Bundes-Trojaner ist (fast) fertig

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PC-Anwender sind schon ein undankbares Volk. Da programmieren hochkarätige Spezialisten eine Software, die sich ganz automatisch, unaufdringlich und völlig kostenlos auf dem Desktop installiert – und dann will sie keiner haben. Die Rede ist vom Bundestrojaner, der ungeliebten Schnüffel-Software deutscher Ermittlungsbehörden. Dass der virtuelle Kommissar in Zukunft trotzdem auf so mancher Festplatte sein (Un)wesen treiben wird, dafür dürfte allerdings das von CDU-Mann Wolfgang Schäuble geleitete Bundesinnenministerium sorgen. Ob Deutschland mag oder nicht.

Dem Internet-Portal Netzpolitik.org wurden jetzt nach eigenen Angaben “Dokumente zugespielt”, in denen das CDU-geführte Bundesinnenministerium Fragen beantwortet, die wiederum aus dem SPD-geführten Bundesjustizministerium bzw. der SPD-Bundestagsfraktion gekommen waren.

In dem als PDF veröffentlichten Dokument ist vom Zugriff auf “informationstechnische Systeme” die Rede. Will heißen, der Online-Trojaner soll keineswegs nur Desktop-PCs belagern, sondern möglicherweise auch Smartphones, Notebooks und eigentlich alles, was als Digital Device in der Lage ist, Daten zu speichern. Das Ministerium spricht übrigens von “Remote Forensic Software” (RFS) und nicht von Trojaner.

Interessant ist auch, wie die Software auf den Rechner kommen soll. Offenbar ist nicht geplant, schnell mal einen Trojaner per Mail an Verdächtige zu schicken. Das Szenario sieht vielmehr vor, dass beispielsweise BKA-Beamte zuerst heimlich in die Wohnung eindringen, den PC analysieren und erst später ein individuell angepasstes Überwachungs-Tool aufspielen – bei einem zweiten heimlichen Besuch.

Zudem soll dabei auch gecheckt werden, ob der digitale Schnüffler auch wirklich unbemerkt von den jeweils aktuellen Viren- oder Malware-Scannern bleibt. Die Daten des Nutzers sendet das Tool verschlüsselt an einen Server der Sicherheitsbehörden.

Angesichts dieser zeit- und arbeitsaufwendige Prozedur ist es wenig wahrscheinlich, dass sehr viele Verdächtige observiert werden können. Befürchtungen, dass beispielsweise alle PC-Nutzer per Schnüffelsoftware belauscht werden, die bestimmte Kriterien erfüllen, wie etwa breitbandiger DSL-Anschluss und Kundenkonto bei einem Newsgroup-Provider, sind damit erst mal gegenstandslos. Auch das Ministerium selbst spricht im Dokument von “einer sehr geringen Einsatzhäufigkeit”.

Es sei denn, die Ermittler kämen auf die Idee, eine weniger aufwendige Light-Version der RFS zu fabrizieren, die nicht individuell angepasst werden muss und dann ihren Spionage-Feldzug direkt über Webseiten oder E-Mails antreten könnte. (mto/mr)

( – pcpro.de)

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