IT-Markt
Alles hat seinen Preis
IT-Markt
Rory ist der King bei diesem Spiel, und heute Abend trainiert er im Höhenflug. Seine Beute fest im Blick, nähert er sich dem Ziel. Und dann: “Hi”, lächelt er , seinen Zaurus in der Hand. “Ich bin Rory. Ich bin Linux-Nutzer.”
Bitte versuchen Sie das nicht, zu Hause nachzumachen. Rory ist cool genug, mit dem Linux-Handicap-System umzugehen. Sie und ich, wie sind das nicht.
Neulich hatte ich eine ziemlich schlechte Idee. Es ist ja heute nicht ungewöhnlich, eine Sammlung von MP3s zu haben, am besten in einem geilen iPod, versteht sich! Meine MP3s liegen, wie ich leider zugeben muss, auf dem Server meines Netzwerks zu Hause. Nun gut, eines Tages haben wir alle einen iPod – das ist unausweichlich, glaubt man Microsoft, Intel und vielen anderen.
Ich möchte ja nichts weiter, als meine MP3s drahtlos überall im Haus abspielen. Und alle einschlägigen Anbieter, die jetzt in Erregung geraten, kann ich sofort beruhigen: Ich habe nicht die Absicht, mit dafür irgendetwas Neues zu kaufen.
Ich könnte etwas kaufen, das FAST dem entspricht, was ich will, könnte es anschließen und dann herumjammern, weil es meine Wünsche eben nur halb erfüllt, mit meiner übrigen Ausrüstung nicht gescheit funktioniert und bei mir ein seichtes Gefühl von Unzufriedenheit zurücklässt, in dem ich mich ein wenig suhle und mir einrede, ich hätte Spaß.
Und doch wäre meine etwas unausgegorene Lösung gar nicht so schlecht. Ich könnte einfach so weitermachen, ich könnte rausgehen und mein Leben führen. Ich denke, die meisten vernünftigen Leute würden so handeln, und doch gibt es da diesen gefährlichen Grat zwischen Normalität und Verrücktheit, und ich sehe mich fast schon auf der Kippe zum unausweichlichen Absturz.
Habe ich eine Wahl? Windows XP kaufen, die Hardware upgraden, Musik hören und den Rest des Abends mit Freunden verbringen. Oder Linux installieren, die Hardware so lassen, wie sie ist – vielen Dank! – und dabei Geld sparen.
Was ich für Hardware habe? Einen alten Laptop mit einem Wi-Fi-Adapter und eine externe USB-Soundkarte, die zwar funktioniert, mit der das Windows XP-Vergnügen allerdings schnell zur Hölle würde. Also noch mal: Ich will einfach nur MP3s anhören, warum sollte ich dann ein so komplexes System wie Windwos XP kaufen?
Die Rettung liegt auf der Hand: Das Eintauchen in die Linux-Welt wird eine befreiende Erfahrung sein. Nach einer jahrelangen Gefangenschaft in einer lieblosen Vernunftehe mit Windows wurde mit beim Gedanken einer Rückkehr zu Linux wohl warm ums Herz, ich fühlte mich vital und verjüngt.
Leider war die von mir erhoffte Freiheit nicht ganz so grenzenlos. Trotz meiner jahrelangen Erfahrung war ich nicht darauf vorbereitet, mit dem Linux-Handicap-System zu arbeiten. Denn auch hier gilt die alte Regel noch: Für nichts gibt´s nichts.
Dass dem so ist, kann ich durch viele Nächte beweisen, in denen ich jedes Puzzleteil an seinen Platz zu bringen versuchte. Ich probierte eine Linux-Distribution nach der anderen aus. Und – glauben Sie mir, damit war kein Geschwindigkeitsrekord zu erzielen. In stundenlangen Versuchen kamen jeweils immer wieder neue Inkompatibilitäten zum Vorschein: Wi-Fi arbeitet nicht, keine Unterstützung für meine Extigy-Soundkarte.
Und schließlich: Die Lösung. Xandros, eine Linux-Distribution für Leute, die sich mit Windows auskennen, installierte sich praktisch selbst und alles funktionierte perfekt. Nichts musste konfiguriert werden.
Aber Xandros gibt es nicht umsonst. Die ganze harte Arbeit, die dafür sorgt, dass es eben “einfach funktioniert”, hat seinen Preis, auch wenn er nicht ganz so hoch ist wie für Windows XP.
Das Sprichwort hat also immer noch Gültigkeit. Entweder man bezahlt für sein Zeug und erkauft sich damit auch seine Freiheit, oder man bekommt es umsonst und bezahlt dafür mit dem Leben – na gut, mit dem Liebesleben zumindest.