Digital-TV im Brennpunkt
Das Doch-Nicht-Überall-Fernsehen
Alternative zum Satellitenfernsehen
Digital-TV im Brennpunkt
Digitales Antennenfernsehen gilt als attraktive Alternative zu Kabel und Satellit, bringt es doch bis zu 30 TV-Sender in Topqualität auf den Bildschirm. Anders als bei Kabel fallen außer der GEZ-Gebühr keine laufenden Kosten an. In Nordhessen hat DVB-T jedoch einen Rückschlag erlitten: RTL und ProSieben/Sat.1 werden ihre Programme dort nicht digital über Antenne ausstrahlen.
Ohne private Fernsehsender
Keiner der grossen Privatsender zeigte Interesse, als die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen) nun die DVB-T-Frequenzen für Kassel und das nordhessische Umland ausschrieb. »Mir gegenüber machten Sendervertreter die zu hohen Übertragungskosten im Verhältnis zum Zugewinn an Reichweite deutlich«, sagt Wolfgang Thaenert, Direktor der LPR Hessen. »Für die Zuschauer ist das sehr bedauerlich.« Möglicherweise werde die Landesmedienanstalt nun ein Alternativkonzept für die Nutzung der freien Frequenzen erarbeiten. Denkbar sei etwa ein Pilotversuch zum DVB-H-Standard. Dabei handelt es sich um eine für Handheld-Geräte wie PDAs und Handys optimierte Weiterentwicklung des DVB-T-Standards.
Noch deutlicher als Thaenert äußerte sich LPR-Sprecherin Annette Schriefers: Die Einführung des Digitalfernsehens stehe auf der Kippe, denn ganz ohne Privatsender sei die Umstellung für die Zuschauer unattraktiv, sagte sie dem Online-Magazin Teltarif.
Bild: Das Logo von DVB-T gibt ein trügerisches Versprechen: überall Empfang. Dies gilt aber nur für die öffentlich-rechtlichen Programme. Denn die Privatsender entscheiden ausschließlich nach Wirtschaftlichkeit und wollen nicht immer mitziehen.
Nur in Ballungsräumen
Digital-TV im Brennpunkt
Der Hessische Rundfunk (HR) zeigt sich über diese Äußerungen der LPR verärgert. »Für die Behauptung, mit öffentlich-rechtlichen Sendern allein lasse sich Digitalfernsehen nicht betreiben, gibt es keinerlei Beleg«, sagt HR-Intendant Helmut Reitze. Die LPR solle die Gedankenspiele in Richtung DVB-H unterlassen und stattdessen den Privatsendern deutlicher als bisher klar machen, was es für deren Akzeptanz in der Bevölkerung bedeute, Nordhessen als unattraktiv abzuschreiben.
Der Ausbau von DVB-T
Fraglich ist, ob das Nein der Privatsender in Nordhessen eine Ausnahme war oder künftig nicht eher die Regel sein wird, je weiter der Ausbau von DVB-T voranschreitet. Das Kostenargument ließe sich auch in anderen ländlichen, dünn besiedelten Gebieten bemühen. Bislang wird das digitale Antennenfernsehen nur in Ballungsräumen wie Berlin, Köln und Hamburg angeboten. Kurze Zeit nach der Einführung von DVB-T endete dort die analoge Ausstrahlung. Die Zuschauer waren gezwungen, ein DVB-T-taugliches Gerät oder einen Receiver zu kaufen, um weiterhin Antennen-TV empfangen zu können. In Gebieten ohne Privatsender dürfte der Kaufanreiz künftig recht gering ausfallen.
Bild: Terrestrisches digitales Fernsehen ist kein rein deutsches Phänomen. In Europa, Asien, Australien und Teilen Afrikas wird es die Zukunft sein. Wie so oft setzt Amerika auf ein anderes System und auch Japan kocht was Eigenes.
Verbreitung in Deutschland
Digital-TV im Brennpunkt
Die nächste Bewährungsprobe lässt noch auf sich warten; in diesem Jahr rüsten lediglich Ballungsräume auf digitale Ausstrahlung um: München, Nürnberg, Halle, Leipzig, Erfurt und Weimar. Danach folgen Stuttgart, Ludwigshafen, Mannheim, Kassel, Rostock und Schwerin, für alle übrigen Regionen gibt es noch keine Planung. DVB-T wird dennoch weiterhin als »Überall-Fernsehen« vermarktet weil sich kompatible Geräte mit Antenne auch im Auto oder im Freien nutzen lassen. Überall ist eben nicht gleich überall.
Die Ballungsräume sind auch für die Privatsender von Interesse. Sollten diese jedoch so wie in Nordhessen auch in anderen Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte abspringen, ist der Erfolg des gesamten Systems gefährdet.
Bild: Die Verbreitung von DVB-T in Deutschland