Microsofts mobile Office-Offensive

Vor wenigen Tagen hat Microsoft seine Office Apps für Android fertiggestellt. Die Büro-Apps sind auch für Apples iOS und Windows Phone verfügbar. ITespresso stellt Microsofts App-Strategie vor und testet mobile Office-Alternativen anderer Hersteller.
Smartphones und Tablets gehören bei Unternehmen zwar längst zur Standardausstattung aller mobilen Mitarbeiter. Doch als Arbeitswerkzeug für Werkzeug für produktives Arbeiten werden sie immer noch nicht so richtig ernstgenommen. Unterwegs mal seine E-Mails checken oder ein Textdokument überfliegen, erscheint vielen als die Hauptanwendung der Mobilgeräte. Auch Social-Media-Manager kommen ohne Tablet oder Smartphone nicht mehr aus, weil sie damit ganz unabhängig vom Desktop-PC Twitter-Meldungen oder neue Beiträge auf Facebook posten können.
Aber die mobilen Rechner sind auch im Office-Bereich für produktives Arbeiten gut. Die Voraussetzungen dafür sind längst gegeben. Schnelle LTE-Verbindungen – zumindest in Ballungsräumen -, gestiegene Rechenleistung bei der Hardware und vor allem die Verbreitung von Cloud-Diensten machen es möglich, dass man unterwegs auch mal größere Office-Dateien öffnet und bearbeitet.

An passenden Smartphone- oder Tablet-Apps ist längst kein Mangel mehr. Die gibt es schon seit Jahren von einer Reihe von Herstellern, darunter die deutsche Firma Softmaker. Seit Microsoft vor wenigen Tagen seine Office-Apps für Android online gestellt hat, hat der Office-Riese aus den USA sein Office-Angebot für mobile Nutzer komplettiert. Die Büro-Apps von Microsoft gibt es jetzt für alle relevanten Plattformen, also neben Windows Phone und Android auch für Apples iOS.
Im Mai 2014 kam Office für das iPad auf den Markt, im November 2014 folgte die Version für das iPhone. Im Januar 2015 war Office für Android-Tablets fertig. Und jetzt, seit dem 24. Juni, ist auch Office für Android-Smartphones verfügbar.
Microsofts Mobilstrategie
Microsoft will wieder dahin kommen, wo es Ende der Neunziger Jahre schon einmal war. Damals war auf so ziemlich jedem Büro-PC ein Office 95, 97 oder 2000 installiert. Mit der App-Offensive soll das Büropaket nun endlich auch auf allen Mobilgeräten präsent sein. Egal, ob Windows Phone oder Apples iOS oder Googles Android.

Zudem sollen alle mobilen Versionen im Prinzip den gleichen Funktionsumfang und dieselbe Bedienoberfläche haben. Gegenüber der Desktop-Version ist der Funktionsumfang logischerweise etwas eingeschränkt. Schließlich macht es wenig Sinn, riesige Excel-Tabellen mit komplexen Formeln auf einem kleinen Tablet zu bearbeiten. Die Tablet-Versionen der Apps bieten deshalb die Grundfunktionen, die der Anwender im Alltag benötigt. Feinheiten und fortgeschrittene Funktionen bleiben der Desktop-Version vorbehalten.
Wenn hier von Office-Apps die Rede ist, bedeutet dies nicht, dass der Nutzer jeweils ein ganzes Büropaket herunterlädt. Das gibt es im Bereich der Mobilgeräte gar nicht. Word, Excel oder Powerpoint sind jeweils als einzelne App erhältlich. Eine umfangreiche Suite mit vier oder fünf integrierten Anwendungen würde möglicherweise auch den Speicher von Tablets oder Smartphones zu sehr belasten. So lädt sich der Anwender nur die Apps herunter, die er wirklich benötigt.

Allerdings ist der Speicherbedarf der Microsoft-Apps auch so sehr hoch. Auf einem Tablet beansprucht allein Powerpoint etwa 294 MByte, bei Word sind es 270 MByte. Die entsprechenden Apps von Softmaker begnügen sich mit jeweils knapp 20 Megabyte. Neben den Kernanwendungen von Office, Excel, Powerpoint und Word sind aber auch Outlook und Onenote als App zu haben.
Versionen für Tablets und Smartphones
Microsoft unterscheidet sogar zwischen Tablets und Smartphones. Die Apps für Smartphones haben wegen des kleineren Displays noch etwas weniger Funktionen. Doch auch hier gilt: Identische Bedienoberfläche auf den Betriebssystem-Plattform Windows Phone, iPhone und Android. Microsoft nennt das Konzept “Universal Apps”. Die Apps setzen alle auf dem gleichen Code auf.
Für Privatanwender sind die Office-Apps kostenlos, allerdings kann der Anwender erst mal nur lesen oder drucken. Für das Erstellen und Bearbeiten von Dokumenten benötigt er ein ebenfalls kostenloses Microsoft-Konto.

