INQ-Interview: Novell über den Microsoft-Deal
“Das setzt Red Hat unter Druck”
INQ: Was war Ihre unmittelbare Reaktion auf die Abmachung?
TF: Mir gefiel Steve Ballmers Bemerkung, niemand hätte sich das vorstellen können, dass es jemals so weit kommt. Aus einer Perspektive der Open-Source-Gemeinde würde ich sagen: Nichts kann uns jetzt noch aufhalten. Die Bewegung wurde bereitwillig angenommen durch eine der letzten Bastionen, Microsoft. Wir konnten Geschäfte machen mit IBM, HP, Dell, aber jetzt gehört auch Microsoft dazu.
INQ: Schon irgendwelche Reaktionen von Benutzern?
TF: Wir hatten den ganzen Abend hindurch Anrufe. Ich bin einer, der gern draußen auf dem Feld ist. Kunden haben angerufen und gesagt: Jetzt können wir einen Open-Source-Partner auswählen, und wenn wir Suse Linux wählen, dann sind wir vollständig frei und nicht belastet von Befürchtungen bezüglich geistigen Eigentums.”
INQ: Open-Source-Anbieter haben aber doch schon immer argumentiert, dass es keinen Anlass gibt zu echten Befürchtungen wegen der Eigentumsrechte …
TF: Es gab immer die Geschichte mit dem Schwarzen Mann. Wir fanden es ganz in Ordnung, weiter unseren Weg zu gehen, und jetzt gibt es überhaupt keine Grauzone mehr. In Vorstandsetagen wird bei jedem Projekt stets über mögliche Risiken diskutiert, also haben wir eine weitere Barriere niedergerissen.
INQ: Viele Anbieter-Bündnisse bringen kaum etwas. Was soll hier anders sein?
TF: Wir alle fühlen uns ein bisschen wohler, da Microsoft einen Schritt nach vorn macht und die Interoperabilität mit Open Source neu organisiert. Wir haben eine Vereinbarung mit Microsoft für fünf Jahre. Das ist nicht kurzfristig, und Sie werden innerhalb von 60 Tagen weitere Einzelheiten durch die (regulatorische) Anmeldung bei der SEC erfahren. Es wird finanzielle Leistungen für beide Firmen geben.
INQ: Ist das ein Gewinn für die Gemeinschaft oder ein Sieg von Novell über Red Hat?
TF: Wir denken immer zuerst an die Kunden und dann an die Gemeinschaft, aber ich würde sagen, es ist ein Vorteil im Wettbewerb.
INQ: Aber es kommt oft zu einer Folgeaktion bei solchen Abmachungen, wenn der große Anbieter sich darum kümmert, wie es am Gartenzaun zu der anderen Firma aussieht, die von der Allianz betroffen ist. Wird es als nächstes ein Bündnis zwischen Microsoft und Red Hat geben?
TF: Das setzt Red Hat ziemlich unter Druck, und daran wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern.
ING: Die Geschichte mit der Virtualisierung ist spannend. Heißt das, Sie werden Xen durch Microsofts Viridian-Virtualisierungscode in Suse Linux ersetzen?
TF: Es wird ein Softwarelabor für Virtualisierung geben, und die beiden Teams kommen sich dann näher. Wir werden einen Weg finden, um das zu unterstützen, was Microsoft mit der Virtualisierung macht. Wir sehen da keinen Konflikt (mit gegenwärtigen Strategien).
INQ: Wie sieht es aus mit OpenOffice, Microsoft Office und Dokumentenformaten?
TF: Es gibt immer diesen Kampf um die gute Interoperation. Wir glauben, dass wir mit dem Dokumentenaustausch besser fahren. Wir haben in der Vergangenheit gelernt, dass das keine Gefahr für die eine oder andere Firma ist. Wir gehen damit zur nächsten Ebene, und das wird allen nützen. Religionskriege sind nicht produktiv und gehören der Vergangenheit an. (Martin Veitch/bk)