Die Bank für zuhause
Web 2.0 für Banking: Zopa zeigt, was möglich ist

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Die Bank für jeden – eine Gründungsgeschichte

Die Bank für zuhause

Das Startup-Unternehmen Zopa hat sich zum Ziel gesetzt, ein eBay-Äquivalent für Finanzdienste zu werden. Statt Waren zu kaufen und zu verkaufen, verleihen und borgen Zopa-Mitglieder Geld auf Zinsbasis. Zopa selbst profitiert davon über einen geringen Abschlag. James Alexander, Finanzchef, und Tim Parlett, Technologiechef, über ihre Vision im Gespräch mit IT Week (übersetzt für “IT im Unternehmen“).

IT Week: Die meisten Onlinebanken haben etablierte Organisationen im Rücken. Wie ist das bei Zopa?

James Alexander: Ganz klar anders. Zopa wurde von drei Leuten gegründet, die die Onlinebank Egg zu eben diesem Zweck verlassen hatten. Es wurde eine Weile recherchiert, und daraus erwuchs die Idee für Zopa. Zopa-Chef Richard Duvall war derjenige, der die Idee für Egg hatte, und obwohl Egg sich auf das Finanzhaus Prudential stützen konnte, war es eigentlich nur ein kleines Projekt für den Anfang. Finanz-Startups gab es noch kaum welche, weil man dafür natürlich viel Kapital benötigt, und das meiste davon ist gebunden, so wie es die Regeln für Finanzdienstleistungen vorschreiben – und das stellt natürlich eine enorme Barriere für den Anfang dar. Zopa dagegen ist ein Modell, das nur sehr wenig Kapital erfordert.

IT Week: Wie funktioniert das Unternehmen?

Alexander: Alles, was wir tun, ist eine Verbindung herzustellen zwischen Geldgebern und kreditwürdigen Darlehensnehmern, wobei die Vermittlungskosten auf einem Minimum gehalten werden, damit jeder ein besseres Geschäft macht. Der Kundenkreditmarkt ist derzeit der profitträchtigste Bereich im Bankgeschäft – wobei die Banken das große Geld machen. Für die fünf größten britischen Banken sprangen im letzten Jahr etwa 15 Milliarden Euro heraus – allein in Großbritannien, was einem Betrag von etwa 600 Euro für jeden Haushalt entspricht. Das ist reiner Gewinn, nicht Umsatz. Das erklärt auch, warum es sich bei vier der Top-Five aus dem FTSE (Financial Times Stock Exchange) um Banken handelt.

IT Week: Wie kam es zur Idee für Zopa?

Alexander: Wir interessierten uns für Veränderungen im Verbraucher-Verhalten, weil wir ein Geschäft gründen wollten, das in die Zukunft passt, statt irgendetwas zu tun, das einfach schneller oder billiger ist. Wir arbeiteten mit Ethnographen und Sozialwirtschaftlern zusammen, betrachteten die globalen ökonomischen Trends und den Einfluss von Technologie auf die Gesellschaft, den Staat und die Gesetze. Wir haben uns dann sehr für eine Verbrauchergruppe interessiert, die wir Free-Formers nennen – Leute, die sich durch eine gewisse Eigenständigkeit auszeichnen. Sie haben es aufgegeben, sich auf große Organisationen, den Staat oder andere Institutionen zu verlassen. Sie sind tendenziell eher Selbstständige oder haben ein doppeltes Einkommen, und sie wechseln ihre Jobs relativ häufig. Wir haben jetzt in Großbritannien 76.000 Mitglieder aller Alters- und Einkommensgruppen, und die meisten von ihnen suchen nach Alternativen zu den herkömmlichen Modellen des Bankgeschäfts.

Volle Kontrolle?

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IT Week: Zopa wird von der Finanzdienstbehörde Financial Services Authority kontrolliert, aber die Regeln betreffen lediglich den Verkauf von Rückzahlungsversicherungen. Warum decken sie nicht auch das Kerngeschäft ab?

Alexander: Wir wollten kontrolliert werden, es liegt in jedermanns Interesse. Aber wir können nicht wie eine Bank kontrolliert werden, weil wir keine sind. Bevor wir den Betrieb starteten, fragten wir die FSA, was wir eigentlich sind – und bekamen zusammengefasst etwa die Antwort, dass sie mit uns nichts am Hut hätten. Stattdessen meldete sich das “Office of Fair Trading” zu Wort, um uns als Kreditmakler einzustufen und zu behandeln. Wir sind auch allen wichtigen Handelsorganisationen beigetreten, wie Finance and Leasing Association, und Cifas – der britischen zentralen Behörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität.