Apps und Office 365
Wer darüber hinaus als Privatanwender besondere Premium-Funktionen, beispielsweise die Funktion “Änderungen nachverfolgen” in Word auch in der App nutzen will, benötigt eine kostenpflichtige Office-365-Lizenz.
Office 365 ist Microsofts Komplettlösung. Mit einer Office-365-Lizenz stehen dem Anwender neben der klassischen Desktop-Variante alle Apps für das Tablet oder das Smartphone zur Verfügung. Wer eine Office-365-Lizenz erwirbt, kann die benötigten Apps wie Word, Excel oder Powerpoint bei Bedarf auf sein Endgerät herunterladen.
Geschäftsanwender benötigen in jedem Fall eine solche Office-365-Lizenz. Nach dem Herunterladen der Apps melden sie sich mit dem Office-365-Konto an und schalten damit die Premiumfunktionen frei.
Als Systemvoraussetzung für Android-Smartphones nennt Microsoft Android 4.4 und 1 GByte Arbeitsspeicher. Für den Einsatz der Office-Apps auf Android-Tablets muss das Display mindestens 7 Zoll groß sein, ein ARM- oder Intel-Prozessor verbaut und als Betriebssystem Android 4.4 installiert sein.

Bei Microsoft richtet man den Blick schon auf den nächsten Meilenstein. Die Office-Apps für Windows 10 werden voraussichtlich noch in diesem Jahr folgen. Auch hier wird es eine Version für Smartphones und eine für Tablets geben. Und auch ohne Apps oder Büroprogramm auf dem PC können Anwender mit Office arbeiten. Sie nutzen dafür einfach die Online-Versionen auf Office.com.
Praxistest: Mobile Office-Alternativen
ITespresso hat die Office-Apps alternativer Hersteller auf einem Samsung-Tablet mit Android-Betriebssystem ausprobiert. Dabei wurden jeweils das Präsentations- und das Textprogramm unter die Lupe genommen.

Softmaker Presentations
Die Software ist schlank programmiert und benötigt beim Download nur 7,10 Megabyte. Im Tablet selbst benötigt Presentations einen Speicherplatz von knapp 19 MByte, Microsofts Powerpoint-App belegt im Gerätespeicher satte 294 MByte, obwohl sie nicht viel mehr Funktionen bietet.
Das Öffnen von Powerpoint-2010-Dateien funktioniert in Presentations problemlos. Folien werden inklusive Animation korrekt angezeigt. Auch bei der Bearbeitung geizt die Softmaker-App nicht mit Funktionen. Alles, was man zum Erstellen von Folien, Einfügen von Bildern, Tabellen Texten oder Grafiken benötigt, ist vorhanden. Speichern lassen sich die Dateien dann entweder direkt in Cloud-Diensten wie Microsofts One Drive, Google Drive oder Dropbox oder lokal im Gerät.

Softmaker Textmaker Mobile
Textmaker öffnet problemlos Word 2010-Dateien. Das Word-Dokument mit unterschiedlichen Schrifttypen, Farben, Fettdruck, Unterstreichungen und einem eingefügten Bild wird korrekt wiedergegeben. Nur sehr exotische Schriften wie beispielsweise den Font “Year Supply” hat Textmaker nicht auf Lager und gibt die dementsprechend formatierte Textpassage in einer Standardschrift wieder.
Als Textverarbeitung ist die App gut zu gebrauchen, sie enthält alle wesentlichen Bearbeitungsfunktionen, die man sich von einer Textverarbeitung wünscht. Auch eine Rechtschreibkorrektur ist vorhanden. Die Bedienoberfläche ist gut und ausgereift, man findet sich schnell zurecht.
Die Dateien lassen sich entweder bei Cloud-Diensten wie Dropbox, Evernote, Google Drive oder Microsoft Onedrive speichern oder auch im Gerät selbst im Dokumentenordner ablegen. Im Gerätespeicher belegt Textmaker knapp 20 Megabyte.

