Razzia beim Betreiber eines Tor-Servers
Alex „Yalla“ Janßen arbeitet als Sicherheitsexperte. Und er betrieb einen Server des Anonymisierungsdienstes Tor (The Onion Router). Er kam an einem späten Samstagabend von einer Kneipentour zusammen mit einem britischen Freund nach Hause.
Er öffnete die Tür und hörte „Polizei!“ Die Polizisten drangen in seine Wohnung ein, legten ihm Handschellen an. Als er wissen wollte, was denn eigentlich los sei, bekam er nur zu hören: „Immer schön ruhig bleiben, das erklären wir alles später.“
Sie durchsuchten seine Wohnung und interessierten sich für seine alten Chemiebücher. Höchst verdächtig fanden sie auch eine Schutzweste sowie das Düngemittel, mit dem er seine Chillipflanzen zum Gedeihen brachte. In seinen Microcontroller-Experimenten wollten sie unbedingt eine Sprengvorrichtung sehen. Und selbst vor der Unterwäsche seiner Frau machten sie nicht Halt.
Jemand hatte angeblich in einem Forum namens Copzone.de eine Bombendrohung gegen das Arbeitsamt gepostet. Da die Herkunft über den Tor-Server verschleiert worden war – und die Ermittler von so etwas offenbar gar nichts verstanden – verdächtigten sie einfach den Server-Betreiber und schritten zur Aktion. Sie beschlagnahmten alle Rechner in der Wohnung – jedoch nicht den Tor-Server selbst, der sich tatsächlich bei einem Hoster in rund 400 km Entfernung befand.
Als die maßgeblichen Experten dahinter entpuppten sich Mitarbeiter des „Polizeilichen Staatsschutzes“ beim Landeskriminalamt in Düsseldorf. Von dort rief später einer an und sagte etwas in der Art: „Ähm, wir haben da wohl sowas wie Mist gebaut.“
Janßen hatte nicht für möglich gehalten, dass ihm in Deutschland so etwas geschehen könnte. Seine Frau und er wurden durch die sinnlose Durchsuchung zu Tode erschreckt. Er hat seine Zivilcourage verloren und betreibt den Server inzwischen nicht mehr. Seine Erfahrung mit der Polizei fasst er so zusammen:
„Aus meiner Sicht ist die deutsche Polizei sogar mehr als inkompetent ++. Sie bekommen nicht die einfachsten Ermittlungen auf die Reihe. Vorhergehende Überprüfungen auf Plausibilität finden nicht statt … Man braucht nicht einmal ein Computerexperte zu sein, um das zu überprüfen.“
(von Nick Farrell/bk)