IT Week: Wie entgeht nun der einzelne Geldgeber den FSA-Anordnungen?

Alexander: Der britische Consumer Credit Act, Vorbild auch für andere Länder, wurde 1974 erlassen, als noch keiner eine Ahnung hatte, dass jemals etwas wie Zopa gegründet werden würde. Darin wird festgesetzt, dass man eine Verbraucherkredit-Lizenz braucht, wenn man a) Geld im Zuge eines Geschäfts verleiht und b) dies mehr als nur gelegentlich tut. Nachdem wir Rechtexperten konsultiert hatten, beschränkten wir die Kapitalhöhe (für den Geldgeber) auf 38.000 Euro. Bei diesem Betrag liegen die Zinsen noch so niedrig, dass rechtlich noch kein “Geldgeschäft” zustande kommt. Aber von Juli an werden wir diese Beschränkung aufheben, sodass jeder Geldgeber, wenn er will, eine Verbraucherkredit-Lizenz erhalten und damit so viel Geld verleihen kann, wie er will.

Verteiltes Risiko

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IT Week: Für den Kreditnehmer ist der Höchstbetrag im Moment auf ca. 22.000 Euro beschränkt. Wird es eines Tages möglich sein, über Zopa eine Hypothek aufzunehmen?

Alexander: Möglicherweise. Wir haben keine konkreten Pläne, aber es besteht eigentlich kein Grund, warum dieses Modell nicht auf andere Bankbereiche ausgedehnt werden könnte, etwa die Aufnahme einer Hypothek, Kreditkartenvergabe, Kapitalverleih ins Ausland, oder auch Versicherungen. Für mich liegt es klar auf der Hand, dass dieses Modell eine Zukunft haben wird.

IT Week: Worin liegt der Unterschied zur US-amerikanischen Startup-Firma Prosper.com?

Alexander: Wir freuen uns, dass es Prosper gibt – das macht es umso deutlicher, dass ein Markt vorhanden ist. Prospers Verdienst ist die Betonung des Gemeinschaftsaspekts. Das Konzept ist sehr nah am Verbraucher. In den nächsten paar Monaten werden wir recherchieren, wie die Kunden ihre Erfahrung mit Zopa bewerten. Aber der Hauptunterschied zu Prosper zum jetzigen Zeitpunkt ist, dass Zopa eine Garantiefunktion übernimmt. Wir arbeiten mit allen drei großen britischen Kreditunternehmen zusammen und bewerten das Risiko bei jedem Darlehensnehmer selbst. Außerdem verteilen wir das Verleihrisiko automatisch auf mindestens 50 Geldgeber. Prospers Modell basiert sagt dagegen auf einem Informations-Sharing mit den Geldgebern, die dann aber ihre eigenen Entscheidungen treffen. Aus unserer Sicht hat Mann von der Straße überhaupt keine Ahnung von Risikobewertung. Mit der Zeit könnte es sich so entwickeln, dass man eine Art Open-Source-Risikobewertung für die Kreditvergabe nutzt, aber das ist im Augenblick noch zu riskant. Unser Standardzins nach 15 Monaten liegt bei weniger als 0,05 Prozent. Zum Vergleich: Für einen Privatkredit bei einer herkömmlichen Bank musste man im vergangenen Jahr trotz des Zinstiefs in Europa einen Standardzins von 5,1 Prozent bezahlen. Wir übernehmen also ein hohes Risiko. Außerdem übernehmen wir eine Garantie im Falle von Verlust durch Identitätsdiebstahl.

Weltweites Business: Der Griff nach den Sternen

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IT Week: Zopa steuert nun zielstrebig den US-Markt an. Wird die Tatsache, dass man in den USA Patente auf Geschäftsmodelle anmelden kann, ein Problem dabei sein?

Alexander: Das haben wir Gott sei Dank schon getan – zumindest für Schlüsselbereiche unseres Geschäfts. Aber jede internationale Expansion ist schwierig, vor allem für ein junges Unternehmen.

IT Week: Es gibt nicht viele britische Startups, die sich dann auf den amerikanischen Markt und schließlich die ganze Welt
vorwagen. Ist diese Reihenfolge möglicherweise dann schwierig, wenn es um den Zugriff auf Risikokapital geht?

