im vergangenen Jahr hatte dies in Reihen der Bundesregierung bereits Skepsis ausgelöst.
“Die Nachricht, die das Europäische Parlament aussendet, ist eindeutig: Diese Reform ist eine Notwendigkeit und jetzt auch nicht mehr aufzuhalten”, betonte EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die zu den Initiatoren der Neuregelung gehört. Hierbei schloss sie sich der Kommissionskollegin Neelie Kroes an, die für die Digitale Agenda verantwortlich zeichnet: “Im Zuge der US-Datenspionage ist der Datenschutz mehr denn je ein Wettbewerbsvorteil.” Ähnlich hatte sich Kroes zwei Tage zuvor auf der CeBIT in Hannover geäußert.
DigitalEurope, ein Interessensverband der Elektronikbranche, bemängelt hingegen, dass die Regulierung “für die digitale Wirtschaft schlecht geeignet” sei. Er fordert daher eine Überarbeitung des Entwurfs. Der Gesetzestext sei überregulierend. “Dadurch wird Europas Fähigkeit beschränkt, aus neuen Nutzungsformen von Daten Vorteile zu ziehen.” DigitalEurope befürchtet Nachteile gegenüber Ländern, die nicht solch strikten Regelungen unterliegen. Gerade US-Unternehmen wie Facebook oder Google schreiben mit der Auswertung von Nutzerdaten Milliardengewinne. Durch die Vereinheitlichung der Datenschutzverordnung, lautet jedoch das Gegenargument der Kommission, könnten europäische Firmen bis zu 2,3 Milliarden Euro einsparen.

Der nun beschlossene Entwurf dient dem EU-Parlament als Verhandlungsbasis für Gespräche mit dem Ministerrat. Im EU-Rat, der die jeweiligen Mitgliedsstaaten vertritt, ist bislang noch keine homogene Haltung zu dem Thema erkennbar.
Widerstand kommt dagegen unter anderem aus Großbritannien. Dort werden Mehrkosten für Unternehmen befürchtet, da diese im Zuge der neuen Regelung auch einen neuen Datenschutzbeauftragten ernennen müssten. Die Bundesregierung fordert sogar, den öffentlichen Sektor von diesen Regelungen auszuschließen.
Der Berichterstatter des EU-Parlaments Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Grüne) kritisiert diese Haltung scharf: “Es ist unverantwortlich von den Regierungen im Rat, nach über zwei Jahren Debatte noch nicht einmal eine allererste grobe Verhandlungsposition zu präsentieren. Das Zeichen, dass sie damit an die Menschen in der EU senden, lautet: Bankenrettungen und Handelsabkommen bringen wir im Schnellverfahren durch, die Interessen und Rechte der Menschen schieben wir auf die lange Bank.”
Albrecht fordert vom Ministerrat, nach dem 25. Mai mit den Verhandlungen zu beginnen. Die Abstimmung über die Datenschutzgrundverordnung wurde durch das Parlament eigens vor das Datum der Europawahl gelegt, um den Vorgang aufgrund des dann neu zusammengesetzten Parlaments nicht noch weiter zu verzögern.
Darüber hinaus kritisiert Albrecht auch die Forderungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel: “Es ist absurd, dass sie zur CeBIT-Eröffnung erneut die Notwendigkeit der EU-Datenschutzverordnung betont, während ihr Innenministerium in Brüssel noch immer auf dem drastischen Schritt besteht, die staatlichen Behörden vom gemeinsamen EU-Datenschutz auszunehmen.” Er sehe auch eine “massive Verquickung staatlicher und privatwirtschaftlicher Datensammlungen”. Zudem würden zahlreiche Regelungen zur Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse auch mit der neuen EU-Verordnung weiterhin national geregelt bleiben.
[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]
Tipp: Wissen Sie alles über Edward Snowden und die NSA? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.