IT Markt
Mehr Respekt vor dem Kunden gefordert
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In der Welt der Consumer Electronics (CE), wo ich ursprünglich herkomme, funktionierten die Dinge auf Anhieb, blieben eine Ewigkeit intakt und konnten eine weitere Ewigkeit lang repariert werden, weil der Hersteller sich verpflichtet fühlte, Ersatzteile sieben Jahre lang, nachdem die Produktion gestoppt wurde, für jedes Modell aufzubewahren.
Es gab einen blühenden Second-Hand-Markt. Das Wort “veraltet” war verpönt. Der Planet CE war ein glücklicher Fleck, auch wenn alles leicht chaotisch, farblos und etwas altmodisch aussah.
Hier in der Welt der IT, wo ich jetzt wohne, arbeiten Computer und Telekommunikationsgeräte selten auf Anhieb, die Hersteller bringen neue Serien auf den Markt, bevor sie die Fehler der alten Serie beheben konnten, und die Wörter “Ersatz” und “Teil” vertragen sich so gut wie Katz und Maus. Second-Hand ist hier ein Schimpfwort.
“Für ihre höfliche Verachtung ihrer Kundschaft gegenüber bekommen die IT-Firmen nun die Quittung.”
Natürlich ist der Fortschritt groß, auch wenn einige Modelle – zum Beispiel das benutzerfeindliche Interface des Motorola Timeport-Mobiltelefons – so abgrundtief hässlich sind, dass ihre Abschaffung einer Erlösung gleichkommt.
Im Allgemeinen zeigen IT-Unternehmen eher höfliche Verachtung ihrer Kundschaft gegenüber, und dafür bekommen sie nun die Quittung.
Was glauben Sie denn, warum Microsoft und Intel so verzweifelt versuchen, auf dem Home Entertainment-Markt Fuß zu fassen? Forrester hat Untersuchungen durchgeführt, die belegen, dass einer von drei Desktop-PCs älter ist als 5 Jahre. Die Leute pfeifen auf ein neues System, wenn sie gerade erst das alte zum Laufen gebracht haben, nur wegen ein paar MHz mehr.
Der einzige Weg für Microsoft und Intel, mehr neue Produkte an den Mann zu bringen, ist uns davon zu überzeugen, dass wir ein Media Center PC brauchen statt eines neuen Hi-Fi-Video-Turms – zumal man beim Musikhören oder Fernsehen keine Angst vor Viren und Trojanischen Pferden haben muss.
Viele Beispiele zeigen, wie falsch manche Hersteller denken
Geschäftsleute waren in Nokias 6310i-Telefon geradezu vernarrt, weil es dreibandig, sehr signal-sensitiv und ordentlich mit unnötigen Extras ausgestattet ist. Es arbeitetet mit denselben Datenleitungen und Freisprechanlagen wie das 6310, das 5110 und noch frühere Business-Telefone.
Nokia hat jetzt die Anschlussleisten ausgetauscht, damit die neuen Glitzergeräte höhere Übertragungsraten liefern können, aber ohne Rückwärtskompatibilität. Die meisten Nutzer im Geschäftsumfeld wollen kein Kamera-Handy der neuen Generation mit höheren Transferraten für Java-Spielereien, FM-Radio, MP3-Playback und mehrstimmigen Klingeltönen, mit einem integrierten digitalen Kompass, Thermometer und Taschenlampe, nur um die Batterie möglichst rasch leer zu kriegen. Sie sind mehr daran interessiert, dasselbe wieder zu bekommen, was heruntergeworfen, kaputt gemacht, verloren oder gestohlen wurde.
Die Message von Nokia klang zunächst nicht schlecht: “Nokia reagiert auf die Tatsache, dass ein Auto (mitsamt seiner Freisprechanlage) länger genutzt wird als ein Mobiltelefon.”
Was kriegen wir also Neues, um es mit unseren Connectoren und Freisprechanlagen zu benutzen, die wir für viel Geld für unser 6310er eingerichtet haben? Ich habe zwei Monate gebraucht und Dutzende von E-Mails verschickt, bis ich von der Nokia-Sprecherin dazu eine konkrete Antwort bekam.
“Es tut uns leid für die Kunden, aber es wird keine weiteren Mobiltelefon-Modelle der Reihe mehr geben. Das letzte kompatible Gerät war das Nokia 6310i”. Und die Produktion dieses Mobiltelefons wurde nun eingestellt.
Ging es wirklich über den Verstand der Nokia-Ingenieure hinaus, einen Adapter zu entwickeln, der es ermöglicht, ein neues Telefon in einen alten Zugang zu stecken, oder war es zu viel verlangt von Nokias Marketing-Leuten, wenigstens ein Telefon weiterhin zu verkaufen, das zu den existierenden Zubehörteilen kompatibel ist?
Nokias Mangel an Verstand und Verständnis hat nun zu einem gesunden Markt für Second-Hand-Telefonen geführt. Ein Besuch bei eBay zeigt das deutlich. Dieses Wissen sollte wirklich helfen, Nokias Marktverlust von 5,7 Prozent während der letzen Jahre wieder umzukehren.
Wenn Sie gerade online sind, gehen Sie doch einmal auf die britische Website von Handspring, um zu sehen, wie man – angeblich – an Zubehörteile für Treo GSM-PDAs kommt. Man wird Sie zum Mobilfunkanbieter Orange leiten, der Treos verkauft. Aber auf der Orange-Site gibt es kein Treo-Zubehör zu kaufen; Orange-Läden erzählen dem Kunden allerdings, sie sollten auf der Handspring Website nachsehen.
Noch ein Beispiel: Mein Epson-Drucker hat den Geist aufgegeben. Da ich immer ein paar Reserve-Kartuschen daheim habe, um für den Notfall vorzusorgen, ging ich los, um mir einen neuen Drucker kaufen, der dieselben Kartuschen verwendet. Doch leider führt Epson keinen solchen Drucker mehr.
Meine Tonnen von Tinte entgingen nur deshalb knapp der Mülltonne, weil einer von Epsons freundlichen Presse-Leuten mir den letzten kompatiblen Drucker verkaufte, den sie im Lager finden konnten. Ein Epson-Sprecher formulierte es so: “Wir nehmen die Verwirrung des Kunden durch den Verkauf verschiedener Kartuschen für verschiedene Produkte sehr ernst…. Epson hat (nun) sein Kartuschen-Portfolio reduziert… Für die meisten Produkte konnten wir denselben Druckkopf verwenden und dasselbe Kartuschen-System.”
Wow, das ist schlau. Fast so schlau wie eine neue Taschenlampe zu verkaufen, die die alten Batterien verwendet.
Wer wird wohl auf dem IT-Planeten die revolutionäre Idee des Planeten CE wieder entdecken, dass ein Konzept, das auf das Vertrauen des Kunden und den Dienst am Kunden abzielt, ein Erfolgskonzept ist?