PC-Technik der Zukunft
Super-Doping für PCs
Hunger nach Neuentwicklungen
PC-Technik der Zukunft
Mehr, mehr, mehr … Speicher, Leistung, Energie … Die Gier nach Neuem ist nicht so leicht zu befriedigen. Kaum wurde ein technischer Fortschritt gemacht, steigen schon die Anforderungen und machen weitere Neuentwicklungen nötig. Die Arbeit der Forscher ist ein Wettlauf gegen den Bedarf des Marktes, der unablässig Innovationen konsumiert.
Einblicke in die Labore der Forscher und Entwickler zeigen, was heute technisch machbar ist und morgen schon im PC stecken kann. Von der 350-GHz-CPU bis zur 50-Terabyte-DVD: IT bleibt spannend.
Magneto-Arbeitsspeicher
PC-Technik der Zukunft
Mit Magnetoresistive Random Access Memory (MRAM) schickt sich eine neue Speichertechnologie an, den Arbeitsspeicher-Markt zu erobern. Statt Daten per elektrischer Ladung zu speichern, sichert MRAM den Ein/Aus-Zustand der Bit-Zelle magnetisch. MRAM bietet zwei entscheidende Vorteile: Erstens gehen die Daten nicht wie bei Flash-Speichern verloren, wenn kein Strom fließt. Hersteller Freescale verspricht eine Mindesthaltbarkeit der Daten von zehn Jahren ohne Strom. Zweitens erreicht MRAM wie eSRAM schnelle Schreib-/Lese-Zugriffszeiten von 35 Nanosekunden und ist damit Flash-Speichern in der Geschwindigkeit überlegen.
Damit sind zukünftig Ultra-Ready-PCs möglich, die das Betriebssystem im MRAM vorhalten, das beim Einschalten des PC sofort nutzbar ist. Freescale denkt jedoch zunächst an MP3-Player, PDAs, Handys, Digicams und Camcorder. In PCs sollen MRAM-Bausteine das klassische RAM ersetzen, um die Rechner ausfallsicherer zu machen.
Keine Zukunftsmusik: 4-MBit-MRAMs werden unter der Bezeichnung MR2A16A in der Semiconductor-Fabrik in Arizona bereits eifrig produziert. Die Speicher verkraften Temperaturen von null bis 70 Grad Celsius und erwarten eine Stromversorgung von 3,3 V. Die Zugriffskontrolle kann über einen 8- oder 16-Bit-Bus erfolgen. Inputs und Outputs sind TTL-kompatibel (Transistor-Transistor-Logic).
www.freescale.com
Die 50.000-Gigabyte-DVD
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Es klingt wie Science Fiction, könnte aber schon in zwei Jahren gang und gäbe sein: Genetisch manipulierte Bakterien produzieren Proteine, die als DVD-Beschichtung gigantische Speichervolumen bis zu 50 Terabyte ermöglichen. Ein US-Forscherteam um Prof. Vencatesan Renugopalakrishnan hat an der Harvard Medical School in Boston die Grundlage solcher Speichermedien gefunden: Das Protein Bacteriorhodopsin (bR) reagiert auf Licht, indem es für gewisse Zeit seine Farbe und Molekularstruktur einzigartig verändert. Die Forscher haben die DNS der Salzwasser-Mikrobe Halobacterium salinarum, die das Protein produziert, so verändert, dass der Zwischenzustand nicht mehr nur Stunden oder Tage, sondern viele Jahre stabil bestehen bleibt. Der Urzustand des Proteinmoleküls entspricht der Null, die veränderte Struktur der Eins. So wird das Protein als digitaler Speicher nutzbar. Die Forschungsergebnisse wurden auf der ICONN 2006 (International Conference on Nanoscience and Nanotechnology) vorgestellt.
An Prototypen der Protein-DVD wird bereits in Kooperation mit NEC gearbeitet. Insider rechnen mit einem Marktstart schon in zwei Jahren. Voraussichtlich aber zunächst mit einer kleinen DVD mit maximal 4 Terabyte Volumen. Renugopalakrishnan selbst hält 50 Terabyte für realistisch. Das entspräche knapp 11 000 DVD-5-Medien oder über 50 000 Gigabyte Speicherkapazität auf einer Scheibe.
Damit scheinen die von TDK angekündigten Mega-Blu-Ray-DVDs mit 200 GByte Kapazität ins technische Abseits zu geraten. Doch über den Erfolg der Protein-DVDs wird erst entscheiden, wie haltbar, licht- und temperaturbeständig diese sind.
http://hms.harvard.edu
Nano-Festplatten
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Seagate will Festplattenkapazitäten heute gängiger Größen verzehnfachen. Dazu muss der Schreib-/Lesekopf näher an den Platter herangeführt werden als bisher, so dass Datenbits präziser angesteuert werden können. Berührungen von Schreib-/ Lesekopf und der Oberfläche des Platters sind dann nicht mehr auszuschließen, sondern sogar wahrscheinlich. Deshalb schützt eine ultradünne, widerstandsfähige Schicht aus Nanotubes die Oberfläche der magnetischen Speicherschicht, die selbst nur zwischen zwei und 50 Nanometer dick ist. Nanotubes sind molekulare Röhrchen, die so winzig wie ein Zehntausendstel eines Haares oder bis zu 3 Angström (0,3 Nanometer) sein können.
