Übertragungsstandard DVB-S2
HDTV am PC sehen

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HDTV steckt in den Kinderschuhen

Übertragungsstandard DVB-S2

Oktober 2005: Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber läutet auf den Medientagen München den Start des kostenfreien HDTV-Fernsehens von Pro7 und Sat1 ein. Doch der medienwirksame Druck auf eine Knopfattrappe hat falsche Hoffnungen geweckt. Denn wirklich sehen kann die hochauflösenden Bilder vorerst kaum jemand. Es fehlt an passenden Empfängern für das Satellitensignal.

Pro7 HD und Sat1 HD nutzen für HDTV den neuen Übertragungsstandard DVB-S2. Die notwendigen Set-Top-Box sind aber noch Mangelware. Die Decoderchips für diese Geräte fehlen. Kaufwillige müssen sich auf Wartelisten setzen lassen. Die Empfangsgeräte von Humax, Pace und Philips gibt es im Handel bislang nur als Einzelstücke. Und herkömmliche Satelliten-Receiver können die DVB-S2-Signale nicht demodulieren.

Freies HDTV nur über den PC

Übertragungsstandard DVB-S2

Abhilfe kommt in Form einer DVB-S2-Karte für den PC: Der Anbieter KNC One will voraussichtlich bis Ende Februar die TV Station DVB-S2 Plus für 200 Euro den Markt bringen. Ausgestattet mit einem Common Interface ist die zu herkömmlichen DVB-S kompatible KNC One auch für den Empfang von Pay-TV gerüstet. Kurz vor Redaktionsschluss konnte PC Professionell bereits erste Tests mit einem Vorserienmodell der DVB-S2 Plus durchführen.

Trotz Beta-Status läuft die TV Station DVB-S2 Plus weitgehend stabil und bringt Fernsehbilder in bislang ungewohnter Bildqualität auf den Schirm. KNC One liefert die Karte mit der Fernseh-Software Globe TV, die durch einfache Bedienung und eine Vielzahl an Einstelloptionen überzeugt. Klar zeigt sich im Test allerdings, das die Wiedergabe von HDTV-Fernsehen hohe Anforderungen an die Leistung des PCs stellt.

Starke Hardware ist ein Muss

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Der Grund liegt in der Codierung der Filmdaten: Anders als beispielsweise in den USA komprimieren die Sender in Deutschland die HDTV-Filme nicht im MPEG-2- sondern im effizienteren MPEG-4-Format mit H.264-Codierung. Der H.264-Kompressionsstandard reduziert die Datenraten bei gleicher Bildqualität auf bis zu einem Drittel gegenüber MPEG 2. Damit lässt sich die Übertragungsbandbreite effektiver ausnutzen und qualitativ höherwertiges Fernsehen erreichen. Als Kehrseite der Medaille steigt im Gegenzug aber der Rechenaufwand stark an. Damit die HDTV-Bilder überhaupt über den PC-Bildschirm laufen, kann der Rechner gar nicht schnell genug sein.

Im Test übernimmt die volle Rechenlast der Prozessor. Ein Pentium-4-Prozessor mit mindestens 3,0 GHz Taktrate oder ein vergleichbarer AMD-Prozessor erfüllen die Mindestanforderungen, die an der System gestellt werden. Im Betrieb steigt die CPU-Auslastung beim Empfang des hochauflösenden Fernsehens selbst bei einem 3,2-GHz-Dual-Core-System auf stattliche 40 Prozent.

Zum Vergleich: Bei Satelliten-Sendern wie Astra HD, die ihr Programm im MPEG-2-Format übertragen, funktioniert das gleichzeitige Aufnehmen und Abspielen von Filmen (Timeshifting) mit der zu DVB-S abwärtskompatiblen Karte einwandfrei. Anders sieht es mit HDTV-Videostreams in H.264-Codierung aus: Globe TV stürzt hier mit aktiviertem Timeshifting öfters ab. Das liegt zum einen am Beta-Status der Kartentreiber, zum anderen aber auch daran, dass das Testsystem bis an die Grenzen ausgelastet ist.

Kein Bild ohne Codec

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Damit die H.264-Signale wiedergegeben werden können, muss ein H.264-Codec auf dem Rechner installiert sein. Der Codec wird dann von den unterschiedlichen TV- oder Video-Programmen automatisch genutzt. Anbieter von H.264-Codecs sind beispielsweise Mainconcept oder Cyberlink.

Derzeit nutzen die Codecs nur die Ressourcen des Prozessors. In den nächsten Wochen sollen aber die ersten H.264-Codecs auf den Markt kommen, welche die leistungsstarken Videoeinheiten der neuesten Grafikkarten für die Decodierung nutzen.

Mogelpackung Pro7 HD und Sat1 HD

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Mit einem schnellen PC und passendem großen HDTV-Monitor begeistert das neue Fernsehformat mit unübertroffener Schärfe und Detailtreue. Großes Manko bleibt aber nach wie vor das geringe Angebot an HDTV-Sendungen.

Sat1 und Pro7 übertragen zwar ihr komplettes reguläres TV-Programm über Satellit auch im HDTV-Format. Dabei wird das PAL-Videomaterial mit 720 x 576 Pixeln aber lediglich auf HDTV-Auflösung hochskaliert. Nur von Zeit zu Zeit kommen Filme wie der Zweiteiler »Die Nibelungen« oder »Spiderman« in echter High-Definition-Qualität. Letztendlich entscheiden die Nachfrage und Hardware-Ausrüstung der Zuschauer darüber, ob das Angebot ausgebaut wird. Dann bleiben auch Fauxpas wie zum Neujahrstag erspart, als Sat1 »Star Trek 10: Nemesis« über Satellit in HDTV-Qualität ausstrahlte allerdings ohne den zugehörigen 5.1-Ton.

Für den Empfang von Premiere ist die DVB-S2-Karte laut Hersteller zwar geeignet: Wer im Sommer alle Spiele der Fußball-WM in HDTV sehen will, braucht neben dem Abo des Pay-TV-Senders aber auch die passende Set-Top-Box. Zur Wiedergabe des Premiere-Programms ist ein Conditional Access Modul (CAM) notwendig, das es für PC-Nutzer vorerst nicht gibt. Zudem ist auch noch unklar, wann die ersten Grafikkarten auf den Markt kommen, die mit dem HDCP-Kopierschutz umgehen können, den Premiere fürs HDTV-Programm nutzt.

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