Enterprise Computing
Was ist eigentlich aus BTX geworden?

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Wer erinnert sich noch an den NLX-Entwurf von Intel für Desktop-PCs? Nicht viele, schätze ich. Und nun sieht es so aus, als könne er einen Stallgenossen in der Ruhmeshalle für vergessene Entwürfe im Museum der überentwickelten Computer bekommen.

Ich habe vor fast einem Jahr zu ersten Mal über die BTX-Entwicklung geschrieben, und ich war davon ganz sicher nicht allzu beeindruckt. Zu diesem Zeitpunkt deutete Intel an, dass BTX-Systeme in der ersten Hälfte des Jahres 2004 auftauchen sollten. Es wurde aber August, bis Gateway in den USA eine BTX-Serie von Business-PCs auf den Markt brachte.

Ich habe mir kürzlich eine BTX-Evaluationsbox von Intel angesehen und kann jetzt enthüllen, weshalb es so lange gedauert hat. Es bedurfte mehrerer Produktionsmonate in den Bauxit- und Kupferminen der Welt, um genug Metal für den Kühlkörper (Entschuldigung – das “Thermal Interface Module”) des Prozessors zu produzieren, der in etwa die Größe eines kleinen Bungalows hat. Es handelt sich tatsächlich um eine Kombination aus Ventilator und Kühlkörper, da der Ventilator an der Lüftung des Gehäuses sitzt und die kühle Luft der Umgebung einsaugt sowie kleinere Nagetiere, die ahnungslos vorbeilaufen.

Der Grund für diese Monstrosität ist der stromfressende Prescott-Pentium-4-Chip von Intel, der schon vor langer Zeit die 100W-Barriere durchbrochen hat. Und deshalb glaube ich, dass BTX im Business-Einsatz verdammt ist, auch wenn es der PC-“Modding”-Bruderschaft gefallen könnte, für die Größe alles ist und wo leerer Platz im Gehäuse liebevoll mit blinkenden LEDs und garstigen Neon-Lichtern gefüllt wird.

Ich bin zwar ein großer Fan der Performance-Maximierung von PCs, aber die Kosten hinsichtlich des Energieverbrauchs und der Hitzeerzeugung geraten rapide außer Kontrolle. Wir werden bald herausfinden, dass eine Firma, die ein paar tausend PCs auf Hochleistungs-Pentium-4s aufrüstet einen plötzlichen Anstieg der Stromrechnung zu verzeichnen hat. Und bei einem Kühlkörper in dieser Größe und mit diesem Gewicht (die Spezifikation spricht von bis zu 900 Gramm) ist es unklug, einen PC ausliefern, ohne zuvor den Kühlkörper zu entfernen, da er sich lockern und etwas anderes beschädigen könnte. Wie viele IT-Manager werden bereit sein, da zu sitzen und ein paar tausend Kühlkörper in ihre neuen Desktops einzubauen, wenn sie eintreffen?

Die Gesamtphilosophie des Entwurfs war allerdings lobenswert, vor allem das ordentliche Board-Layout. Ich habe bereits Anbieter gesehen, die sich die Kirschen aus dem BTX-Entwurf picken, um sie bei Kompakt-PCs für Privatkunden zu nutzen. Ich gehe aber davon aus, dass die größte Gefahr für BTX Intel selbst ist – vor einiger Zeit wurden klammheimlich Desktop-Motherboards auf den Markt gebracht, die für den Pentium-M-Mobilprozessor vorbereitet sind, der sparsam im Stromverbrauch ist, aber eine anständige Performance bietet.

Intel hat angedeutet, dass die Zukunft des Desktops tatsächlich in den Mobil-Chips liegt – die Codenamen Merom und Conroe beziehen sich auch Mobil-/Desktop-Chips mit großem Cache, mehrfachen Prozessorkernen, 64bit-Erweiterungen und der Vanderpool-Virtualisierungsarchitektur, die aber nur etwa 45W Strom verbrauchen. Bei solchen Produkten wird die Nachfrage nach BTX im Wesentlichen verschwinden.

Normalerweise überstürzen sich die Anbieter, ihre Produkte zu präsentieren, wenn etwas so radikal Neues wie BTX auftaucht. Bislang ist es allerdings sehr still geblieben. Die Geschworenen beraten noch, aber der Museumskurator könnte gut beraten sein, sich auf ein neues Ausstellungsstück vorzubereiten.

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