Lizenzen im WebOpen-Source-Verträge

Open SourceSoftware

Was sind Lizenzen?

Lizenzen im Web

Haben Sie schon Open-Source-Lizenzen eingesetzt? Die Antwort wird sicherlich bei den meisten Lesern Ja lauten – sei es der Apache-Webserver, MySQL oder PHP. Dazu kommt meist noch ein Open-Source-CMS, ein Blog oder irgendeine andere Web-Anwendung. Und natürlich zählen auch Linux und Open Office zu den unter Webdesignern und -Entwicklern häufig verwendeten Open-Source-Produkten.

Bei der zweiten Frage sind sicherlich nicht mehr so viele Ja-Stimmen zu erhaschen: Haben Sie schon jemals die Lizenz eines dieser Produkte gelesen?

Eine Lizenz ist nichts anderes als ein Vertrag zwischen dem Lizenzgeber und dem Lizenznehmer, bei dem der Lizenzgeber dem Lizenznehmer bestimmte Nutzungsrechte an eigentlich urheberrechtlich geschützter Software überlässt. Dazu kann das Nutzungsrecht, das Recht auf Weitergabe, auf Veränderung der Quellcodes und Dateien, das Recht auf Weitergabe der geänderten Codes und das Recht auf Einbinden von Code in andere Software enthalten sein. Wie bei jedem Vertrag ist die Gestaltungsfreiheit sehr groß. Grenzen werden nur durch die jeweilige Gesetzgebung gezogen. In Deutschland kann ein Urheber beispielsweise sein Urheberrecht selbst nicht abtreten – er tritt nur Verwertungs- und Nutzungsrechte ab.

Open-Source-Lizenz?

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Was aber macht eine Lizenz zu einer Open-Source-Lizenz? Die gängige Definition der Open-Source-Initiative (OSI) definiert eine Reihe grundlegender Rechte, die in der Lizenz enthalten sein müssen, um Software und die zugehörige Lizenz als Open Source zu bezeichnen: Die Software darf für beliebige Zwecke verwendet werden, der Quellcode muss einsehbar sein, damit man herausfinden kann, wie die Software funktioniert. Die Software muss uneingeschränkt an andere weitergegeben werden können, und die Software muss verändert und verbessert werden dürfen. Die Änderungen müssen außerdem an Dritte weitergegeben werden dürfen.

Unter diese Bedingungen fallen Software-Varianten wie Shareware oder sogar Freeware nicht. Dort fehlen meist die Offenlegung des Quellcodes und auch die Rechte zur Weitergabe. Eine wenn auch feinere Abgrenzung gibt es auch zum Begriff freie Software. Er wurde von Richard Stallman Mitte der Achtziger begründet. Unter freier Software fasst Stallman nicht nur die für Open-Source-Software notwendigen Rechte zusammen, sondern er kämpft auch dafür, frei als Freiheit zu begreifen. Demnach gehört aktuell zu seinen Lieblingsfeinden das Digital Rights Managment (DRM) in jeder Form. Außerdem ist die von ihm gegründete Organisation Free Software Foundation (FSF) ein erbitterter Gegner von Software-Patenten. Die 1985 gegründete FSF hat mittlerweile sogar einen europäischen Ableger, die FSF Europe. Die finanziellen Mittel fließen heute kaum mehr in die Entwicklung von Projekten wie dem von Stallman begründeten GNU-Projekt, sondern in die Vermarktung und den Rechtsschutz von freier Software.

Für die Open-Source-Lizenzen hat Stallman mit seiner GPL, der GNU General Public License, den Grundstein gelegt. Motiviert wurde er dadurch, dass Software lange Zeit im Quellcode ausgeliefert wurde. Als dies Anfang der Achtziger immer seltener der Fall war und die Nutzer per Lizenzen von der Weiterverbreitung abgehalten wurden, reagierte Stallman und schuf die noch heute geltenden Grundlagen für die Open-Source-Bewegung.

Lizenzen

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Die Zahl der unterschiedlichen Open-Source-Lizenzen bewegt sich bereits oberhalb der 200er-Marke. Es ist schwer, in diesem Gestrüpp noch die Übersicht zu wahren. Einen Überblick gewinnen Sie unter www.opensource.org/licenses. Hier sind alle Lizenzen versammelt, die der Definition der Open-Source-Initiative gerecht werden.

