Elektro- und ElektronikgerätegesetzTeure Umweltschutz-PCs
Rücknahmepflicht von Elektrogeräten
Elektro- und Elektronikgerätegesetz
Es darf keinen Zweifel geben: Der Schutz unserer Umwelt ist ein immens wichtiges Ziel, an dessen Erreichen es auch nichts zu deuteln gibt. Von daher haben sich die europäische Politik und die Industrie in seltener Einmütigkeit auf zwei Gesetze zur Rücknahme von Elektrogeräten und deren giftfreie Herstellung geeinigt. Die deutsche Umsetzung der EU-Regelungen heißt sperrig »Elektro- und Elektronikgerätegesetz«, oder kurz »ElektroG«. ElektroG setzt beide EU-Vorgaben vollständig um: WEEE (Waste Electric and Electronic Equipment) regelt das Recycling, und RoHS (Restriction of Hazardous Substances) sorgt für eine weitgehend schadstofffreie Produktion der Geräte.
Obwohl sich das Parlament der EU bereits Anfang 2003 auf diese Richtlinien geeinigt hat, bleibt den Herstellern bis zum 1.Juli 2006 Zeit, um ihre Produkte gesetzeskonform zu produzieren. Von diesem Datum an dürfen keine Geräte mehr verkauft werden, in denen Blei, Cadmium, Quecksilber oder bromierte Flammschutzmittel (PBB und PBDE) enthalten sind.
Die Rücknahmepflicht greift hingegen schon eher. Alle Geräte, die ab 13.August dieses Jahres in den Handel kommen, müssen von den Herstellern zurückgenommen und auf eigene Kosten entsorgt werden. Handys im Hausmüll werden dann hoffentlich ebenso selten zu sehen sein wie Kühlschränke, die neben der Autobahn vor sich hin rosten. Allein um den Transport zur örtlichen Sammelstelle müssen sich die Kunden selbst kümmern. Firmenkunden, die größere Stückzahlen beim gleichen Hersteller abnehmen, vereinbaren ohnehin eine Rückholung durch den Hersteller.
Wer zahlt das Recycling?
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Zwar schreibt das Gesetz vor, dass die Firmen zurückgebrachte Altgeräte auf eigene Kosten recyclen müssen. Dass die dadurch entstehenden Kosten aber bereits beim Kauf vom Kunden eingetrieben werden, untersagt das Gesetz nicht.
Alle von PC Professionell zum Thema ElektroG befragten Firmen wie Dell, Sony, AVM, Samsung, Philips oder Fujitsu Siemens bestätigen einhellig die Aussage, dass sowohl die Rücknahme als auch die veränderten Herstellungsprozesse immense Kosten nach sich ziehen. Gleichzeitig betonen die Unternehmensvertreter jedoch auch, dass es wegen des Gesetzes nicht zu Preiserhöhungen kommen wird. Dazu Urban Bastert, Pressesprecher der Berliner Firma AVM: »Plötzliche Preissteigerungen sind in der preissensiblen IT-Industrie einfach nicht drin. Und zu konzertierten Erhöhungen wird es unserer Ansicht nach auch nicht kommen.«
Von einzelnen Brancheninsidern wird jedoch nicht bestritten, dass die Kosten anderweitig kompensiert werden: beispielsweise über ausgefallene Preissenkungen. Sinkt der Preis eines Produkts sonst in festen Zyklen, wird diese Reduktion nach dem In-Kraft-Treten der Umweltschutzgesetze vielleicht weniger stark sein oder möglicherweise ganz ausfallen. Ob dies passieren wird und wenn ja, in welchem Umfang und vor allem zu welchem Zeitpunkt , ist aber reine Spekulation.
Einig sind sich die Firmen natürlich auch, was das Einhalten der Stichtage angeht: Alle befragten Unternehmen wollen bis Juli 2006 sämtliche Auflagen erfüllen. Sie werden nach und nach giftstofffreie Hardware in den Handel bringen und so in mehreren Phasen vom Kunden unbemerkt sobald als möglich auf »grüne« Produkte umstellen.
Keine Superschnäppchen mehr
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So positiv das ElektroG für den entsorgungswilligen Kunden auch sein mag, für Schnäppchenjäger und deren Beutelieferanten brechen schwere Zeiten an. Denn das ElektroG erschwert die so genannten Spot-Deals, bei denen in einer einmaligen Aktion beispielsweise DVD-Player extrem günstig verkauft werden: Um die niedrigen Preise zu erzielen, müssen die Händler direkt im Ausland einkaufen und die DVD-Player nach Deutschland importieren. In diesem Fall wird der Händler aber laut ElektroG zum Hersteller und muss selbst für die Rücknahme der Geräte sorgen. Das geschieht durch einen Eintrag im Elektroaltgeräteregister (EAR). Um den Eintrag zu bekommen, muss der Händler seine finanzielle Stabilität beispielsweise durch eine Bankbürgschaft nachweisen.
Das größte Hindernis ist, dass eingetragene Firmen ungeachtet ihrer Größe mindestens 30 Kubikmeter Elektroschrott entsorgen müssen, auch wenn sie nur einen Bruchteil dessen in Umlauf bringen. Sie haben dann zwar eine Art Schrottguthaben. Das nutzt aber nichts, da die Entsorgung der 30 Kubikmeter so teuer ist, dass sich der Verkauf der Player ohnehin nicht rentiert.
Was wird zurückgenommen?
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Das EAR hat eine Liste mit allen Produktkategorien erstellt, die rücknahmepflichtig sind. Dazu gehören neben Haushaltsgeräten wie Kühlschränken auch Spielzeug und IT-Produkte. Laserdrucker, Notebooks, PCs, PDAs, Beamer und weitere IT-Geräte fallen unter das ElektroG. Unklar ist momentan noch, was mit nur im Verbund funktionsfähigen Komponenten wie Mainboards, Prozessoren oder Grafikkarten passiert. Sollten auch diese Produkte rücknahmepflichtig sein, sind Preissteigerungen angesichts der winzigen Gewinnmargen unvermeidlich.
Wir müssen draußen bleiben
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Immense Kosten für die Hersteller bedeutet auch das Stoffverbot. So darf zum Beispiel Blei nicht mehr als 0,1 Prozent des Gewichts einer Komponente ausmachen. Eine vernünftige Vorgabe, da Blei aus dem Lötzinn der auf Müllhalden vor sich hin rottenden Elektrogeräte durch Regenwasser ausgewaschen wird und so ins Grundwasser gerät. Gelangt Blei in den menschlichen Körper, kann es praktisch jedes Organ schädigen. Besonders anfällig ist das zentrale Nervensystem von Kindern.
Von daher ist bleifreies Lötzinn auf Basis von Silber, Kupfer und Zinn die einzige Alternative. Da das neue Lötzinn aber erst bei Temperaturen jenseits von 260 Grad Celsius zu verarbeiten ist bislang genügten unter 235 Grad , mussten auch viele Bauteile wie Kondensatoren ausgetauscht werden: Die alten Teile sind den hohen Temperaturen nicht gewachsen. Dazu Hartmut Lehmann, Umweltbeauftragter bei Dell in Deutschland: »Für unsere asiatischen Produzenten bedeutete diese Umstellung jahrelanges Testen und Ausprobieren; insgesamt ein gewaltiger und somit auch teurer Akt.«
Dell hofft, diese Kosten durch den gleichzeitig niedrigeren Recyclingaufwand abzufangen. Denn nun muss ja kein bleihaltiger Sondermüll teuer entsorgt werden.