Falsche Preisauszeichnung bei Internet-Angeboten
Softwarefehler: Muss der E-Shop-Betreiber auch Elefanten für Mückenpreise liefern?

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Falscher Preis ohne Selbstverschulden – na und?

Falsche Preisauszeichnung bei Internet-Angeboten

Es passiert öfter als man denkt: Anbieter von Waren und Dienstleistungen, die das Internet als Vertriebsweg nutzen, sehen sich häufig mit falschen Preisauszeichnungen in ihrem Online-Shop konfrontiert, die durch Softwarefehler hervorgerufen werden. Mit der automatisch generierten Bestätigung der Bestellung des Kunden per E-Mail kommt aber schon ein wirksamer Kauf- bzw. Dienstleistungsvertrag zustande, der den Shop-Inhaber verpflichtet, zum ausgezeichneten Preis die Ware zu liefern oder die angebotene Dienstleistung zu erbringen. Manchmal werden so Mücken aus Elefanten und umgekehrt.

In der Rechtsprechung war bislang umstritten, ob der Shop-Inhaber in solchen Fällen berechtigt ist, die Annahmeerklärung (E-Mail-Bestätigung) wegen Irrtums anzufechten und die Erbringung der vereinbarten Leistung zu verweigern.

Rechtssicherheit durch Urteil des BGH

Falsche Preisauszeichnung bei Internet-Angeboten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Entscheidung vom 26. Januar 2005 dem Shop-Inhaber ein Anfechtungsrecht zugebilligt und damit für Rechtsklarheit gesorgt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Shop-Inhaber für ein Notebook einen Kaufpreis von 2660 Euro festgesetzt; aufgrund einer fehlerhaften Datenübertragung wurde in der Datenbank ein Preis von lediglich 245 Euro. Zu diesem Preis erwarb ein Käufer das Gerät und bekam es auch ausgeliefert.

Anschließend focht der Shop-Inhaber seine automatisch generierte Bestätigung der Kundenbestellung an und verlangte das Gerät zurück. Der BGH bestätigte den Rückgabeanspruch mit der Begründung, dass es für das Anfechtungsrecht nicht darauf ankomme, ob sich der Erklärende selbst verschreibe/vertippe oder ob die Abweichung vom tatsächlich gewollten Preis auf einem unerkannten Softwarefehler beruhe.

Praxisproblem: Schadensersatzansprüche des Kunden

Falsche Preisauszeichnung bei Internet-Angeboten

Der BGH entschied nicht über mögliche Schadensersatzansprüche des Käufers. Der Verkäufer darf zwar seine fehlerhafte Bestätigung anfechten, aber damit ist er noch nicht fein raus: Denn ficht ein Verkäufer seine Annahmeerklärung wegen eines “Erklärungsirrtums” an, wie Anwälte dann die falsche Preisauszeichnung nennen, steht dem Käufer grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu.

Dieser Anspruch beschäftigte die Rechtsprechung in der Vergangenheit wiederholt. Tendenziell versagten die Gerichte dem Käufer Schadensersatz, wenn eine deutlich erkennbare Diskrepanz des ausgezeichneten Preises zum “regulären” Preis besteht. Die Gerichte argumentierten, dass der Käufer in solchen Fällen den Irrtum des Verkäufers hätte kennen müssen; nach der gesetzlichen Regelung schließt die Kenntnis bzw. das “Kennen müssen” des Käufers einen Schadensersatzanspruch grundsätzlich aus.

Sind allerdings die Preisunterschiede nicht so gravierend, ist die Entscheidung abhängig vom Gericht.

Praxistipps für Shop-Betreiber

Falsche Preisauszeichnung bei Internet-Angeboten

Verzicht auf die automatische Annahmebestätigung
Häufig erhält der Kunde kurze Zeit nach Eingang seiner Bestellung eine automatisch generierte Bestätigung der Annahme der Bestellung. Rechtlich gesehen ist mit dem Zugang dieser Bestätigung beim Kunden ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen. Der Kaufvertrag kann vom Shop-Inhaber nur noch durch Anfechtung beseitigt werden.

Verzichtet der Shop-Inhaber aber auf eine Annahmebestätigung und sendet dem Käufer lediglich eine Eingangsbestätigung, ließen sich Diskussionen um mögliche Schadensersatzansprüche des Käufers von vorneherein vermeiden.

Weitere Hinweise für die Praxis
Shop-Inhaber sollten ferner folgende Punkte bedenken:

Der Autor

Falsche Preisauszeichnung bei Internet-Angeboten

Markus Kexel, LL.M. ist Jahrgang 1971 und seit 1999 als Rechtsanwalt zugelassen. Er studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main und London. Am Kings College London machte er im Jahr 2000 seinen Master of Law (LL.M.). Markus Kexel verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung aus internationalen Wirtschaftskanzleien und ist heute als selbständiger Rechtsanwalt in Mainz tätig. Er berät vorwiegend kleine bis mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Gesellschafts-, Handels-, Bank- und IT-Recht. Markus Kexel ist vor allen Amts-, Land- und Oberlandesgerichten vertretungsbefugt. Er ist Mitglied der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung.
Internet: www.kexel-law.de und www.company-law.info E-Mail: MKexel@kexel-law.de

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