Know-how liegt nicht auf der StraßeFachkräftemangel – ein Phantom ?

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Studie: “Stellt Euch nicht so an”

Know-how liegt nicht auf der Straße

Es gibt einen partiellen Fachkräftemangel, volkswirtschaftlich bedrohlich aber ist er nicht – so die Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Nach einer repräsentativen Untersuchung des Nürnberger Instituts ist der Anteil der schwer zu besetzenden Stellen in Deutschland in den vergangenen drei Jahren fast gleich geblieben: Während Unternehmen im Jahr 2004 insgesamt 18 Prozent der freien Stellen in Deutschland nur schwer besetzen konnten, waren es 2006 mit 19 Prozent nur wenig mehr.

In den einzelnen Wirtschaftszweigen aber gibt es Unterschiede, errechneten die Analysten aus den Antworten von 13.500 Unternehmen (siehe Tabelle).


(Der IT-Fachkräftemangel in Deutschland ist umstritten – Klicken, um die gesamte Tabelle zu sehen. Quelle: IAB)

So haben Software-Häuser, ein Teil der Rubrik “Wirtschaftliche Dienstleistungen” etwas mehr Schwierigkeiten als der Durchschnitt: Die schwer zu besetzenden Stellen haben sich von 21 Prozent im Jahr 2004 auf 23 Prozent erhöht. IT bewegt sich aber auch in den anderen Wirtschaftsfeldern und lässt sich schwer abgrenzen, so Anja Kettner, wissenschaftliche Mitarbeiterin des IAB gegenüber IT im Unternehmen.

Laute Klagen über einen Fachkräftemangel gibt es derzeit besonders aus der Branche “Maschinenbau, Elektrotechnik und Fahrzeuge”. Aber gerade dort, wo besonders laut gerufen wird, hat sich die Zeit der Personalsuche verringert: Von 63 auf 57 Tage, stellen die Analysten fest, womit man etwas über dem Durchschnitt von 49 Tagen liegt – vier Tage mehr als 2004.

Soweit die Zahlen. Die Interpretation: Viele Unternehmen sind ungeduldig und wollen freie Stellen möglichst schnell besetzen – das funktioniert aber nicht mehr.

IT-Arbeitsplätze: Ins Ausland oder sterben

Know-how liegt nicht auf der Straße

Auch die IT-Branche ruft. In seiner aktuellen Quartalsanalyse sieht Bitkom einen Engpass bei IT-Experten und Ingenieuren. 59 Prozent der vom Branchenverband befragten Unternehmen gaben an, dass der Mangel an Fachkräften ihre Geschäftstätigkeit behindert.

Derweil droht der regionale Branchenverband SIBB e.V. für Berlin und Brandenburg mit einer Verlagerung von Produktion und Arbeitsplätzen ins Ausland. Begründung: IT-Unternehmen aus der Region können ihren hohen Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern nicht aus eigenem Bedarf decken.

Bezieht sich die Untersuchung des IAB auf die Jahre 2004 bis 2006 – da hätten die Mitgliedsunternehmen noch “waschkörbeweise Bewerbungen bekommen”, so der Pressesprecher des Branchenverbands Thomas Keup – habe sich die Situation nun drastisch verschärft. 4.000 neue IT-Arbeitsplätze im Jahr 2007 – aber Bewerber fehlen. Unternehmen können ihren Bedarf an hoch qualifizierten Mitarbeitern nicht aus eigener Kraft decken – man habe die Wahl zwischen Aussterben und Arbeitsplatzexport.

Jetzt müsse man selbst Leute ausbilden – oder mit “Nearshoring” die Software-Projekte etwa nach Lettland geben – “die Fachkräfte dort sind 10 Jahre weiter als wir, schneller und motivierter – und sie sprechen deutsch”, so Keup. Bereits heute betreuen zahlreiche Berliner Unternehmen Projekte in Osteuropa, den Arabischen Emiraten, den USA und China.

Eigenes Potenzial ausschöpfen!

Know-how liegt nicht auf der Straße

Oder umgekehrt: IT-Arbeitskräfte aus dem Ausland kommen nach Deutschland, für den SIBB eine Möglichkeit, den IT-Fachkräftemangel kurzfristig zu lösen.

Gesamtgesellschaftlich gesehen aber sei dies nicht erforderlich, betonen die Marktforscher.

“Vor dem Hintergrund unserer Ergebnisse sollte man vorsichtig sein, den Bedarf sofort über die Zuwanderung hochqualifizierter Ausländer zu decken”, warnt Anja Kettner, wissenschaftliche Mitarbeiterin des IAB.

Jetzt wirken sich Stellenkürzungen und fehlende Ausbildung der Vergangenheit negativ aus. Die Marktforscher sprechen von Arbeitsverdichtung, wenn die verbleibende Belegschaft die Arbeit von gekürzten Stellen mit erledigen müsse. Geeignete Mitarbeiter lassen sich aber nicht plötzlich aus dem Ärmel schütteln.

Bevor es zu gesetzlichen Änderungen kommt, sollten Unternehmen nach Einschätzung des Instituts zunächst das bestehende Potenzial in Deutschland ausnutzen und mehr Ausbildungsplätze schaffen, ältere Arbeitnehmer einstellen, die innerbetriebliche Weiterbildung verbessern und Frauen flexiblere Arbeitszeitmodelle anbieten.

“Langfristig sollte man schon über eine verstärkte Zuwanderung nachdenken, im Moment aber ist es unserer Einschätzung nach zu früh”, heißt es beim IAB.

Langfristig denkende Unternehmer investieren in die Ausbildung – was aber nur funktioniert, wenn die Gelder nicht unter Kontrolle von kurzfristig agierenden Finanzinvestoren liegen. Dann wird weiter Raubbau am Know-how der Mitarbeiter betrieben.

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