Virtueller Jihad in Second Life?
Polizisten von Europol und diverse Geheimdienste vermuten laut der Times seit kurzem, dass Second Life als bislang unbeobachtetes Medium zunehmend von Extremisten für ihre Zwecke genutzt worden sei. Vor allem, um andere Muslime für ihre Sache zu bekehren, um jenseits der E-Mail-Ströme ungestört kommunizieren zu können und angeblich auch, um via Linden-Lab-Dollars heimliche Geldtransfers abzuwickeln.
Second Life stellt die Fahnder vor einige Probleme: Avatare können auf falschen Namens- und Adressangaben basieren, der SL-Kommunikations- und Geldfluss könne in der Praxis gar nicht überwacht werden und lediglich IP-Adressen wären ein möglicher Anhaltspunkt, der aber auch oft ins Leere führe.
Die jüngsten virtuellen Anschläge auf SL-Einrichtungen werden nun nicht mehr irgendwelchen verrückten Teenagern, sondern möglicherweise auch islamistischen Radikalen zugeschrieben. Rohan Gunaratna, Terrorismus-Experte einer politischen Forschungseinrichtung in Singapore, will zwölf solcher Vorkomnisse registriert haben. Den Jihad-Hintergrund sieht er, weil einige Avatare einschlägige Namen wie etwa Irhabi007 (Arabisch für Terrorist007) trugen.
Europol und die britische “Serious Organised Crime Agency” (Soca) sehen in Second Life die ideale Geldwäscheanstalt, da Anonymität, die eingebauten Casinos und die weltweite grenzfreie Abwicklung so manche Aktivität zulassen. Linden Labs’ Team für die Überwachung der Finanzströme in Second Life habe nichts Auffälliges beobachten können, wollte aber auch die Möglichkeit nicht ausschließen.
Laut Kevin Zuccato, dem Chef des australischen “High Tech Crime Centre”, spielten die Terroristen in Second Life auch ein wenig Räuber und Gendarm, also Aufklärung und Infiltrierung. “Wir sollten damit anfangen, zwei Welten und zwei Realitäten zu sehen, die es zu schützen gilt”, warnte Zuccato während einer Konferenz in Sydney. (rm)