Fördert die IT-Industrie die globale Erwärmung?
Der Wirrwarr in Energiestandards muss ein Ende haben
Ende mit dem Konsens
Fördert die IT-Industrie die globale Erwärmung?
Im vorigen Monat nahm ich an einer Debatte über die Energieeffizienz im IT-Bereich teil, die gleichermaßen ermutigend wie enttäuschend war.
Ermutigung kam in Form eines Gremiums, dem leitende Angestellte von Unternehmen wie Intel, HP und Capgemeni angehörten und die sich für die dringende Notwendigkeit aussprachen, die Energieffizienz der IT-Ausrüstung zu verbessern. Der Energieverbrauch der Computertechnik mache zurzeit ein Prozent des Energiebedarfs der ganzen westlichen Welt aus – das ist nicht wenig. Diese Anbieter waren sich einig, dass Standards zum Messen und Vergleichen der Energieeffizienz ihrer Produkte erforderlich sind, wenn sie den Energieverbrauchs der Kunden wirklich reduzieren wollten.
Aber damit waren wir dann schon am Ende mit dem Konsens: Jeder stimmte zwar zu, dass Standards notwendig sind, um das gegenwärtige Durcheinander zu entwirren. Denn jeder behauptet, seine Produkte verfügten über die höchste Energieffizienz – und alle verwenden unterschiedliche Logos und Messvorgaben für das Messen der Effizienz. Nun waren die Hersteller sich also alles andere als einig, wie diese Standards denn nun entwickelt werden sollen.
Industrienorm oder Gesetzesvorgabe für IT-Energieverbrauch?
Fördert die IT-Industrie die globale Erwärmung?
Gordon Graylish von Intel bestand darauf, dass deren Entwicklung von der Industrie ausgehen sollte, und dass Regierungen sich darauf beschränken sollten, “Ziele” vorzugeben – und nicht strenge Regeln. “Es hat nicht viel Zweck, eine Regel aufzustellen, die besagt, dass ein Gerät im Standby-Modus nur 4 Watt verbrauchen darf, wenn ich es dann nicht zum Laufen kriege, weil mir die Energie dazu fehlt”, argumentierte er.
Catriona McAllister von AEA, einem Beratungsunternehmen für Umweltfragen, wies jedoch darauf hin, dass das Etikettierungssystem mit dem Energy Star vielleicht den erfolgreichsten Energiestandard auf dem Markt darstellt, dass dieser aber von der amerikanischen Umweltbehörde festgelegt wurde und auch eine EU-Norm dazu existiert.
An diesem Punkt und angesichts der Verwirrung, der sich die Industrie bei der Lösung ausgesetzt sieht, stellte ich die Frage, ob die IT-Anbieter tatsächlich ein Eigeninteresse daran hätten, einen Standard zu verhindern. Das ganze Gremium wies dies vehement von sich und bestand darauf, dass die Industrie sich verzweifelt um Klarheit bemühe und zahlreiche Normungsgremien und Anbieter wirklich alle Anstrengungen unternähmen, einen Standard zu entwickeln.
Nun bezweifle ich ja nicht ihr Engagement, bin aber nicht sicher, dass die gesamte Industrie den Wunsch nach Klarheit teilt. Tatsache ist doch, dass ein internationaler Standard, der den Kunden gestattet, die Energieeffizienz der Hardware zu vergleichen und gegenüberzustellen, nur den wenigen Anbietern von Nutzen sein wird, die die effizientesten Systeme herstellen. Das wäre toll für die Kunden, die nunmehr leichter die Produkte wählen könnten, die ihre Stromrechnungen schrumpfen lassen. Die Anbieter würden versuchen, sich auf der Suche nach effizienteren Systemen gegenseitig technologisch zu überbieten. Aber diejenigen Anbieter, die eher Mitläufer denn Anführer im Rennen um effizientere Technologien sind, werden schwere Einbußen erleiden.
5 vor 12 für IT-Hersteller
Fördert die IT-Industrie die globale Erwärmung?
Die Tatsache, dass der Energy Star nun schon 10 Jahre besteht, aber noch immer nur über begrenzte Zugkraft verfügt; die Tatsache, dass so wenige Anbieter bereit sind, Konkurrenzprodukte in Augenschein zu nehmen, die unabhängig getestet wurden; und die Tatsache, dass jeder Anbieter zurzeit seinen eigenen Standard entwickelt, den er kaum bereitwillig aufgeben wird – all das deutet darauf hin, dass die Aussage, Standards einführen zu wollen, einige Firmen nicht davon abhalten mag, das gegenwärtige Durcheinander zu favorisieren.
Man sollte sich darüber im Klaren sein: Eine standardisierte Messung und Vorgabe für die Energieeffizienz, die von allen Anbietern weltweit unterstützt wird, ist vielleicht der größte Beitrag, den die IT-Industrie leisten kann, um der globalen Erwärmung zu begegnen und den Kunden zu helfen, ihre Stromrechnungen drastisch zu senken.
Die Kunden wollen diesen Standard, die Regierungen wollen ihn, und die Hersteller sagen, dass sie ihn wollen.
Es gibt tausende von Gründen, weshalb die Entwicklung eines Standards schwierig ist. Aber ich weigere mich zu glauben, das wir es hier mit unüberwindliche Problemen zu tun haben. Für die Hardware-Anbieter ist es 5 vor 12. Sie müssen ihren Worten Taten folgen lassen und sich auf einen international vereinbarten Standard festlegen – und zwar schnell.