Reingelegt und umgeleitet
GoogleAdWords-Mißbrauch und deutsche Gerichte

IT-ManagementIT-ProjekteNetzwerk-ManagementNetzwerkePolitikRecht

Werbetechnik nicht immer im Sinne des Erfinders

Reingelegt und umgeleitet

Die Suchmaschine Google bietet neben den herkömmlichen Suchfunktionen auch die Möglichkeit der Schaltung von sog. Google AdWords-Anzeigen an. Anbieter haben hierbei die Möglichkeit, Keywords anzugeben, bei deren Eingabe durch den User ein Link zur Internetseite des Anbieters in einem gesondert gekennzeichneten Anzeigenbereich der kalifornischen Suchmaschine erscheint.

Wie so häufig bei neuen Formen der Werbung im Internet wird diese Werbeform nicht nur im Sinne des Erfinders, sondern auch in missbräuchlicher Weise eingesetzt.

Neben der Problematik des Klick-Spammings erfreut sich insbesondere der Missbrauch der Google-Adwords durch Verwendung fremder Kennzeichen einer gesteigerten Relevanz. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmen in der Google übermittelten Keyword-Liste neben allgemeinen Begriffen auch die Kennzeichen anderer Wettbewerber einfügen, damit bei der Eingabe des Kennzeichens des Wettbewerbers das eigene Internet-Angebot an exponierter Stelle erscheint.

Auf den ersten Blick könnte man hier unverzüglich zu der Annahme eines Missbrauch und mithin einer Kennzeichen- und Wettbewerbsverletzung gelangen, da es nicht angehen kann, dass ein Unternehmen das Kennzeichen eines Wettbewerbers zur Anpreisung des eigenen Internetangebotes verwendet. Dies ist jedoch nicht immer so.

Umstrittene Praxis versteckter Keywords

Reingelegt und umgeleitet

Der erste Eindruck ist rechtlich genauer zu betrachten, wobei hier zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden sind:

Sofern das fremde Kennzeichen in der AdWords-Anzeige für den User sichtbar auftaucht, sollte regelmäßig eine Rechtsverletzung anzunehmen sein.

Problematisch sind jedoch die Fälle, in denen das fremde Kennzeichen ausschließlich in den für den User nicht sichtbaren Keywords erscheint. Da hier das Kennzeichen unsichtbar gegenüber der Öffentlichkeit bleibt und nur für einen gesondert gekennzeichneten Werbeanzeigenteil benutzt wird, ist es unter den Juristen sehr umstritten, ob in diesem Fällen eine Marken- und/oder Wettbewerbsverletzung anzunehmen ist.

Die Parallele zu den Meta-Tags

Reingelegt und umgeleitet

Dabei erinnert die zuvor charakterisierte Art der Verwendung der fremden Kennzeichen den kundigen Betrachter sehr stark an die allgemein bekannte Problematik der unerlaubten Nutzung fremder Kennzeichen in den Meta-Tags. Auch hier ist zwischen den einzelnen Gerichten umstritten, ob die für eine Kennzeichenverletzung erforderliche kennzeichenmäßige Verletzung anzunehmen ist, da die Meta-Tags in dem eigentlichen Internetangebot für den User nicht sichtbar sind und lediglich bei Abruf des Quellcodes “an das Tageslicht” kommen.

Im Falle der Verwendung fremder Kennzeichen in den Meta-Tags hat die wohl herrschende Rechtsprechung auf eine Kennzeichenverletzung abgestellt, wobei sich jedoch insbesondere das OLG Düsseldorf (Urt. vom 01.10.2002 20 U 93/02) gegen eine Kennzeichenverletzung ausspricht.

Bei der Verwendung fremder Kennzeichen in den Keywords ist eine eindeutige Parallele zu erkennen, da auch hier die benutzten Kennzeichen ausschließlich im Hintergrund verbleiben. Allerdings sind die Keywords anders als die Meta-Tags (sichtbar im Quellcode) für den User zu keiner Zeit wahrnehmbar. Sichtbar sind allein die Suchergebnisse, die aufgrund der Verwendung eines fremden Kennzeichens erscheinen, so dass die Frage im Raum steht, ob dieser Umstand zu einer Ablehnung der Markenverletzung führen kann.

Der gegenwärtige Stand in der Rechtsprechung

Reingelegt und umgeleitet

Aus dem vorgenannten Grund vertreten verschiedene Gerichte auch die Ansicht, dass bei der Verwendung fremder Kennzeichen in AdWords-Anzeigen weder eine Wettbewerbs- noch eine Markenrechtsverletzung anzunehmen sei.

