Amoklauf in Virginia: Die ”Killerspiele”-Experten spekulieren wieder
Sie quatschen wieder los, noch bevor sie ihr Gehirn eingeschaltet haben. Dass der notorische “Killerspiele”-Jäger und Anwalt Jack Thompson den Videospielen die Schuld am Amoklauf von Seung-Hui Cho gab, kann kaum verwundern.
Er vergaß nur zu erwähnen, dass die Waffengesetze in Virginia es einem jeden erlauben, sich monatlich eine neue Schusswaffe zuzulegen. Und natürlich auch jedem Durchgeknallten, der mal um sich schießen will. Aber den Zusammenhang wollte er gar nicht erst nicht zur Kenntnis nehmen.
Bislang gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Cho überhaupt jemals in seinem Leben ein Videospiel gespielt hat. Der 23jährige scheint vielmehr ein depressiver Einzelgänger gewesen zu sein, den seine Lehrer aufgrund seiner düsteren Theaterstück-Texte an den Uni-Psychologen verwiesen hatten. Er nahm Antidepressiva und startete seinen Amoklauf, nachdem ihm die Freundin den Laufpass gegeben hatte. Und weil es an jeder Ecke eine Knarre zu kaufen gibt, auch und besonders für depressive junge Menschen in den USA …
Was das mit “Killerspielen” zu tun hat? Offensichtlich nichts, aber der als “Dr. Phil” bekannte amerikanische TV-Psychologe durfte bei CNN kraft seines “gesunden Menschenverstandes” doch einen Zusammenhang behaupten. So laberte er bei Larry King:
“Und das Problem ist, wir als Gesellschaft programmieren diese Leute. Sie können mir nicht sagen – der gesunde Menschenverstand sagt uns, wenn diese Kids Videospiele spielen, in denen sie an Killerorgien in Videospielen teilnehmen, es wird auf der Leinwand verherrlicht, dann steckt das im Gewebe unserer Gesellschaft. Man nehme das und bringe es mit einem Psychopathen zusammen, einem Soziopathen oder jemandem, der an einer Geisteskrankheit leidet, füge eine ordentliche Dosis Wut hinzu, dann ist die mutmaßliche Beeinflussung sehr hoch.”
Aufgrund dieser verquirlten Logik sind “die Massenmörder von morgen die Kinder von heute, die mit einer massiven Gewalt-Überdosis programmiert werden”.
Eine besonders scheinheilige Nummer zog der deutsche Therapeut Georg Pieper ab. “So eine Tat sollte man nie als Anlass missbrauchen”, sagte er zuerst in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau, um dann gleich aus eben diesem missbrauchten Anlass heraus eine neue Debatte für Killerspiele zu fordern:
“Auch wenn bei einem Amoklauf viele Faktoren eine Rolle spielen: Videospiele sind gut geeignet, sich seine Tötungshemmung abzutrainieren. Deswegen sind sie gefährlich.”
(Nick Farell/bk)