Enterprise Software
Anbieter suchen nach der neuen Preisformel
Enterprise Software
Es kommt einem nicht oft in den Sinn, aber manchmal muss man einfach Mitleid haben mit den Anbietern von Unternehmens-Software. Wie sollen sie denn genau den Preis für ihre Waren festlegen?
Früher war das einfach. Damals, als es nur Minicomputer und Mainframes gab, oder sogar Client-Server, wurde Software in der Regel nur vom Personal einer Firma genutzt. Daher war es ganz selbstverständlich, nach der Zahl der User zu berechnen.
Dann allerdings kam das Web.
Die User zu zählen schein plötzlich eine schlechte Idee zu sein. Niemand wollte eine Million Extra-Lizenzen kaufen, nur für den Fall, dass ein arbeitsintensiver Monat anstand. Also wurde es üblich, nach Zahl der Prozessoren zu berechnen. Das war natürlich problematisch, weil Chips – anders als Menschen – nicht alle gleich erschaffen werden. Es wirkte einfach nicht fair, für den Alpha von Digital dasselbe zu verlangen wie für den Pentium Pro von Intel.
Also kochten einige Anbieter von Unternehmens-Software – vor allem Oracle – Pläne aus, wie man den Preis nach einer abstrakten universellen Prozessor-Einheit berechnet. Die Käufer rebellierten, und schließlich musste Oracle einlenken und zugestehen, dass ein Prozessor ein Prozessor ist. Das hat zumindest den Vorteil, dass die Kunden relativ teurer Risc-Systeme relativ billige Software bekommen.
Heutzutage sieht ein Chip immer weniger aus wie ein Prozessor. Technologien wie SpeedStep von Intel, Code Morphing von Transmeta und der 64/32bit-Dual-Modus von AMD können einem einzigen Chip mehrere Persönlichkeiten verleihen. Hyper-Threading kann einen Chip dazu bringen, fast die doppelte Leistung zu erbringen. Multiple-Cores steigern den Output auf ähnliche Art und Weise. Kombiniert man mehrere dieser Möglichkeiten, was erhält man dann – einen einzelnen Prozessor oder ein halbes Dutzend?
Eines der Resultate ist, dass AMD bereits begonnen hat, Anbieter dazu zu überreden, den Preis pro Socket zu berechnen – der physikalischen Verbindung zwischen Prozessor und Motherboard. Das soll wieder für klare Verhältnisse sorgen.
Das wäre auch in Ordnung, wenn es nicht die neueren Entwicklungen bei der Software gäbe.
Software-Virtualisierung ermöglicht es einem einzelnen Software-System, verschiedene andere Software-Systeme zu hosten. In einem hypothetischen Beispiel kann ein Dual-Prozessor-Server, auf dem Linux läuft, drei Instanzen von Windows Server 2003 hosten, von denen jede wiederum vier Instanzen von Windows 2000 hosten kann, von denen nur eine Instanz die Software X laufen lässt. Verlangt Anbieter X daher eine Zwei-Socket-Lizenz, oder geht der Käufer davon aus, dass Software X auf einem Sechstel eines Prozessors läuft?
Zweifellos wird der durchschnittliche Anbieter beinhart argumentieren, dass die teuerste Interpretation die richtige ist, aber die Käufer werden eine solche Einstellung nur tolerieren, wenn die vernünftig bleibt. Da die Fähigkeiten der scheinbar einzelnen Prozessoren weiter wachsen werden und die Virtualisierung immer flexiblere Systeme ermöglicht, werden die Käufer Preise verlangen, die den wirklichen proportionalen Wert der Software reflektieren und nicht eine unflexible Perspektive potentieller Möglichkeiten.
In welche Richtung entwickelt sich dies nun alles?
Es ist wahrscheinlich, dass viele Anbieter von Unternehmens-Software schließlich ihre Preislisten zerreißen werden und Pauschalgebühren verlangen werden – Lizenzen nach dem All-you-can-eat-Prinzip. Aber selbst das wird kompliziert werden, denn die meisten werden großen Firmen mehr abverlangen wollen als kleinen Unternehmen. Und wie misst man die Größe einer Firma? Nach Headcount? Nach Profit? Datendurchsatz? Server-Prozessor-Sockets?
Während wir dieser Zukunft entgegentaumeln, bleiben nur wenige Dinge klar. Erstens: IT-Manager mit guten Verhandlungsfähigkeiten könnten in den nächsten Monaten einige große Schnäppchen machen. Und zweitens: Das Leben könnte für diejenigen wesentlich einfacher sein, die Open-Source-Software benutzen.