So lehnte das LG Leipzig (Urteil vom 08.02.2005 Az.: 5 O 146/05) eine Markenverletzung ab, da die Benutzung eines Markennamens als bloßes Keyword keinen kennzeichenmäßigen Gebrauch und somit auch keine Markenverletzung darstelle. Außerdem lehnten die Leipziger Richter auch eine Wettbewerbsverletzung jedenfalls immer dann ab, wenn der Marken-Inhaber bei den freien, normalen Suchmaschinen-Ergebnissen unter den ersten Treffern gelistet ist.

Bei seiner Entscheidung stützte sich das Gericht unter anderem auf die vorgenannte Entscheidung des OLG Düsseldorf zu den Meta-Tags und führt aus, dass die nur in den Keywords verwendete Marke nicht an die Öffentlichkeit gelange, so dass eine markenmäßige Verwendung gegenüber der Öffentlichkeit bereits aus diesem Grunde ausscheide.

Bestätigt wurde diese Auffassung durch die Berufungsinstanz des OLG Dresden (Urteils vom 30.08.2005 Az.: 14 U 498/05), das in demselben Fall ebenfalls eine Markenverletzung ablehnte.

Allerdings ist hier zu den beiden Entscheidungen ergänzend auszuführen, dass in dem, den beiden Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalt eine sehr “schwache” Wort-Bildmarke mit sehr geringer Kennzeichnungskraft verwendet wurde, so dass abzuwarten bleibt, ob die Gerichte ihre Auffassung auch bei einer sehr starken reinen Wortmarke beibehalten werden.

Auch das LG Hamburg (Urteil vom 21.12.2004 Az.: 312 O 950/04) steht sowohl einer Marken- als auch einer Wettbewerbsverletzung ablehnend gegenüber.

Die Hamburger Richter lehnten die Rechtverletzung mit der Begründung ab, dass die Verwendung von AdWords in deutlich gekennzeichneten Anzeigen außerhalb der Liste der Suchergebnisse keine markenmäßige Verwendung des markenrechtlich geschützten Keywords darstellten.

Demgegenüber nimmt das OLG Köln (Beschluss vom 08.06.2004 – Az.: 6 W 59/0) bei der Verwendung fremder Keywords im Rahmen von AdWords-Anzeigen jedenfalls ein unzulässiges Anhängen an einen fremden guten Ruf als auch der unzulässigen Kundenumleitung im Sinne des UWG an und bejaht eine Wettbewerbsverletzung.

Die weitere Frage der Markenverletzung haben die Kölner Richter aufgrund des Vorliegens einer Wettbewerbsverletzung ausdrücklich offen gelassen. Die Vorinstanz, das LG Köln, hatte in seiner Entscheidung grundsätzlich auch eine Verletzung der Marke und der geschäftlicher Bezeichnung im Sinne der §§ 14,15 MarkenG bei der Verwendung des fremden Kennzeichens im Rahmen der Keywords angenommen, allerdings im konkreten Fall die Markenverletzung in Ermangelung einer Störereigenschaft abgelehnt.

Das LG München (Beschluss vom 27.10.2005 – Az.: 9 HK O 20800/05) und das das LG Braunschweig (Beschluss vom 28.12.2005 – Az.: 9 O 2852/05 (388)) hingegen kamen zum Ergebnis einer Markenverletzung.

So führten die Braunschweiger Richter aus, dass es für eine kennzeichenmäßige Verwendung nicht notwendig sei, das fremde Kennzeichen für den Internetnutzer in sichtbarer Weise zu verwenden. Vielmehr reiche es für die Annahme einer kennzeichenmäßigen Verwendung und mithin einer Markenverletzung aus, dass der Begriff dazu verwandt werde, auf die Internetseiten der Antragsgegner hinzuweisen.

Noch steht Vieles offen

Reingelegt und umgeleitet

Es ist somit festzuhalten, dass es zurzeit noch keine gefestigte Rechtsprechung hinsichtlich der Verwendung fremder Kennzeichen in AdWords-Anzeigen gibt und somit im Ergebnis gegenwärtig ungeklärt ist, ob eine Markenverletzung und/oder eine Wettbewerbsverletzung vorliegt. Wohl erst der BGH als oberste Instanz wird hier in der Internet-Branche für Rechtssicherheit sorgen, so dass die weitere Entwicklung der Rechtsprechung mit Spannung erwartet werden darf.

Der Autor

Reingelegt und umgeleitet

RA André Schenk LL.M.Eur. ist Mitinhaber von Schuldenberg & Schenk Rechtsanwälte, Frauenthal 15, 20149 Hamburg, Tel.: 040 41402250, E-Mail: schenk@sus-law.de. Herr Schenk ist spezialisiert auf das IT-, Internet- und Software-Rec
ht. Die Kanzlei betreut überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen. Inhaltlich befasst sich Herr Schenk insbesondere mit Angelegenheiten aus den Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes (Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrecht) wie auch des Vertrags- und Wirtschaftsrechts.

Lesen Sie auch :