Wie der alte Computer in den Himmel kommt
Im Rechnerhimmel
Wie der alte Computer in den Himmel kommt
Eine Frage, die sich mit jeder Innovation der IT-Welt verschärft: Wohin mit dem alten PC? Unser Lebensberater Werner Tiki Küstenmacher widmet sich hier dankenswerterweise einem Problem, das sich nicht zuletzt durch die unwiderstehlichen Kaufanreize aufgrund der Artikel in diesem Heft ergeben hat.
Kinderzimmer
Tja, das war mal, dass die lieben Kleinen ganz selig waren über Papas abgewracktes teures Techno-Trumm aus dem Büro. Inzwischen ist Vati ganz selig, wenn er den ausrangierten 3-GHz-256-MB-Grafik-RAM-Boliden aus Juniors Spielecke vermacht bekommt. Dadurch ergibt sich im Familien-Netzwerk eine neue, gegen Ende aber doch kotzkonservative Hierarchie: Hyperpower für den pickligen Pubertierenden, komfortable Farblaser-Hardware für die barbie.de-Bedürfnisse der Girly-Userinnen, solide Mittelpracht-Performance für Vaters nächtliches Nachsitzen zwecks Arbeitsplatzerhaltung, trojanisch-antike Technik für Mutters haushaltsgeldoptimierende eBay-Maßnahmen via Internet. Die ultralangsamen 386er-Antiquitäten taugen innerfamiliär gerade noch als Spielkonsole für Haustiere (Chappinator 3, Unreal Carots, Half-Liver Cat Edition, et cetera).
Ähnlich ernüchternd ist die Entsorgungsbilanz in Richtung Dritte Welt. Das Publikum der Internet-Cafés in Kalkutta ist hardwaremäßig anspruchsvoll geworden, und auch das Karibu-DTP-Center am Fuße des Kilimandscharo braucht Gigahertz fett. Nur so kann es die immer ausgefalleneren Wünsche seiner Kunden drucktechnisch umsetzen. Ganz zu schweigen von der kniffligen Energiesituation der sonnenverwöhnten Schwellenländer. Auf dem Wunschzettel der dunkelhäutigen Ich-Ags rund um den Victoriasee stehen daher anstelle amperesüchtiger Pentium-Tower wohl eher gut erhaltene G4-Powerbooks. Von den immensen Portokosten solcher Geschenksendungen ganz zu schweigen. Also wieder nix.
Würdevoller Ruhestand
Hier aber doch eine Lösung: Senioren sinnvoll schuften lassen, so lautet schon seit längerem die Devise für silberhaarige US-Bürger, und warum soll das nicht auch für senile Mainboards und hochbetagt-übertaktete Prozessoren gelten? Ein verkalkter Windows-98-Rechner taugt immer noch als Printserver oder Familienfotopräsentator. Einfach Bildschirmschoner mit lustig animierten Fischlein installieren, und schon wird das bejahrte Elektronengehirn zum wartungsfreien Aquarium. Oder als virtuelles Kaminfeuer und so weiter. Motto: Jeder is zu watt gut, und sei es nur als Watt-Verbraucher. Wie waren doch die berühmten letzten Worte der ersten IBM-Großrechenanlage: »Mehr Strom!«
Komponentenspenderausweis
Unter dem grauen Blechkleid unserer ausgemusterten Lieblinge steckt noch so mancher unscheinbare Schatz, von der aufgedampften Goldschicht auf den Schaltkreiskontakten bis zu voll funktionsfähigen Einzelteilen wie CD-Laufwerken oder Kühlkörpern aus feinstem Aluvollguss. Bitte scannen Sie daher die nachfolgende Erklärung und befestigen Sie den Ausdruck gut sichtbar auf der Außenhaut des Spenders: Ja, ich gestatte, dass nach der Feststellung meines endgültigen Prozessorstillstands Komponenten und Kabel zur Transplantation entnommen werden dürfen. Datum, eigenhändige Unterschrift des bevollmächtigten Users. Eine fröhliche partielle Auferstehung allerseits!