Polaris Office Word
Die kostenlose Office-Software von Polaris hat keine Probleme, eine Word-2010-Datei zu öffnen. Formatierungen wie Fettdruck, Farben, Schriftgrößen und auch das im Textdokument eingefügte Bild werden korrekt dargestellt. Nur ein Absatz der in einer exotischen Schriftart formatiert worden war, stellt Polaris in Standardschrift dar.
Bearbeitungsmöglichkeiten gibt es genug, auf Fortgeschrittene oder wenig benutzte Funktionen wie etwa Makros muss man in der App natürlich verzichten. Textdokumente lassen sich im Gerätespeicher selbst ablegen, drucken, als E-Mail versenden oder in PDF umwandeln. Das direkte Abspeichern in einem Cloud-Dienst wie Dropbox ist nicht vorgesehen.

Polaris Office Powerpoint
Ähnlich wie die Word-App macht auch die Powerpoint-Alternative von Polaris insgesamt einen guten Job. Dateien von Microsofts Powerpoint 2010 werden korrekt geöffnet, Folien mit Schriften, Farben und Animationen richtig angezeigt.
Die Bearbeitungsfunktionen reichen aus für die Erstellung einfacher Präsentationen, man kann Bilder, Grafiken und Texte einfügen und passend formatieren. Die letzten grafischen Finessen die ein ausgewachsenes Desktop-Programm bietet, darf man natürlich nicht erwarten. Dateien lassen sich als PDF exportieren, ausdrucken per Mail versenden oder im Gerätespeicher ablegen.

Mobisystems Office Suite Word
Genau wie die anderen Apps der Microsoft-Alternativen hat auch die Office-Suite von Mobisystems kein Problem, ein Textdokument aus Word 2010 zu öffnen. Auch die Formatierung mit unterschiedlichen Schriftgrößen, Fettdruck, Farben und dem eingefügten Foto stellt die App korrekt dar. Eine Ausnahme ist hier nur eine Passage mit einem exotischen Schrifttyp, den die App in Standardschrift wiedergibt.
Über zu wenig Textbearbeitungsfunktionen kann man sich auch nicht beklagen. Neben den Grundfunktionen, die man von einem Textprogramm erwartet, kann man in der App auch Seitenumbrüche einfügen, Fußnoten setzen und das Seitenlayout festlegen. Eine Rechtschreibprüfung gibt es aber nur in der kostenpflichtigen Premium-Version. Abspeichern lassen sich die Dokumente entweder als aktuelle Word-Datei im DOCX-Format, als Word 97-2003-Dokument und sogar als RTF- oder TXT-Dokument.
Die Office Suite belegt insgesamt 66,5 Megabyte im Gerätespeicher. Neben der kostenlosen Version gibt es noch eine Pro-Version für 10,63 Euro.

Mobisystems Office Suite Powerpoint
Die Powerpoint-Version von Mobisystems zeigt ein Powerpoint-Dokument korrekt an. Auch Animationen in den Folien gibt die App richtig wieder. Beim Erstellen von Folien sind die üblichen Bearbeitungsfunktionen an Bord.
Das Einfügen von Texten oder Bildern das Verschieben von Objekten funktioniert problemlos. So kann man beispielsweise unterwegs schon mal eine Präsentation aufbauen, und diese auf dem Desktop verfeinern. Abspeichern lassen sich die Dateien im Powerpoint-Format PPTX oder im immer noch weitverbreiteten PPT-Format (Powerpoint 97-2003).
Fazit: Nahe am Original
Die Office-Alternativen auf Smartphone oder Tablett reichen allemal aus, um Word- oder Powerpoint-Dateien zu öffnen und weiter zu bearbeiten. Ebenso kann man mit ihnen Präsentation oder Textdokumente erstellen. Anschließend lassen sie sich in einem Microsoft-kompatiblen Dateiformat abspeichern und dann auf dem Desktop weiter bearbeiten.
Außerdem benötigen die Apps der Microsoft-Konkurrenten deutlich weniger Speicherplatz. Die Bedienoberfläche reichen nicht ganz den eleganten Look des Microsoft-Originals. Ein weiterer Nachteil ist sicherlich, dass die nahtlose Verknüpfung der Dateien in der Office-Umgebung im Unternehmen nicht ganz so reibungslos verläuft wie bei Microsofts Office 365.
Da die Microsoft-Apps für Privatanwender kostenlos sind, solange man auf exklusive Premium-Funktionen verzichtet, gibt es für Privatleute keinen wirklich zwingenden Grund, auf die Konkurrenzanbieter auszuweichen. Unternehmen, die auf allen Geräten eine komplette Office-Umgebung benötigen und auf nahtlose Zusammenarbeit aller Komponenten achten, dürften mit Office 365 am besten fahren. Als preisgünstige Alternative kommt die Office-Plattform von Textmaker dem Original am nächsten.
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