Betriebssysteme – Services for Unix in Longhorn?
Windows öffnet sich für Unix
Betriebssysteme – Services for Unix in Longhorn?
Die Frage lautet: Plant Microsoft tatsächlich, die Services for Unix (SFU) in seine anstehende Longhorn-Version von Windows zu integrieren? Im Moment wirbt das Unternehmen für die SFU als Möglichkeit, Unix-Anwendungen auf Windows-Systemen zu hosten, was im Normalfall zumindest kleinere Änderungen am Quellcode voraussetzt. Damit bilden die SFU auch einen Ansatzpunkt für Unix-Entwickler, sich mit Microsofts Entwicklungs-Toolkits wie beispielsweise Visual Studio vertraut zu machen.
Microsoft könnte den Markt für Linux und Unix untergraben
Wenn Microsoft den Zugang zu den SFU dadurch verbessert, dass es die Dienste in Longhorn integriert, könnte es damit allerdings auch den Markt für Linux- und Unix-Systemen untergraben.
Die SFU könnten für Firmen auch eine Hilfe sein bei der einfacheren Integration ihrer veralteten Anwendungen in moderne Systeme. “Die SFU wurden von Microsoft bewusst als Hilfsmittel für Organisationen propagiert, die viel überalterten Code haben und die in der Lage sein wollen, Unix-Anwendungen besser mit Windows-Anwendungen zu integrieren”, erklärt Analyst Andrew Butler von der Gartner Group.
Butler fügt hinzu, “Die Fähigkeit der SFU, zwei Betriebssystemschichten auf derselben Hardware laufen zu lassen, würde überall dort zu Mischformen von Anwendungen führen, wo ein Betriebssystem Teile der Codebasis unterstützt und der Rest von einem anderen Betriebssystem übernommen wird”.
Butler gibt auch zu bedenken, dass Microsoft die Entwickler davon abhalten will, neue Linux- und Unix-Anwendungen zu schreiben. “Microsoft wird vielleicht SFU enger mit Windows integrieren, aber es wird auf jeden Fall dafür sorgen, dass sein Mono-Standard weiter vorangetrieben wird, weil damit Softwareanbieter (und -entwickler) .NET-Konzepte weiterhin verfolgen können und trotzdem in der Lage sind, eine einzige Codebasis zu entwickeln, die sowohl unter Windows als auch Linux lauffähig ist.”
Analyst Jon Collins von Quocirca hält es für sehr wahrscheinlich, dass die SFU im Longhorn-System auftauchen. “Microsoft hat die SFU immer lediglich als ein Subsystem positioniert, aber es ist weit mehr als das, denn Microsoft möchte seine Position als ‘One-OS’-Unternehmen nicht aufs Spiel setzen.” – der Bezug auf die “One-China”-Taktik der chinesischen kommunistischen Partei ist ein kleiner Seitenhieb auf den Veruh, die “abtrünnigen Provinzen” aus dem Unix-Imperium zurückzugewinnen.
Bessere Portierbrkeit für Legacy-Systeme
SFU lässt sich auf verschiedene Art und Weise nutzen. Einerseits lassen sich damit existierende Anwendungen in ihrer ursprünglichen Form nutzen, andererseits können Anwendungselemente portiert werden, die Unix-Dienste erfordern, meint Collins. ?Eine Integration von SFU in Longhorn würde die Migration für all diejenigen Firmen einfacher machen, die sich gerne von Altsystemen verabschieden würden. Aber auch dafür gibt es Alternativen – nicht zuletzt der Ansatz, virtuelle Maschinen auf einer kleineren Anzahl leistungsfähigerer Server laufen zu lassen und die Anwendungen auf virtuelle Umgebungen zu migrieren, die auf Linux oder Windows aufsetzen.
Übrigens besteht für Microsoft die Gefahr, mit dem Kartellrecht in Konflikt zu geraten, wenn es die SFU in Longhorn integriert, auch wenn Rob Hailstone von der Forschungsgruppe IDC offensichtlich anderer Meinung ist. Er geht davon aus, dass die zugrunde liegenden Betriebssysteme immer mehr an Bedeutung verlieren, weil immer mehr Anwendungen als modulare Dienste angeboten werden.
“Initiativen wie das Schaffen von Standards für Webdienste dürften das Betriebssystem allmählich aus der Schusslinie der strategischen Softwarewettkampfs nehmen,” so Hailstones Argument. “Wenn Anwendungskomponenten über einen standardisierten Nachrichtenversand miteinander kommunizieren können, dann bleibt die Wahl der Plattform nur eine taktische Entscheidung ohne jeden strategischen Wert. Zwar wird es auch dann notwendig sein, Faktoren wie Skalierbarkeit, Leistung, Verfügbarkeit und Funktionsumfang zu betrachten, aber solche Entscheidungen können dann für jeden Einzelfall neu getroffen werden.”