Welche Lizenzen besonders populär sind, verraten beispielsweise die Statistiken von großen Open-Source-Software-Portalen wie Sourceforge. Hier führt eindeutig noch die von Richard Stallman ursprünglich entwickelte GPL. Sie ist mittlerweile in Version 2 seit fünfzehn Jahren im Einsatz.

Aktuell ist die dritte Version, GPLv3, in Arbeit. Sie wird dabei ähnlich wie Standards beispielsweise beim W3C in verschiedenen Stufen, so genannten Drafts, entwickelt. Besonders strittig ist in Version 3 die Aussage, dass die Lizenz unvereinbar mit DRM-Methoden ist. Dagegen haben sich auch anerkannte Mitglieder der Open-Source-Gemeinde wie Linux-Begründer Linus Torvalds ausgesprochen.

Copyleft

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Das Besondere an der GPL ist das starke Copyleft. Das bedeutet, wenn ein Stück des Quellcodes, der unter GPL steht, weitergegeben wird, bleibt er unter der GPL. Wird er in eine andere Software integriert oder wird beliebiger anderer Code darin integriert, steht dieser Code auch automatisch unter der GPL. Die GPL wird deswegen auch als viral oder infizierend bezeichnet: Sie zwingt jeden, der die Software verändert, wieder die GPL zu verwenden. Dieser starke Schutz macht bei Systemen wie Typo 3 nicht viel aus, da sowieso niemand auf die Idee käme, diese Content-Management-Systeme mit anderer Software zu kombinieren und das Ganze unter eine andere Lizenz zu stellen. Im Falle des CMS Joomla gab es sogar eine Abspaltung vom Mambo-Projekt – diese war aber unproblematisch, da sowohl Mambo als auch das neu begründete Joomla unter der GPL stehen.

Bei anderen Projekten ist die GPL allerdings problematisch. Beispielsweise stand PHP bis Version 3 unter einer Dual-Lizenz, sowohl GPL als auch PHP-Lizenz. Für Version 4 haben die PHP-Entwickler Zeev Zuraski und Andi Gutmans allerdings die Firma Zend gegründet, die die Zend Engine, die Basis der neuen PHP-Versionen, entwickelt. Diese Engine wird dem PHP-Projekt zwar zur Verfügung gestellt, soll aber nicht unter die GPL fallen. Deswegen gibt es für PHP eine eigene PHP License, die das Copyleft der GPL einschränkt. Wer denkt, dass das PHP-Projekt auch deswegen nicht die GPL verwendet, weil sonst alle PHP-Skripts infiziert werden, irrt. PHP ist als interpretierte Technik nur eine technische Basis für PHP-Skripts, nicht aber Teil dieser Skripts. Deswegen würden PHP-Skripts auch dann nicht automatisch unter die GPL fallen, wenn PHP unter der GPL stünde.

Aus ähnlichen Gründen wie das PHP-Projekt besitzen auch viele andere Projekte wie Mozilla und Apache eigene Lizenzen oder Lizenzsammlungen. Meist ist das Ziel der eigenen Lizenzen vor allem, patentgeschützte Software integrierbar zu machen. Das Mozilla-Projekt bietet allerdings seinen Code ohne solche Software noch in einer GPL-Variante. Und auch die Lizenzen unterscheiden sich untereinander deutlich in der Stärke: Die gebräuchlichste der Apache-Lizenzen hat beispielsweise kein Copyleft, die Mozilla-Lizenz dagegen sehr wohl.

Neben den Lizenzen, die sich für bestimmte Techniken gebildet haben, gibt es auch noch einige andere populäre Open-Source-Lizenzen. Eine Lizenz im Prinzip ohne Copyleft ist die BSD-Lizenz. Sie hat einen großen Wandel hinter sich und taucht heute mit zwei, drei oder in veralteter Form mit vier Paragrafen auf. Die letztgenannte ist die deutlich schwächste und wird deswegen unter anderem von der Free Software Foundation kritisiert.

Aber auch die GPL gibt es in abgeschwächter Form als LGPL (Lesser General Public License). Sie war ursprünglich für Programmierbiblioth
eken gedacht. Der Sinn ist, dass Programmbibliotheken nicht zwangsläufig den darauf basierenden Quellcode mit der eigenen Lizenz infizieren sollten. Bei der GPL würde dies aber geschehen, ganz gleich ob die Bibliothek mitkompiliert oder nur verlinkt wird. Bei der LGPL wird bei einer Verlinkung auf die Infizierung verzichtet. Die Mitkompilierung ist allerdings nicht erlaubt – dafür müssten Sie eine Copyleft-freie Lizenz wie die BSD verwenden.

