Siemens versinkt im eigenen Sumpf
Einer aus dem illustren Vorstandskreis sitzt inzwischen im Knast. Der von Siemens selbst gerufene Korruptionsbekämpfer Michael Hershman nannte das eine “hässliche Situation”, empfahl seinen Auftraggebern aber, sich nicht bei ihren täglichen Geschäften stören zu lassen. Die Financial Times Deutschland benötigte bereits eine Bilderstecke über das “Who is Who” der Siemens-Affäre, um Licht ins Dunkel darüber zu bringen, gegen wen ermittelt wird und wer in U-Haft sitzt.
Künftige Vorstandssitzungen von Siemens, so ein vorlauter Grünen-Politiker, müssten wohl auf dem Gefängnishof stattfinden. Es kann wohl kaum ein Zufall sein, dass sich all das in einem Konzern entwickelt hat, der in höchstem Maße von Staatsaufträgen lebt.
So kam es zu weltweiten Schmiergeldzahlungen, schwarzen Konten von Griechenland bis in die Karibik, einer Bestechungsaffäre bei einem italienischen Stromkonzern sowie Kartellabsprachen, die bereits von der EU mit einem Bußgeld von 420 Millionen Euro bedacht wurden. Haben wir da noch was vergessen? Ein wenig unangenehm dürfte es für die Vorstandsrunde auch noch werden, dass die US-Börsenaufsicht SEC in Sachen Schmiergelder ermittelt.
Der nun wg. Untreue verhaftete Johannes Feldmayer, Zentralvorstand und Leiter des Europa-Geschäfts, bestach den ebenfalls verhafteten Vorsitzenden der “unabhängigen” Gewerkschaft AUB mit Zahlungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro – das lief wie üblich über dubiose Beraterverträge und zwischengeschaltete Firmen. Die beiden können sich jetzt tatsächlich nur noch auf einem Gefängnishof treffen, sofern sie sich noch unterhalten wollen. Siemens griff offenbar auch systematisch in die Betriebsratswahlen ein und hielt sich einen besonders zahmen Betriebsrat. Die mit kriminellen Methoden ausgetrickste IG Metall geht davon aus, dass das mit dem Segen von ganz oben geschah:
“Möglicherweise wird sich Herr von Pierer rechtfertigen müssen. Ich bin mir sicher, dass er das tun wird.”
Herr von Pierer?
Der frühere Siemens-Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger, der von den ganzen berichteten Schmiergeldzahlungen gewusst haben und sie gedeckt haben soll, war ein Vertrauter von Pierers. Laut “Wall Street Journal” hat der frühere Siemens-Manager Michael Kutschenreuther gegenüber den ermittelnden Staatsanwälten ausgesagt, dass sowohl von Pierer als auch Kleinfeld über die Zahlungen informiert waren.
Die aber reden sich noch immer damit heraus, sie hätten nie etwas mitbekommen. Und die verdeckten Millionenzahlungen zur Finanzierung einer Management-freundlichen Gewerkschaft? Auch davon hatte Siemens-Chef Kleinfeld “keine Kenntnis”, wie er soeben in einem Interview erklärte.
(bk)