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Wie viel ist eine SCO-Lizenz wert?
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Während SCO seinen Anspruch auf Lizenzgebühren von Linux-Benutzern immer
weiter vorantreibt, fragt sich George Gardine, wie hoch wohl die
Schadensersatzsumme ausfällt, sollte die Firma mit ihren rechtlichen
Schritten Erfolg haben.
Schlüsselfrage bei der SCO-Story: Wie
hoch ist eine angemessene Lizenzgebühr? SCO behauptet, ihr Code sei in
einigen Linux-Komponenten ohne Genehmigung verwendet worden. Was an
SCO´s Position überrascht, ist, dass das Unternehmen offensichtlich
davon ausgeht, der bloße Vorwurf einer Copyright-Verletzung führe
letztlich dazu, dass die Rechtsverletzer, nämlich die Linux-Benutzer, am
Ende das herausrücken, was, so scheint es, einer ziemlich saftigen
Lizenzgebühr gleichkommt.
Ich möchte nicht behaupten, SCO habe
oder habe nicht einen rechtsgültigen Anspruch, da mir nicht das
komplette Beweismaterial bekannt ist – falls es überhaupt welches gibt.
Aber ein paar interessante Überlegungen kann man ja einmal anstellen.
Unsere Gerichte sind nicht an unseriösen Klagen interessiert. Wenn SCO bei mir
vorbeikäme und mich wegen einer Copyright-Verletzung beschuldigen würde,
würde ich als Erstes einen Beweis dafür zu verlangen, dass SCO das
Copyright für den Code besitzt. Falls ja, dann hätte SCO einen
rechtsgültigen Anspruch. Wenn es diesen jedoch nicht belegen kann, würde
ich die Sache ignorieren. SCO muss genügend Beweismaterial vorlegen, um
eine vernünftigen Menschen davon zu überzeugen, dass es Urheber dieses
Codes ist und dessen Nutzung folglich eine Rechtsverletzung bedeutet.
Neue Änderungen in der Gesetzgebung sehen eine Erhöhung von Haftstrafen auf
bis zu 10 Jahren wegen Copyright-Verletzung vor. Auch kann das Gericht
bei wissentlicher Rechtsverletzung die Schadensersatzleistungen
drastisch erhöhen. Doch im Normalfall, ohne Vorliegen eines eklatanten
Missbrauchs, wird das Gericht Schadensersatzleistungen festsetzen, die
den Lizenzgebühren entsprechen, die dem Kläger entgangen sind, und
vielleicht noch die Herausgabe des Gewinns. Und hier kommen mir die
größten Zweifel, was SCO´s Lizenzgebühren angeht. Ich denke, man kann
fairerweise sagen, dass SCO´s Anspruch an Linux nur einen Teil des
benutzten Quellcodes betreffen darf, zumal er im Zusammenhang mit einer
Funktionalität steht, die gar nicht von allen genutzt wird.
Nehmen wir zum Vergleich einmal die Kosten für eine vergleichbare
Windows Workstation- oder Server-Lizenz – je nachdem, welchen Zweck die
Linux-Installation erfüllen sollte – und nehmen wir davon als
realistische Lizenzgebühr den Prozentsatz, der SCO´s eigenem Quellcode
zukommt. Wir wissen nicht, wie viel des Quellcodes kopiert wurde, aber
lassen wir es einmal 10 Prozent sein, so könnte man grob schätzen, dass
eine angemessene Lizenzgebühr 10 Prozent des entsprechenden
Microsoft-Produkts ausmachen würde.
Ich weiß nicht, in welcher
Höhe das Gericht Schadensersatz anerkennt für Copyright-Verletzungen,
die Funktionalität betreffen, die der Benutzer gar nicht benutzen will,
sondern als Teil des Gesamtpakets mitgeliefert bekommt. Die Herausgabe
des Gewinns wäre damit schon mal hinfällig, denn der Gewinn, der durch
Nichtbenutzung erzielt wird, liegt bei null.
Würde ich selbst
Linux verwenden? Ich denke ja, doch das ist mein ganz persönlicher
Standpunkt. Man ist jetzt wohl übereingekommen, dass SCO den Fall noch
begründen darf, obwohl dafür schon Zeit genug gewesen wäre. Man muss
alle Faktoren in die Betrachtung mit einbeziehen, vor allem, ob Linux
überhaupt das richtige Tool ist, und, falls ja, die Kosten – auch
Kostenersparnisse – bei seiner Verwendung. Wenn allerdings SCO gerade an
Ihnen ein Exempel statuieren will, könnten Ihre Anwaltskosten ins
Unermessliche steigen. (mk)