Creative Commons: Angepasst

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Von einigen Lizenzen, unter anderem von der GPL, gibt es deutsche Übersetzungen. Allerdings sind diese meist nicht die bindende Variante. Eine Ausnahme ist Creative Commons, ein Projekt, das auch Lizenzen wie die GPL anpasst. Die GPL bleibt an sich erhalten, allerdings gibt es einen so genannten Commons Deed – eine allgemeinverständliche Version -, die zwar nicht rechtlich bindend ist, aber die Lizenz leichter verständlich macht. Außerdem werden das Creative-Commons-Logo und der HTML-Code zur Verfügung gestellt, um die spezielle GPL-Version einzufügen. Das normative Original bleibt allerdings trotzdem die englische Variante der GPL.

Das Creative Commons-Projekt kann allerdings noch wesentlich mehr. Unter creativecommons.org/license finden Sie ein Formular zur Lizenzwahl, wenn Sie eigene Werke unter Lizenz stellen möchten. Das Projekt hat seinen Ursprung in den USA, wurde 2001 gegründet und wird von mehreren großen Universitäten unterstützt. Das Ziel sind nicht nur Lizenzen für Software, sondern auch Lizenzen für jede andere Art von urheberrechtlichem Werk. Die Theorie hinter den zusammenklickbaren Lizenzen ist, dass es mehr gibt als nur »alles frei« und »alles beschränkt«. In dieser Grauzone will das Creative-Commons-Projekt einfach verständliche Lizenzen bieten. Motiviert und angelehnt ist diese Arbeit an die FSF und die GPL – insofern ist die GPL im Creative-Commons-Kleid auch eine logische Wahl gerade für deutsche Open-Source-Entwickler.

Allerdings gibt es auch viele andere Variationen. Neben dem Zusammenklicken von Weitergabe (Attribution), Bearbeitungserlaubnis (Derivation), Copyleft (hier Sharealike) und kommerzieller oder nicht kommerzieller Weitergabe (Noncommercial), haben Sie die Wahl aus diversen Paketen: Wiki für eine Website mit einem Wiki, Music Sharing für die Weitergabe von Musik und CC-GNU GPL und CC-GNU LGPL mit den oben schon erwähnten Creative-Commons-Varianten der bekannten GPL- und LGPL-Lizenzen. Die stärkste Freigabe bei Creative Commons ist Public Domain, bei der Sie sich keine Rechte vorbehalten. Zu diesen und zu allen exotischeren Lizenzen, beispielsweise der Developing Nations für die Freigabe nur in Entwicklungsländern, gibt es jeweils eine recht ausführliche Erläuterung und ein Beispiel.

Fazit

Lizenzen im Web

Haben Sie schon nachgesehen, unter welcher Lizenz die Open-Source-Produkte stehen, die Sie in Ihren Projekten einsetzen? Wenn ja, hat dieser Artikel ein Ziel auf jeden Fall erreicht: Bewusstsein zu schaffen, dass Open-Source-Software nicht einfach kostenlos ist, sondern bestimmten Bedingungen unterliegt. Gerade für das Web hatte und hat Open-Source-Software so große Bedeutung, dass kein Webdesigner oder -Entwickler diejenigen vergessen sollte, die die jeweilige Software entwickelt und unter Lizenz zur Verfügung gestellt haben.

Das zweite Ziel ist erreicht, wenn Sie sich bei eigenen Open-Source-Ambitionen oder auch bei der Weitergabe und Veränderung von Open-Source-Programmen intensive Gedanken über die Lizenzen machen. Eine Rechteverletzung ist hier schnell geschehen und wenig ist peinlicher, als bei www.gpl-violations.org oder ähnlichen Sites aufzutauchen. Noch unangenehmer wird es, wenn man sich wie aktuell ein bekannter deutscher Verlag in einer Rechtsstreitigkeit verwickelt sieht.

Der dritte Punkt ist, dass Sie sich selbst auf den Weg begeben und eine Lizenz auswählen können. Gerade Creative Commons ist hier dies- und jenseits der klassischen Software eine gute Anlaufstelle. Aber natürlich sind auch die Klassiker wie GPL oder LGPL eine denkbare Wahl.

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