Internet-Telefonie: 30 Prozent der Kunden würden wechseln
Die Internet-Telefonie hat das Potenzial zur Eroberung des Massenmarktes. Das ist das Ergebnis einer Studie von Mercer Management Consulting, deren Resultaten heute in München gezeigt wurden. Die auf einer Befragung von 1.000 Verbrauchern in den USA und Großbritannien beruhende Studie zeigt, dass jeder fünfte Festnetzanschluss ersetzt werden könnte – aber nur, wenn sich die Angebote deutlich verbessern. Die derzeitige Qualität der Internet-Telefonie spricht ausschließlich sehr preissensible Verbraucher und “Technologie-Freaks” an.
Die meisten Verbraucher schrecken vor der mangelnden Sprachqualität und der geringen Verfügbarkeit zurück. Zudem möchten sie ihre Telekommunikation nur ungern den neuen, unbekannten Gesellschaften anvertrauen, die heute VoIP anbieten. Eine Chance also für die etablierten Anbieter, mit verbesserten Angeboten den Markt für sich zu sichern.
Im Geschäftskundenbereich setzt sich VoIP bereits stark durch. Allein im Jahr 2003 wuchs der Markt für Telefonanlagen, die zur Internet-Telefonie fähig sind, um 55 Prozent. Mercer erwartet hier ein Einsparpotenzial von etwa 30 Prozent durch VoIP. Diese werden zwar zunächst nicht durch geringere Zugangs- und Gesprächskosten erreicht, dafür halbieren sich aber die Kosten für Telefonanlagen, Software und Service.
VoIP ist aus Endkundensicht kein mit vielen Features ausgestatteter High-End-Ersatz für Festnetztelefonie. Die Untersuchung hat klar gezeigt, dass Kunden nicht bereit sind, viel Geld für solche Zusatzfunktionen auszugeben. Es kommt auf die “Basics” an: Beim derzeitigen Qualitätsniveau würden lediglich zwei Prozent der Verbraucher VoIP-Angebote nutzen.
“Die Mehrheit der Befragten akzeptiert keine abgebrochenen Telefonate, schlechte Sprachqualität und Verzögerungen bei der Übertragung, wie sie heute bei VoIP-Angeboten noch an der Tagesordnung sind”, sagt Klaus von den Hoff, Telekommunikationsexperte bei Mercer. Auch ein noch so preisgünstiges VoIP-Angebot würde nur wenig Erfolg haben: Die Studie zeigt, dass selbst kostenlose Telefonate im eigenen Netz – so genannte On-net-Calls – unter diesen Bedingungen nicht attraktiv sind. Sobald die VoIP-Qualität dem Niveau der heutigen Telefonie entspricht, bricht der Damm: Fast 30 Prozent der Kunden würden ein VoIP-Angebot annehmen, 20 Prozent sogar ihren Festnetzanschluss kündigen. Die Qualitätseinschränkungen sind nach Ansicht der Mercer-Experten aber in kürzester Zeit zu überwinden.
Neueinsteiger haben wenig Chancen Der Markt für niedrigpreisige Internet-Telefonie wird von den klassischen Playern dominiert werden und nicht von Neueinsteigern wie Skype oder Vonage, die heute vorne liegen. “Etablierte Anbieter haben enorme Vorteile,” so von den Hoff, “für Neueinsteiger ohne Kundenbasis ist das Spiel nicht zu gewinnen, zu wichtig sind Faktoren wie Vertrauen und Zuverlässigkeit.”
Trotz Kostenreduktion durch Umstellung auf VoIP-Technik wird die Internet-Telefonie tiefe Spuren in den Bilanzen der Festnetzanbieter hinterlassen. Die drei großen europäischen Player British Telecom, Deutsche Telekom und France Telecom erwarten Umsatzausfälle von jeweils 1,5 bis zwei Milliarden Euro im Jahr 2008 und sechs bis sieben Milliarden Euro im Jahr 2010. Der Umsatzrückgang entsteht vor allem durch wesentlich geringere Gesprächsgebühren. Die Telekom-Konzerne sind gegenüber dieser Entwicklung so gut wie machtlos. “Die Telefongesellschaften können die IP-Telefonie nur verzögern, aber nicht aufhalten”, sagt von den Hoff. “Unsere Modellrechnungen zeigen, dass jede Gegenmaßnahme auf breiter Front mehr Umsätze kannibalisieren, als Kunden von einer Abwanderung abhalten würde.” (dd)
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Mercer Management Consulting