Enterprise Software
SAP: Erfolgreich dank Langeweile
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In einer Zeit, in der sich Firmenbosse zu Talk-Show-Superstars hochstilisieren, scheint es manchem IT-Unternehmen wichtiger, gesehen statt gehört zu werden. Zumindest in dieser Hinsicht, tanzt der deutsche Software-Gigant SAP angenehm aus der Reihe.
Letzte Woche war von SAP eine kurze, aber wichtige Mitteilung zu hören: Die Support-Programme für seine Software will SAP in eine konsequente 5-1-2-Struktur einbinden, die 5 Jahre Standard-Support garantiert und eine geringe Erweiterungsgebühr für die darauf folgenden Ein- und Zwei-Jahres-Einheiten vorsieht.
Das sind Nachrichten, die große Unternehmen stark beeindrucken. Von Anbietern, die ihre Wurzeln im PC-Bereich haben, sind sie eher selten zu hören. Gefordert wird: berechenbar sein bis zur Langeweile und Produkte so lange unterstützen, wie dies von den Kunden gewünscht wird.
Ähnlich wie der Fußball-Schiedsrichter Pierluigi Collina scheint auch SAP die richtigen Entscheidungen aus dem Hintergrund zu treffen, obwohl – oder vielleicht teilweise auch gerade weil – es ziemlich unsichtbar bleibt.
Während das Gerichtsspektakel um Oracle und PeopleSoft Schlagzeilen machte und deren Bosse Larry Ellison und Craig Conway sich verbal bekämpften, konnte man leicht die Tatsache übersehen, dass es SAP ist, das beide Anbieter im Anwendungs-Markt in den Schatten stellt. Mit einem Kapitalvermögen von fast 50 Milliarden Dollar ist SAP ganz und gar kein kleiner Fisch, auch wenn es lieber agiert als Reden hält und eher auf Vorsicht als auf Risiko setzt. Selbst Branchenbeobachtern verzeiht man es, wenn sie den Namen des Firmenchefs Henning Kagermann nicht kennen.
Trotz allem: SAP stürmt nach vorn. Einnahmen durch Software-Verkäufe steigen um etwa 15 Prozent pro Jahr und die Gesamteinkünfte um fast 9 Prozent. Unternehmen, die bereits in SAP-Systeme investiert haben, sind bereit, dies auch weiter zu tun, und schon hat diese enorme Verbreitung auch mobile Nutzer, Zweigstellen und Abteilungen von Organisationen erfasst.
Verzeihen Sie die Stereotypie: SAP ist ein sehr deutsches Unternehmen, das deshalb am Markt Erfolg hat, weil es die umfassendsten und sichersten Backoffice-Funktionen anzubieten hat, die man derzeit findet. Was es produziert, ist unvergleichlich sicher. Die NetWeaver-Integrationsplattform ist gut verwoben mit Microsofts .NET, das mit Sicherheit in den kommenden Jahren eine der wichtigsten Architekturen sein wird. Übernahmen finden bei SAP eher selten statt, und wenn, in kleinerem Maßstab.
SAP ist die letzte Firma, von der man ein Enron erwarten würde. Seine Ehrerbietung gegenüber Corporate Governance geht so weit, dass die Website sogar Details dazu enthält, wann die Amtszeit der Aufsichtsrats-Mitglieder endet. Die meisten sind schon seit den 80er Jahren bei der Firma tätig.
Vielleicht war es deshalb auch die überraschendste Nachricht des Jahres, dass Microsoft und SAP Übernahmegespräche führen. Weniger überraschend war dagegen, dass sie erfolglos blieben. Analyst Richard Holway lobt Unternehmen, die “langweilig und rentabel” sind. Auf der Skala der “Langweiler” ist SAP ganz oben, zusammen mit Dell und Sage und viel zu wenigen anderen großen IT-Anbietern, von denen sich viel zu viele einer draufgängerischen Übernahmestrategie verschrieben haben, nach Aufmerksamkeit der Medien heischen und mit Schlagwörtern um sich werfen.
Während also der Kampf zwischen Oracle und PeopleSoft ins Stocken gerät, bleibt SAP erste Wahl im Bereich ERP-Systeme und profitiert weiter von dieser sicheren Position. Man könnte einen ursprünglich im Zusammenhang mit einer anderen ebenso langweiligen und ebenso berechenbaren Firma entstandenen Spruch umgestalten in: Nobody ever got fired for buying SAP. Vielleicht passt aber auch schlicht und einfach: Vorsprung durch Technik.