WLAN 802.11n
Das 600-MBit-WLAN

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Resistente Verbindung

WLAN 802.11n

Die Arbeit am neuen Funkstandard 802.11n zeigt endlich Ergebnisse: Er hat mehr Dampf unter der Haube als 802.11b/g, und die Turbofunker kommen auch an bislang schwer erreichbare Stellen. Außerdem ist die Verbindung spürbar resistenter gegenüber Störungen, wenn beispielsweise jemand durch die Funkstrecke läuft. So lässt sich ein Video bequem im ganzen Haus ruckelfrei ansehen, Spiele zeigen alle Details, und das Kopieren von Dateien und Verzeichnissen geht so schnell wie per (Fast-)Ethernet-Kabel.

Die wesentlichen Eckpunkte des Standards sind im ersten Entwurf Draft n abgesteckt – jetzt geht es an die Feinabstimmung. Der finale Standard wird voraussichtlich erst Anfang 2007 verabschiedet und soll dann Geschwindigkeiten bis 600 MBit/s erlauben. Bis dahin wird es immer wieder Änderungen und Anpassungen geben.

Bekanntes neu verpackt

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Was ist dran am neuen Funkstandard? Der Entwurf fasst viele Techniken zusammen, die als herstellerspezifische Erweiterungen bereits bekannt sind. Kernpunkt wird die Mehrantennentechnik MIMO (Multiple Input Multiple Output). Dabei kann jede Antenne einen eigenen Datenstrom senden, so dass sich die Übertragungsrate vervielfacht. Das setzt voraus, dass der Empfänger – unabhängig vom Hersteller – die gleiche Anzahl Antennen bietet. Draft n lässt zwei bis vier Antennen zu.

Mehr Tempo bringt außerdem das Senden auf mehreren Kanälen. Das 2,4-GHz-Band bietet drei Kanäle, die sich nicht überlappen. Sie lassen sich parallel nutzen, ohne sich gegenseitig zu stören. Allerdings unterscheidet sich die im Draft vorgesehene Methode wesentlich von der bisherigen Praxis: n-kompatible Geräte prüfen zunächst, welche Kanäle frei sind. Dann werden zwei von drei möglichen Kanälen ausgewählt. Das gibt auch anderen Funkern eine Chance, ihre Daten schnell und ungestört zu verschicken.

Ewiger Streitpunkt ist, dass die Breite des Funkkanals von 20 auf 40 MHz erhöht werden soll. Darunter leiden andere (b/g-)Funker, die aus Platzmangel einen Gang herunterschalten müssen. Die Auswahl von je zwei 20-MHz-Kanälen ist variabler und bringt fast den gleichen Tempogewinn. Diese Technik findet sich deshalb wohl nur als Option.

Der lange Arm von MIMO

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Neben dem Wunsch nach hohem Tempo entscheidet oft die Reichweite, ob ein Funknetz überhaupt sinnvoll nutzbar ist. Bei mehreren Antennen lässt sich die Reichweite mit einem einfachen Trick nahezu verdoppeln: Statt wie bisher die Sendeenergie gleichmäßig in alle Richtungen zu verteilen, wird ein gebündelter Strahl zum Empfänger geschickt. Ein Router kann beispielsweise an der Signalstärke je Antenne erkennen, aus welcher Richtung der Client sendet. Er kann jetzt seinerseits die Antennen so ansteuern, dass die größtmögliche Sendeleistung in Richtung des Clients abgestrahlt wird. Das ist praktisch so, als wenn man sich jemandem zuwendet, der zu einem spricht.

Durch die unterschiedliche Ansteuerung der Antennen entsteht in der Summe eine keulenförmige Ausrichtung, die sich in beliebige Richtungen verschieben lässt. Diese Steuerung des Strahls wird als Beamforming bezeichnet und ist laut Draft eine Pflichtfunktion für n-kompatible Geräte. Auch wenn nur auf einer Seite ein Draft-n-Gerät funkt, zeigt diese Bündelung einen Effekt, so dass auch ältere b- und g-Funker von dieser Funktion profitieren.

Sparsam bitte!

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Es liegt auf der Hand, dass zwei Datenströme auch die doppelte Anzahl an Hardware benötigen, drei die Dreifache usw. Das erhöht die Kosten bei der Fertigung, vor allem steigt damit aber auch der Energieverbrauch. Im Pflichtenheft der Clients steht deshalb von vornherein ein Energiesparmodus. Es wird nur dann mit mehreren Datenströmen gesendet, wenn die Verbindung dadurch tatsächlich schneller wird.

