HD-Kopierschutz
Der AACS-Gau
Lässt sich AACS knacken?
HD-Kopierschutz
Es sollte das Kopierschutzverfahren der Zukunft werden: AACS (Advanced Access Content System) ist seit Februar 2006 fertig entwickelt und kommt bei Blu-Ray- und HD-DVDs zum Einsatz. Seitdem beteuern die Entwickler – darunter IBM, Intel, Microsoft, Sony, Toshiba, Disney und Warner -, AACS sei ganz und gar unknackbar. Richtig ist: AACS wurde nicht geknackt. Richtig ist aber auch: Der Schutz lässt sich umgehen.
Ein Programmierer brauchte nach eigenen Angaben nur acht Tage, um ein Java-Tool zu basteln, mit dem er den Inhalt einer aktuellen HD-DVD mit einem Xbox-360-HD-Laufwerk auslesen und auf Festplatte ziehen kann. Dabei schlug er AACS mit seinen eigenen Waffen: Der Datenstrom ist codiert, einen 16 Byte langen Key zur Entschlüsselung enthält jede HD-Scheibe. Er wird beim Abspielen im Speicher abgelegt – normalerweise versteckt und ebenfalls chiffriert. Die japanische Version von Intervideos Software-Player WinDVD 8 HD jedoch legt die Keys unverschlüsselt ab. Für den Tüftler ein Leichtes, die Keys mit seinem Tool auszulesen. Mittlerweile finden sich bereits auf mehreren Webseiten die Schlüssel für Dutzende aktueller HD-Filme. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese für alle derzeit verfügbaren HD-Filme im Web auftauchen.
HD auf dem Standard-PC
Durch die Umgehung von AACS gelangt eine weitere Peinlichkeit ans Licht: Das kopierte Filmmaterial, das PCpro vorliegt, lässt sich nicht nur in satter HDQualität mit Power DVD 7 Ultra oder WinDVD 8 Platinum abspielen. Von den AACS-Restriktionen befreit läuft der Film auch flüssig auf Systemen, die gemäß der offiziellen HD-Spezifikation viel zu leistungsschwach sein sollte. Normalerweise müssen alle an der Wiedergabe beteiligten Komponenten wie Player, Grafikkarte und Display aufeinander abgestimmt sein. Ist das nicht der Fall, bleibt der Bildschirm schwarz.
Beispiel Grafikkarte: Ein aktueller Grafik-Bolide wie ATIs X1950XTX (rund 400 Euro) oder die 8800GTX von Nvidia (ab 500 Euro) ist Pflicht. Nur solche Karten geben Bildsignale wieder, die mit dem Codiersystem HDCP (High-Bandwidth Digital Content Protection) verschlüsselt sind. Geräte mit diesen Ports haben meist das»HD-ready«-Logo. Das PC-Professionell-System ist mit P4-CPU und integrierter Grafikkarte aber absolut HD-unready.
Ready für Kopierschutz
HD-Kopierschutz
So zahlen Anwender bei HD-ready-Geräten für den Kopierschutz mit, und das nicht zu knapp: Statt einem 42-Zoll-Plasma-Gerät, etwa NECs 42XR4 für 2500 Euro, reicht technisch ein 22-Zoll-Widescreen-LC-Display für rund 300 Euro aus. Natürlich ist solch ein Plasmaschirm nicht mit einem 22-Zoll-LCD zu vergleichen.
Und freilich sind Beschaffung und Besitz der Filme ohne AACS- und HDCP-Mechanismen illegal, aber dennoch: Ist für ein modernes DRM-Verfahren hochgerüstete Hardware nötig? Eine Antwort darauf hat PCpro bis Redaktionsschluss trotz mehrfacher Anfragen weder von den AACS-Entwicklern erhalten noch von Filmgigant Warner, der HD-DVD-Promo-Group oder von Sony Pictures.
Die Bösen auf die Blacklist
Die nächsten Schritte von Filmindustrie und AACS-Verfechtern sind unklar. Als schwächstes Glied der Kette sind aber nun Software-Player ausgemacht, und für die hat AACS von vornherein eine Art Notbremse eingebaut: Programmversionen, Herstellernamen und Medien landen auf einer schwarzen Liste, die ebenfalls auf jeder HD-DVD enthalten und auch im Speicher von Abspielgeräten und auf HD-PCs abgelegt ist. Vor Filmstart wird geprüft, ob etwa das Laufwerk auf der Blacklist steht, danach die Abspielsoftware. Ist dies bei einer Komponente der Fall, startet der Film nicht. Tauchen zum Beispiel Name und Versionsnummer einer legal erworbenen Abspielsoftware in der codierten Datei auf, hat der Anwender ganz klar das Nachsehen: Er kann die für rund 25 Euro aufwärts gekaufte HD-DVD nicht ansehen. Ein Schicksal, das sicherlich auch der vom Programmierer genutzten WinDVD-Version blüht. Auch von Hersteller Intervideo war bis zum Redaktionsschluss hierzu kein Statement zu bekommen.
AACS: Bis auf weiteres zu umgehen
Bis HD-DVDs mit aktualisierten Widerrufslisten auf den Markt kommen, reiben sich zunächst Festplattenhersteller und DSL-Anbieter die Hände: Auf diversen Peer-to-Peer-Tauschbörsen sind bereits etliche der illegal kopierten, je knapp 20 GByte großen High-Definition-Filme aufgetaucht.