Enterprise Software
Wer lenkt das Schicksal von PeopleSoft?
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Der Widerstand gegen Oracles beabsichtigte Übernahme von PeopleSoft ist töricht, meint Martin Veitch, denn die Zahl der Softwareanbieter ist in der Tat zu hoch.
Der amerikanische Journalist PJ O´Rourke sagte einmal, was man brauche auf dieser Welt sei wenig Staatsgewalt und etwas Glück, aber es sei töricht, einem von beiden zu trauen. Man glaubt immer wieder, das amerikanische Volk würde seine Regierung erfolgreich davon abhalten, sich in private Angelegenheiten und das persönliche Leben seiner Bürger einzumischen. Doch der Fall des Justizministeriums gegen eine Fusionierung von Oracle und PeopleSoft widerlegt diese Meinung ganz offensichtlich.
Das Department of Justice hat befunden, ein Zusammenschluss der beiden Unternehmen sei so mächtig, dass er die Vielfalt im Bereich Unternehmensanwendungen einschränken und gleichzeitig sowohl Innovationen behindern als auch Preissteigerungen provozieren würde. Ich wette: Nichts dergleichen wird eintreten.
Mir ist nur schwer verständlich, wie man sich über ein mangelndes Angebot im Sektor Unternehmensapplikationen beklagen kann. Erstens würde der Marktführer in diesem Bereich, SAP, auch dann noch Marktführer bleiben, wenn Oracle endlich seinen Partner gefunden hat. Und zweitens ist das Unternehmen, das am heftigsten auf diesen Markt drängt, zufällig der Welt größter IT-Gigant, nämlich Microsoft.
Nun ist die Unternehmenssoftware-Branche etwas komplexer, wenn man genau hinsieht. Die Auswahl vieler Anwendungen wird unabhängig davon getroffen, welche Produktlinie auf der ERP-Schiene (Enterprise Resource Planning), also den Anwendungen für Ressourcenplanung, im Einsatz sind. Das Versorgungsketten-Management ist das Revier von Anbietern wie i2.
Während man für den Workflow häufig Lotus Notes oder ein Dokumentenmanagement-System wie Documentum einsetzt, wird Business Objects oder dergleichen bevorzugt als Reporting-Software verwendet. Und viele Firmen favorisieren Branchenspezialisten als Anbieter, wie zum Beispiel Manugistics im Produktionssektor.
Mittelgroße Betriebe haben alle möglichen anderen Produkte im Einsatz. In Großbritannien ist die weit über 1000 Euro teure Spezialsoftware “Sage” Favorit für die Buchhaltung, FrontRange´s GoldMine dagegen hat im Kontaktmanagement das Sagen. Auch in Deutschland gibt es entsprechende Experten mit hohem Marktanteil.
Jedenfalls zieht die Installation von ERP-Anwendungen immer hohe Folgekosten für Anpassungen nach sich, die den reinen Einkaufspreis weit in den Schatten stellen.
Das Argument, dass Preise steigen, wenn die Konkurrenz schrumpft, überzeugt nicht. HP und Dell sind wichtige Player am PC-Markt, doch selbst wenn alle ihre Rivalen über Nacht verschwinden würden, würde die Existenz des jeweils anderen sie dazu zwingen, die Preise niedrig zu halten. Innovation ist nicht nur notwendig, um die Konkurrenz zu bekämpfen, sondern auch um die Leute wieder zum Kaufen zu bringen. Und wenn es um die Furcht vor Zusammenschlüssen und Kartellbildung geht, so gibt es schließlich Gesetze, die uns genau davor schützen.
Aber weiter kann die Gesetzgebung auch nicht gehen. Die Dynamik des Marktes ist treffsicher und verfehlt selten den Konsumenten. Microsofts Desktop-Software kostet eine Menge Geld, aber sie wäre noch viel teurer, wenn es keine großen Herausforderer wie Lotus und WordPerfect gäbe.
Wie die Natur, duldet auch die Marktwirtschaft kein Vakuum: Es findet sich immer ein wacher Geist, der die Marktlücke füllt. Selbst ein Markt, der für gesättigt gehalten wird, lässt noch Spielraum für Innovations-Initiativen. Windows ist das meistverwendete Desktop-System aller Zeiten, und doch konnten Firmen wie Symantec daneben gedeihen.
Ist es wirklich so dramatisch, wenn die Anbieterliste etwas kürzer wird? Im Gegenteil, das Angebot bei Unternehmenssoftware ist überdimensioniert. Große Firmen haben es häufig mit einer dreistelligen Zahl von Anbietern zu tun, was zu einem absurden Verwaltungs-Overhead führt.
Die meisten Märkte schrumpfen auf ein paar Hauptakteure zusammen, aber meist ist das eine gute Sache. Oracle sollte seine Verfolgungsjagd auf PeopleSoft fortsetzen dürfen, und die Regulierungsbehörden sollten lieber Fälle von Missbrauch ernsthaft verfolgen als Marktentwicklungen vorhersagen.