Obwohl es zahlreiche Möglichkeiten für die Kombination von Funkhardware und Antennen gibt, optimieren die Hersteller ihre Chips je nach Anwendung. Für die meisten Zwecke bringt die Kombination von zwei Sender-/Empfängerbausteinen und drei Antennen den besten Kompromiss zwischen Tempo, Herstellungskosten und Energiebedarf. Diese Variante wird daher wahrscheinlich am häufigsten zu sehen sein.

Schneller mit kleinen Schritten

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Andere Techniken schaffen nicht die großen Sprünge wie etwa die Vervierfachung der Datenrate durch Kanalbündelung und zwei Datenströme. Dennoch tragen sie in der Summe zur Temposteigerung bei und helfen, den Funkverkehr besser auszulasten.

Jedes n-Gerät fasst mehrere Pakete zusammen und sendet für das gesamte Bündel die Verwaltungsinformationen nur einmal. Diese Packet Aggregation genannte Technik erhöht den Datendurchsatz um etwa 10 Prozent. Nach dem Senden eines Pakets sind genau festgelegte Pausen vorgesehen. Gegenüber den älteren Standards b und g sind diese Pausen noch einmal verkürzt (RIFS – Reduced Interframe Spacing).

Toleranz und Egoismus

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Ein Prinzip bei der Entwicklung ist ganz klar die Kompatibilität mit bestehenden Funknetzen. So muss sich ein n-Gerät mit einem b- oder g-Funker verständigen können. Es kann dann passieren, dass die Datenübertragung einer langsamen b-Karte ein ganzes Netz ausbremst, weil der schnelle neue Standard darauf warten muss.

Ideal ist ein reinrassiger Verein von n-Funkern, die dann alle Vorteile nutzen können. Diese im Entwurf als Greenfield Mode bezeichnete Betriebsart ist aber nicht zwingend vorgeschrieben.

Stufe 1 mit 300 MBit/s

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Im ersten Schritt geht die IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) von der Nutzung des 2,4-GHz-Bands aus, wie es die Vorgänger b und g tun. Daher ist bei den Ankündigungen auch häufig die Rede von Datenraten von 300 MBit/s.

Der n-Standard soll später auch die höheren Frequenzen im 5-GHz-Band bevölkern, so dass bei gleicher Technik eine weitere Verdopplung auf 600 MBit/s möglich wird. Allerdings ist dann für die volle Geschwindigkeit mit einer geringeren Reichweite zu rechnen, denn die kurzwelligeren Signale bei 5 GHz kommen rein physikalisch nicht so weit wie die mit einer Frequenz von 2,4 GHz.

Zum Greifen nahe

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Die lange Wartezeit auf 802.11n hat indes ihr Gutes. Die großen Chiphersteller haben bereits weitgehend fertige Designs in der Schublade. So überrascht es nicht, dass Atheros, Broadcom und Marvell schon jetzt Draft-n-kompatible Chipsätze liefern können.

Fertige Produkte mit dem Marvell-Chip TopDog hat Netgear für den Juni angekündigt. Zum gleichen Zeitpunkt wollen auch Linksys und D-Link ihre Produktfamilien vorstellen. Buffalo gibt es bisher nur in den USA.

Warten oder kaufen?

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Ungeduldige, denen es nur um möglichst große Reichweite geht, können zugreifen, denn wegen Beamforming haben auch Standard-g-Funker einen (Teil-)Nutzen von der neuen Technik. Wird nur eine einzige Highspeed-Verbindung benötigt, kann sich ein passendes Set aus Router und WLAN-Karte durchaus lohnen, alle anderen Funker unterhalten sich dann per b/g-Standard mit dem Router. Es bleibt jedoch das Risiko, dass ein zukünftiges Firmware-Update doch nicht ausreicht, und der Datenaustausch mit Routern und Funkkarten anderer Hersteller nicht funktioniert.

Für den Highspeed-Modus zwischen Draft-n-Geräten verschiedener Hersteller sind erhebliche Probleme sehr wahrscheinlich. Dann wandelt sich die Turbo-Kombination schnell zu teurem, veraltetem Schrott. Größere Investitionen sollten daher auf jeden Fall bis Anfang 2007 warten.

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