Größere Datendichten auf dem Platter werden zudem durch die präzisere und verdichtete Anordnung der magnetischen Speicherpartikel erreicht. Dazu müssen Teile der Beschichtung mit einem Laser, der neben dem Schreib-/Lesekopf sitzt, erhitzt werden. Durch die Hitze verdampfen aber auch Teile der Schutzschicht. Zwar können die Nanotubes automatisch die entstandenen Lücken binnen einer Umdrehung der Festplatte ausfüllen, wenn sie einem bestimmten Druck ausgesetzt sind.
Dennoch bleibt die Haltbarkeit begrenzt, denn die Festplatten verfügen nur über Nanotube-Mengen für fünf bis zehn Jahre. Wann die neuen Festplatten auf den Markt kommen, bleibt noch ungewiss und hängt sicherlich von Bedarf und Rentabilität ab.
www.seagate.com
3D-Projektion @ Home
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Erinnern Sie sich, wie Tom Cruise im Film Minority Report vor einem großen Display steht und per Handgesten wild am Browsen ist? Gestern noch Fiktion, heute schon Realität. Microsoft Research hat eine solche Technik (Codename Touchlight) entwickelt, die Lizenznehmer EON Reality jetzt in ein Produkt umsetzt. Dabei wirft ein Projektor das 3D-Bild per Rückprojektion auf eine halb durchlässige schräge Scheibe. Dadurch scheinen die Objekte frei im Raum zu schweben.
Drei Kameras erfassen die Handgesten des Benutzers und setzen diese auf die Projektion um. So lassen sich virtuelle Objekte interaktiv beeinflussen, etwa bewegen, zoomen und bearbeiten. Erste Einsatzgebiete für Touchlight werden wohl die Industrie (Automobil, Luft- und Raumfahrt) sowie die Werbung sein, etwa in Form von Displays in Verkaufsräumen von Autohändlern.
In etwa drei Jahren soll die Technik dann aber auch bereit für den Einsatz am Heim-PC sein. Dabei will es EON Reality aber nicht belassen: Im Rahmen des IVRC (Interactive Visualization and Research Centre) entwickelt die Firma bereits eine zimmergroße Virtual-Reality-Umgebung, die den Holodecks aus Star Trek nachempfunden ist.
www.eonreality.com
480 MBit/s für Ihr Handy
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Drahtloser Multimedia-Genuss auf Mobilgeräten beschränkt sich derzeit noch auf frühzeitliche Ruckel-Ästhetik. Infineons neuer Dual-Band-UWB-RF-Transceiver soll dem Geruckel den Garaus machen. Der Funkchip für Ultrawideband schafft bis zu 480 MBit/s auf eine Distanz von zwei Metern und bis zu 110 MBit/s auf zehn Meter. Er erlaubt schnelle Kopieraktionen und Videogenuss im Heimnetzwerk oder in kleinen öffentlichen Netzen. So funken Sie beispielsweise mit Ihrem Camcorder das Video 1:1 kabellos und in Echtzeit zum TV oder PC, während der Mini-MP3-Player die Musik auf die Hi-Fi-Anlage beamt.
Der CMOS-Chip, der dies möglich macht, funkt von 3 bis 5 GHz sowie von 6 bis 9 GHz und soll den neuen Standard I
EEE 802.15.3a unterstützen. Erste Muster des stromsparenden UWB-Funkchips, der speziell für Mobilgeräte wie Handys, PDAs, MP3-Player und Digicams konzipiert wurde, erwarten Insider für Mitte 2007. Die Serienproduktion könnte Ende 2007 anlaufen. Infineon rechnet damit, dass UWB-RF dann bald verdrahtete Verbindungen im Heimnetzwerk komplett ablöst.
www.infineon.de
Virtuelle Telekinese
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Telekinese ist die Fähigkeit, allein per Gedanken Kraft auszuüben. Dass sich nicht allein die Jedi-Ritter aus Star Wars zum Psychokinetiker eignen, beweist Cyberkinetics mit dem Braingate Neural Interface System. Hier registriert ein auf dem Bewegungszentrum des Gehirns implantierter Sensor die elektrischen Impulse der Neuronen und überträgt diese an eine Software. Diese interpretiert die Daten und leitet sie über einen elektronischen Transmitteraufsatz an einen PC weiter. So lassen sich etwa Cursor, virtuelle Tastaturen oder einfache Spiele durch Gedanken nutzen. Sind einmal Licht, Heizung und Fernseher an Braingate angeschlossen, könnten etwa Gelähmte wieder mit ihrer Umgebung interagieren.
