Erster Erfahrungsbericht: Mac OS X “Tiger”
Apples Tiger streckt die Krallen aus

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Erster Erfahrungsbericht: Mac OS X “Tiger”

Apple tanzte in den Mai: Rekordumsätze (plus 74 Prozent), vervierfachte Gewinne und reißender Absatz bei Musikstücken und playern sowie endlich wieder steigende Verkaufszahlen im Computergeschäft: 1,07 Millionen Mac-Rechner gingen allein im 1. Quartal 2005 über die Ladentische (plus 43 Prozent), nicht zuletzt dank des niedlichen ?Mac mini? (wir berichteten). Um den Trend zu festigen, gab es pünktlich zum 1. Mai eine frische Variante vom Betriebssystem Mac OS X: Die Version 10.4 namens ?Tiger? soll mit über 200 innovativen Neuheiten weitere Windows-Jünger in die problemfreiere Apple-Welt treiben.

Ob sich ein solcher Schritt auch für Unternehmen, Kleinbetriebe und Selbständige lohnt, wollen wir im Folgenden untersuchen.


Ein paar grundsätzliche Vorteile bringt OS X von jeher mit sich: Es basiert auf Unix, ist schnell, relativ stabil (auch im Netzwerk) und wird von den meisten Schädlingen ignoriert. Bislang gibt es keinen bekannten Wurm oder Virenstamm, der speziell auf OS X losgelassen wurde. Somit dürften sich Ausfallzeiten und teure Schutzmaßnahmen in Grenzen halten, was natürlich Geld spart. Der Tiger benötigt natürlich einen Power-PC-Prozessor, bevor er eine Tatze rührt. Am liebsten sind ihm natürlich die Macintosh-Systeme von Apple, was eine Grundinvestition bedeutet. Hinzu kommt ein deutlich teurerer Support, denn gute Mac-Techniker sind rar und damit alles andere als billig. Vorteile ergeben sich aber durch die geringere Anfälligkeit und durch die Langlebigkeit der Systeme – alleine die mobilen Powerbooks sind seit gut fünf Jahren fast unverändert auf dem Markt. Nach wie vor sind die Programme für Mac-Systeme teurer in der Anschaffung. Auch käme ein gewisser Schulungsbedarf für Neueinsteiger auf die Firma zu. Was bringt nun das Tiger-Betriebssystem an direkten Vorteilen fürs Unternehmen?

Schneller an die Daten
Zunächst einmal werden Daten schneller gefunden, auch auf 100 GByte-Platten oder im Netz. Dafür sorgt das neu entwickelte Werkzeug ?Spotlight?. Es kann nicht nur Dateinamen aufspüren, sondern blitzschnell den Inhalt von (Office-) Dokumenten, Metadaten, E-Mail-Bergen, Adressen, Terminen, Bildern und PDFs durchforsten. Die Resultate werden übersichtlich aufbereitet präsentiert. Spotlight muss die Festplatte indizieren, was beim ersten Mal lange dauern kann. Diese Zeit wird durch schnelle Sucherfolge später wieder eingespart. Erste Testversuche zeigten, dass Spotlight sogar extrem schnell sucht und findet. So kennen wir es von der Musiksoftware iTunes, die bereits Spotlight-Technologie enthält. Ebenso besitzen andere Tiger-Anwendungen die Suchroutine. Apple will auch fremden Software-Häusern erlauben, Spotlight in ihre Mac-Programme einzubauen.


Eine weitere bemerkenswerte Innovation heißt Dashboard. Es funktioniert wie ein eigenes Desktop und offeriert dem Benutzer nette Hilfsprogramme (Widgets genannt). Jene erlauben zum Beispiel den unmittelbaren Zugriff auf Aktienkurse, Wetterbericht, Flugdaten, Maßeinheiten, Währungsrechner, Adress- oder Telefonbuch. Das Dashboard ist beliebig erweiterbar, auch durch firmeneigene und branchenspezifische Funktionen. Das kann gerade für Außendienstler sehr nützlich sein, um etwa Lagerbestände oder Lieferzeiten auf Knopfdruck zu aktualisieren. 14 solcher Widgets sind im Dashboard enthalten, weitere dürften durch Fremdanbieter und Internet schnell hinzukommen. Ohne Online-Zugang läuft die Dashboard-Technologie natürlich nicht.

Konferenzfunktionen integriert
Hochinteressant für Firmen: Per iChat können künftig Audiokonferenzen mit bis zu 10 Teilnehmern und zu viert sogar Videokonferenzen im virtuellen 3D-Raum abgehalten werden. Außer Web-Cams und Netzzugang (mit .Mac oder AIM-Account) ist keine weitere Infrastruktur nötig. iChat nutzt Voice over IP.

Wenn es um lästige Standard-Aufgaben geht, kann der ?Automator? sie automatisieren, ohne dass eine komplizierte Programmierung notwendig wäre. Per Maus werden die nötigten Befehle einfach ausgewählt und so ein Skript angelegt. Davon gibt es schon etliche vorgefertigte Prozeduren wie PDF komprimieren, Medien brennen oder Bilder bearbeiten.

Zur weiteren Grundausstattung des Betriebssystems gehören: Web-Browser Safari 2.0 (jetzt mit RSS Reader für Nachrichtendienste und Weblogs), Media-Player QuickTime 7, der verbesserte E-Mail-Client ?Mail 2?, die Kalendersoftware ?iCal 2?, ein Management-Tool für Schriften und ein Synchronisations-Werkzeug zum Datenabgleich mit Netzwerk oder Internet.

Umsteiger dürften sich über die verbesserte Windows-Kompatibilität freuen, was den Zugriff auf alte Systeme erleichtert. Wer Mac OS X v10.4 “Tiger” nicht automatisch mit einem Mac-Rechner erwirbt, kann das Paket auch einzeln für 129 Euro ordern. Der Tiger verlangt lediglich 256 MByte Speicher und läuft auf jedem Macintosh ab G3-Prozessor.

Fazit
Ist der Tiger wirklich schneller, stabiler und besser? Da OS X nun vollständig 64-Bit-kompatibel aufgebaut wurde, kann sich die Performance auf G5-Rechnern sehen lassen. Standards wie Open GL, Netzwerk, PDF, Twain oder Komprimierungsverfahren wirken kompatibel und funktionieren flott. Das ganze Tiger-System fühlt sich zuverlässiger und schneller an als noch Version 10.3 und das trotz neuer optischer und akustischer Spielereien.

Gab es Probleme? Nur ein paar ältere Mac-Programme verweigerten den Dienst. Einen Systemabsturz gab es nicht. Kleines Ärgernis für Besitzer älterer Mac-Systeme: Die Installationsscheibe gibt es nur als DVD. Eine CD-Version kostet 18 Euro Aufpreis.

Der Tiger ist also tatsächlich stabiler, schneller und anwenderfreundlicher denn je. Und macht sich daher für Unternehmen, die nicht auf Windows-Software angewiesen sind, durchaus bezahlt – zumal Dienste im System realisiert sind, die sonst einen Heidenaufwand bedeuten. Und die günstige 5-Platz-Lizenz (199 Euro) kommt gerade Kleinunternehmen entgegen. Für Firmen interessant: Zeitgleich mit der Desktop-Version stellte Apple die Server Version 10.4 seines UNIX-Derivates vor.

Übrigens vertraut Apple auf die Ehrlichkeit seiner Kunden und verzichtet auf einen Kopierschutz für den Tiger. Im Sinne der Kundenfreundlichkeit unterbleibt auch eine umständliche Aktivierung im Windows-XP-Stil.

Weitere Infos: www.apple.de

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