Digicam-RevolutionSchärfen, was scharf sein soll
Die plenoptische Kamera
Digicam-Revolution
Eine Technik, die die Digitalfotografie revolutionieren könnte, hat Ren Ng von der Stanford-University entwickelt: die variable Tiefenschärfe. Bei Digitalfotos, die mit seinem Digicam-Prototypen angefertigt wurden, lässt sich nachträglich am Rechner die Tiefenschärfe verstellen. Das Schießen von Serienaufnahmen, um später nur wenige nutzbare Bilder auszusortieren, könnte damit der Vergangenheit angehören: Die Technik ermöglicht es Fotografen, unabhängig von Auto- oder manuellem Fokus auf das Motiv draufzuhalten, um anschließend verlustfrei eine beliebige Schärfeebene zu fokussieren. Eindrucksvoll demonstriert dies der Forscher in einem Video, das unter gra phics.stanford. edu/papers/lfcamera/lfcame ra.wmv zum Download bereitsteht.
In Ngs »plenoptischer« Kamera sitzt vor dem CCD-Chip ein dünnes Raster aus winzigen Linsen, der Sensor sieht sozusagen durch dieses Raster aus zehntausenden Mini-Linsen. Die Folge: Ein Lichtpunkt, der auf der Ebene des Rasters ursprünglich scharf sein sollte, wird durch die Linsen auf dem Weg bis zum Sensorchip zu einem Lichtkegel. Somit wird vom Chip kein einzelner Lichtpunkt, sondern ein ganzer Fleck belichtet. Dadurch bekommt die Richtung, aus der jeder einzelne Lichtstrahl kommt, eine mathematische Größe.
Ein Wermutstropfen
Digicam-Revolution
Ngs Software berechnet den RGB-Mittelwert des Lichtflecks, um das Bild zu erzeugen, das die Kamera ohne Linsenaufsatz geschossen hätte. Oder aber sie ermittelt, welche Strahlen sich weiter vorn oder hinten im Strahlengang getroffen hätten womit sich eine beliebige Schärfeebene verlustfrei rekonstruieren lässt.
Die Technik hat jedoch einen Wermutstropfen: Die nutzbare Auflösung des CCDs verringert sich, da die Lichtflecken auch mehr Pixel belegen. Die üppigen 16 Megapixel der Stanford-Kamera schrumpfen im Experiment auf magere 0,1 Megapixel. Diverse Hersteller kommerzieller Digicams sollen aber bereits Interesse an der Technik bekundet haben. Bis plenoptische Digicams auf den Massenmarkt kommen, dürfte noch einige Zeit vergehen. Jetzt schon eingesetzt werden kann das Verfahren aber in der Mikroskopie: Kleinste Objekte lassen sich so mit nur einem Klick in ihrer gesamten Tiefe scharf erfassen.