Werden die Neuronensignale noch präziser entschlüsselt und Sensoren entwickelt, die keinen chirurgischen Eingriff erfordern, könnten in naher Zukunft etwa PCs, Fahrzeuge und Bankautomaten komplett per Gedanken kontrolliert werden.
www.cyberkineticsinc.com
Gedruckte Mega-Displays
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Träumen Sie manchmal vom hochauflösenden Filmabenteuer im Maßstab 1:1 auf der Wandtapete? Mit den klassischen Flachbildschirmen ist dies wegen der auf Polylithographie basierenden teuren Produktionsweise kaum realistisch. Anders sähe es aus, wenn sich die neue Entwicklung des PARC (Palo Alto Research Center) durchsetzt.
Hier wurde ein Verfahren entwickelt, bei dem ein polymerer, halb leitender Kunststoff in einer Flüssigkeit aufgelöst und zu einer Tinte verarbeitet wird. Da der Plastik-Halbleiter elektronische Eigenschaften besitzt, lässt er sich für die Herstellung von Displays nutzen. Auf ein flexibles Substrat ausgegeben, kann eine spezielle Polymerverbindung so auch kostengünstig Transistoren drucken, die zusammen mit integrierten Metallen und Isolierstoffen die Basis etwa einer Videotapete darstellen. Zwar existiert am PARC bereits ein Prototyp des gedruckten Display-Schaltkreises, bis es aber endgültig fertige Produkte gibt, ist noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig.
www.parc.com
Top-Takt: Terahertz-CPUs
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Eine ultraschnelle CPU mit über 500 GHz Taktfrequenz haben IBM und Georgia Tech bereits vorgestellt. Die SiGe-Chips (Silizium-Germanium) müssen derzeit jedoch noch mit flüssigem Helium auf Minus 268,5 Grad Celsius gekühlt werden – zu kalt für den Einsatz im Wohnzimmer. Doch bei Zimmertemperatur takten die integrierten Schaltkreise immerhin mit 350 GHz. Das ist das Hundertfache derzeitiger Standard-CPUs. Neben den Labortests zeigen Simulationen, dass selbst bei Raumtemperatur auch Taktfrequenzen im Terahertz-Bereich machbar sind.
John B. Cressler, Professor für Computer Engineering bei Georgia Tech, rechnet fest damit, dass die Highperformance-Chips nach Ende der Entwicklungsphase schnell Einzug in den Massenmarkt halten werden. Dafür könnte auch die kostengünstige Herstellung sorgen, die Low-Cost-Standardprozesse in der IC-Produktion nutzt.
Der aktuelle Prototyp entstammt der vierten Generation SiGe-Halbleiter, die IBM auf 200-Millimeter-Wafern produziert. Die Forscher bei Georgia Tech werden unterstützt von IBM und NASA. Sie planen schon jetzt, die Super-CPUs für eigene Entwicklungen zu nutzen.
www.gatech.edu
www.ibm.com
Moleküle als Speicher
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Trotz gigantischer CPU-Performance: Die Zeit der silikon-basierten CMOS-Technologie nähert sich dem Ende. Laut IBM-Forschern sind in etwa zehn Jahren die physikalischen Grenzen mit 10 Nanometer kleinen Elementen erreicht. Dass dieses Limit der Schaltkreis-Miniaturisierung schon zu überwinden ist, hat jüngst ein Forscherteam um Heike Riel und Emanuel Lörtscher am IBM-Forschungslabor Zürich bewiesen. Ihnen ist es gelungen, ein einzelnes Molekül als Datenspeicher zu verwenden.
Das Molekül in der Größe von etwa 1,5 Nanometern, also des 1,5fachen eines millionstel Millimeters, lässt sich mechanisch einfangen und durch einen elektronischen Impuls in zwei dauerhafte Zustände schalten, die der 0 und 1 des Binärsystems entsprechen.
Die Methode dahinter nennt sich MCBJ (mechanically controllable break-junction, also mechanisch kontrollierbare Bruch-Weiche). Dabei wird eine metallische Nanobrücke auf einem isolierenden Substrat aufgebrochen, wobei zwei Elektroden mit atomaren Spitzen entstehen. Die Lücke wird auf den Picometer (ein tausendstel Nanometer) genau kontrolliert. Nun werden organische Moleküle mittels einer Lösung zugegeben, von denen eines in der Lücke zwischen beiden Elektroden gefangen wird und die Nanobrücke schließt. Durch Anlegen einer Spannung ist dieses Molekül dauerhaft in die Schaltzustände Ein und Aus zu versetzen. In einem Experiment mit über 500 Schaltzyklen binnen Mikrosekunden haben die Forscher bewiesen, dass einzelne Moleküle als binäres Speicherelement nutzbar sind.
Bevor Molekülspeicher Einzug in unsere Wohnzimmer-PCs halten, wird jedoch zunächst die CMOS-Technologie ausgereizt. Chip-Strukturen (derzeit bei etwa 40 Nanometer) werden unter die 20-Nanometer-Grenze fallen, bevor sie dann ihr physikalisches Limit bei 10 Nanometern erreichen. Allerdings forschen Riel und Lörtscher auch an alternativen Technologien wie Carbon-Nanoröhrchen, halb leitenden Nanodrähten sowie Spintronics qu-Bits (spin-based electronics quantum-bits). Die Zukunft bleibt also spannend.
www.zurich.ibm.com