Hausfrauen gegen Big Brother?
Im Streit um RFID sind kühle Köpfe gefragt

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Wachsender Geschäftszweig

Hausfrauen gegen Big Brother?

Anfang diesen Monats hat Bain Capital (eine der weltweit führenden Consulting-Gesellschaften im Private-Equity-Geschäft) eine recht wenig beachtete Maßnahme getroffen und 3 Milliarden US-Dollar für den Geschäftsbereich Sensoren und Steuerungsmodule von Texas Instruments bar auf den Tisch gelegt. Diese Sparte hat ein Absatzvolumen von mehr als 1 Milliarde US-Dollar pro Jahr und bietet Produkte zur Überwachung von Geräten, Klimaanlagen und Fahrzeugen an.

Das Wachstum dieses Geschäftszweiges verläuft nach Ansicht von Texas Instruments etwas zu langsam, vergleicht man es mit dem der Chips – es liegt “nur” bei sieben Prozent pro Jahr und nicht bei 17.

Für Bain sieht das nicht nach einer schlechten Quote aus. Es ist ein Beweis mehr dafür, dass den Sensoren – und insbesondere drahtlosen RFID-Etiketten – ein tolles Jahrzehnt bevorsteht. Schon jetzt plant Wal-Mart, bis Dezember mehr als ein Viertel seiner amerikanischen Filialen auf Paletten umzustellen, die mit RFID ausgestattet sind. Bei einer Konferenz, die von der Wharton School of Business voriges Jahr veranstaltet wurde, war zu hören, inwiefern der “heilige Gral” der RFID-Technik eine Chance ist, jedes Teil eines Produkts – angefangen von seiner Montage in China über die Verpackung in Japan, den Versand über Europa bis zum Vertrieb in den USA – zu überwachen und zurückzuverfolgen.

Wirre Mütter gegen neue Technik

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Aber Moment mal! Schon jetzt wollen Gewerkschaften und Rechtsanwälte – immer um ein Eigengeschäft bemüht – die RFID-Etiketten als eine Art faschistische Technologie brandmarken. Am bedeutsamsten hat sich wohl die amerikanische Verbraucherorganisation “Consumers Against Supermarket Privacy Invasion and Numbering” (Caspian), die von der Harward-Doktorandin Katherin Albrecht gegründet wurde, bezüglich RFID in den Medien in Szene gesetzt.

Diese elektronischen Etiketten, so wird von Caspian erläutert, sind Werkzeuge des “Großen Bruders”. Sie könnten gesundheitsschädlich sein, weil sie die Menschen kontinuierlich mit elektromagnetischer Energie bombardieren und sie könnten dazu verwendet werden, Verbraucher mit personenbezoger Werbung zuzumüllen.

Caspians Tonfall wird gut durch den Titel des Buches eingefangen, das Albrecht 2005 zusammen mit der Co-Autorin Liz McIntire beschrieben hat. Es heißt: “Spychips: wie Großunternehmen und die Regierung planen, jede Ihrer Aktionen mit RFID zu verfolgen”. Es ist das Werk von “zwei Müttern aus der Vorstadt, die sich einige der weltgrößten Unternehmen vorgeknöpft haben, weil wir uns um die Zukunft unserer Kinder Gedanken machen”. Und falls Sie bis jetzt noch nicht die Sache mit der “schreckenerregenden” Welt, die uns bevorsteht, kapiert haben, diskutiert Spychips die Frage “Was wäre gewesen, wenn Hitler RFID gehabt hätte?”. Au weia!

Öffentliche Diskussion realitätsfern

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Caspian hat ein Moratorium für die Verwendung von RFID-Chips in Konsumgütern gefordert, “bis man die gesellschaftlichen Folgen abschätzen kann”. Ein Superrezept für Innovation! Wie Gerard Cachon, Professor für Operations- und Informationsmanagement an der Wharton School bemerkt, kann RFID uns sagen, wo sich ein Teil in der Lieferkette befindet, “aber es ist wirklich schwer, diese Information zu missbrauchen. Sie müssen nicht schlauer sein, sondern schneller”. Es gilt noch einen Riesenberg an Arbeit zu leisten, bis irgendeiner der Albträume, die von Caspian heraufbeschworen wurden, von der Bildfläche verschwindet.

Was aber wird die öffentliche Diskussion über Sensoren und Etiketten dominieren? Wird es die Schwierigkeit sein, Daten zu speichern, zu verarbeiten und daraus dann verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen – und diese wiederum in kürzere Lieferzeiten umzusetzen, was sowohl den Herstellern als auch den Verbrauchern im Zuge der heutigen globalen Lieferketten nutzen würde? Damit rechnen Sie mal lieber nicht! Große Brüder und Angst vor Missbrauch machen eben in den Medien mehr her als ein simpler Nutzen beim Liefen von Waren.

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