Alexander: Wenn wir nicht Briten mit fundierter Kenntnis des heimischen Markts wären, hätten wir wahrscheinlich in den USA begonnen. Als wir im Sommer 2004 Kapital beschaffen mussten, kamen die ersten Gelder von zwei Risikokapitalisten: Benchmark, das auch eBay finanzierte, und eine deutsche Firma namens Wellington Partners, die Alando finanzierte, eine kommerzielle Auktions-Website, die später von eBay übernommen wurde. In ganz Europa wird eine Menge Geld in das IT-basierte Konsumgeschäft gesteckt. Wenn Sie eine gute, solide Sache haben, finden sich schnell Investitionswillige, besonders für die Web 2.0-Idee.

Technik: Klein aber fein

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IT Week: Haben Sie sich bei Ihrem Aufbau von Geschäftsberatern oder IT-Beratern unterstützen lassen?

Alexander: Nein. Wir haben Zopa ganz bewusst als schlankes Unternehmen konzipiert. Als die Onlinebank Egg gegründet wurde, musste man sich selbst ein Zahlsystem zurechtbasteln, jetzt kann man so etwas kaufen. Wir nutzen eine ganze Menge Managed Services, so dass unser Personal nur 25 Vollzeitbeschäftigte zählt. Wir haben nur einen Inhouse-Entwickler, den Hauptjob macht die Firma BJSS. Das wenigste wurde bis jetzt von uns selbst entwickelt, aber wir versuchen, für die Bereiche Skalierbarkeit und internationale Nutzung eigene Konzepte zu entwickeln.

IT Week: Wie sieht Ihre IT-Infrastruktur aus?

Tim Parlett: Alles ist in .NET programmiert. Gehostet wird von der Firma Magex. Uns gehören die Anlagen, Magex verwaltet sie. Wir haben lediglich eine Datenbank mit zwei Webservern, zwei Anwendungsserver und zwei Datenbankserver, die paarweise im Load Balancing betrieben werden. Obwohl wir mehr als 70.000 Anwender haben, gibt es keinerlei Multimedia, sodass die Datenbank nur etwa 4 GByte groß ist. Sie ist skalierbar konzipiert und lässt sich jederzeit aufstocken. Alles ist simpler Standard, Dell und SQL Server. Wir differenzieren nicht bei der Technologie selbst, sondern bei ihrer Nutzung.

IT Week: Wie wird Sicherheit gewährleistet?

Parlett: Die Server stehen in einem sicheren Datenzentrum, alle 6 Monate finden Sicherheitstests statt. Es gibt eine physische Überwachung des Netzwerks, die Eindringlinge aufspürt. Um an die Datenbank zu gelangen, müssen drei Schichten von Firewalls durchdrungen werden. Der physische Sicherheitsaspekt dürfte okay sein.

Alle Login-Sessions laufen über https, Administrations-Sessions müssen vom Backoffice aus getätigt werden. Alle Datenbankvorgänge werden überprüft, nichts wird gelöscht. Über eine Middleware verfolgen wir alle Änderungen, die an der Datenbank vorgenommen werden, und von wem, und halten damit den Status vor und nach den Änderungen fest. Der Prüfpfad ist somit lückenlos. Die logische Sicherheit für das interne Personal entspricht der für den externen Anwender, das heißt es gibt eine Benutzer-ID, Passwortänderungen in regelmäßigen Abständen und rotierende Sicherheitsabfragen. Wir haben im Übrigen von der Geschäftsleitung keinen Zugriff auf den Quellcode der Kernanwendung. Wir können die Website ändern, aber nicht die Anwendung. Seit unserer Gründung sind wir etlichen Betrugsversuchen auf die Spur gekommen, aber es gab noch keine ernsthaften Attacken durch Hacker.

Über Tim Parlett und James Alexander

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Tim Parlett ist Technologiechef und Mitbegründer von Zopa. Er arbeitete zuvor zusammen mit den anderen Zopa-Begründern Richard Duvall und James Alexander bei der Onlinebank Egg – eine der ersten auf dem Markt. Parlett war auch bei JPMorgan als Vizechef im Bereich eCommerce-Strategie sowie im Investment-Banking tätig.

James Alexander ist Finanzchef und Mitbegründer von Zopa. Davor arbeitete er vier Jahre lang bei Egg in den Bereichen Digital-TV, mobile Services und Aggregation Service. Bevor er bei Egg einstieg, war er für LEK Consulting tätig, wo er das Geschäftsmodell für Smile entwickelte – der Internet Bank der britischen Co-Op Group.

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