Offen fürs Business
Open Source in Unternehmen

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Open-Source-Landschaft

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Werkelt Linux weiter nur im Hintergrund als Web- und Datenbank- Server? Oder schafft es das Open-Source-System auch auf die Arbeitsplatzrechner in Unternehmen? Für viele ITLeiter ist Linux auf dem Desktop ein hoch brisantes Thema. Denn Linux-Software verspricht deutliche Kostensenkungen bei der Ausstattung von Rechnern. Es fallen im Normalfall keine Lizenzgebühren an, Open- Source-Software (OSS) ist im Ankauf wesentlich günstiger, teilweise sogar kostenlos. Das Bestechende an der Open-Source- Idee ist für viele die Möglichkeit, Programme weiterzugeben, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Das garantieren eigens geschaffene Lizenzmodelle wie die GNU-GPL. Hinzu kommt: Der Quellcode ist frei verfügbar, die Programme können bei Bedarf an die Erfordernisse des Unternehmens angepasst werden und es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis zu einem Hersteller. Genug Gründe also, OSS als attraktive Alternative zu kommerziellen Programmen in Betracht zu ziehen.

Vorbehalte gegen Linux?

Andererseits sind die Vorbehalte gegen ein Desktop-Linux immer noch enorm. Dazu gehört etwa der grundsätzliche Einwand, was nichts kostet, sei auch nichts wert. Linux und OSS als Produkte von »Studenten und Hobbyprogrammierern« seien vielleicht für Server geeignet, nicht aber für Enduser. Dort mache sich die OSS-Philosophie besonders nachteilig bemerkbar. Befürchtet werden mangelnde Pflege der Programme, Fehler, die nicht behoben werden, komplizierte, da von Freaks programmierte Oberflächen oder ähnliche Unwägbarkeiten. Abgesehen davon gebe es immer noch viel zu wenig Linux-Anwendungsprogramme. Und vor allem liefen viele kleine Applikationen nicht unter dem freien Betriebssystem, ein Manko vor allem bei größeren Unternehmen, die oft Hunderte von Programmen im Einsatz haben.

Linux von Profis für Profis

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Die grundsätzlichen Einwände lassen sich schnell in Luft auflösen. Weder sind Linux und OSS reine Hobby-Projekte, noch unterliegen sie einem regellosen, anarchistischen Prozess. Auch ist es ein Trugschluss anzunehmen, hinter OSS steckten keine kommerziellen Interessen. So sind nicht alle unter Open-Source- Lizenz gestellten Produkte kostenlos und die Entwicklung wird auch nicht ausschließlich von Hobbyprogrammierern betrieben ? im Gegenteil. Viele Unternehmen steuern und finanzieren Open-Source-Projekte, so steckt etwa Sun hinter OpenOffice.org. Bei anderen Projekten wie GNOME oder Mozilla bringen Firmen ihre Interessen über eine Stiftung ein und bestimmen so die Richtung. Mit OSS lässt sich auch gut Geld verdienen. Verschiedene Geschäftsmodelle haben sich hier etabliert. Manche Unternehmen verdienen an der Zusammenstellung anwendungsoptimierter OSS-Pakete, andere Unternehmen an der Implementierung oder mit Dienstleistungen (siehe Kasten). Es ist auch ein Irrtum anzunehmen, dass die Open-Source-Community ein anarchisch agierendes, unorganisiertes Netzwerk ist. Über die Vergabe und Einhaltung der Open- Source-Lizenzen, über die Weiterentwicklung von Leitprojekten und über die Einhaltung bestimmter Regeln wachen Organisationen wie die »Free Software Foundation «, die »Open Source Initiative« oder das »Free Software Consortium«. Innerhalb von OSS-Projekten gibt es ebenfalls klare Regeln und Hierarchien, um zu verhindern, dass sich ein Produkt undifferenziert entwickelt, dass Fehler auftreten oder dass sich ein Projekt aufgrund von Uneinigkeiten im Entwicklerteam gar aufspaltet.

Desktops für Unternehmen

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Kommerzielle Interessen sind auch dafür verantwortlich, dass sich die Nutzbarkeit von Linux-Desktops in letzter Zeit zügig verbessert hat. Das Tempo dürfte sich weiter fortsetzen, da besonders die Ausstattung größerer Einheiten mit Desktop-Linux ein interessantes Geschäft verspricht, wenn Nutzungsund Migrationsbarrieren weiter abgebaut werden. OSS-Desktop-Betriebssysteme sind in der Regel Linux-Systeme, die aus einem Kernsystem und einer grafischen Bedienoberfläche bestehen. Die meisten Unternehmen setzen bei den Linux-Distributionen auf Suse oder Red Hat, wer ganz unabhängig von kommerziellen Einflüssen sein will, verwendet in der Regel Debian. Die Distributionen bringen als grafische Oberflächen meist KDE oder GNOME mit. Für die tägliche Arbeit sind beide Oberflächen gleichermaßen gut geeignet, dennoch zeigen sich Unterschiede im Nutzerkonzept und in Details. So empfiehlt sich KDE vor allem für Windows-Umsteiger. GNOME setzt auf einen eher schlanken Desktop, dessen Bedienung und Nutzerkonzept sich von Windows gravierend unterscheiden. Speziell für den Unternehmenseinsatz bringen Distributoren wie Novell, Red Hat oder Xandros auf den Unternehmenseinsatz zugeschnittene Bedienoberflächen an ? Novell den Linux Desktop, Red Hat den Enterprise Linux Desktop, Xandros den Desktop OS 3. Diese Enterprise-Desktop-Systeme gehen gezielter auf die IT-Belange in professionellen Umgebungen ein, als dies bei den Standard-Desktop-Systemen möglich ist. Im Idealfall funktionieren die Enterprise- Systeme als Produktionsumgebung, enthalten keinen unproduktiven Schnickschnack, lassen sich einfach bedienen und schreiben sich auch den Anschluss an die Windows-Welt auf die Fahne.

Office-Anwendungen

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Das häufig gehörte Argument fehlender Linux-Anwendungsprogramme trifft für die meisten Unternehmen ins Leere. Zwar gibt es in vielen Bereichen nicht die Software- Vielfalt der Microsoft-Welt. Doch die Basisausstattung ist für 90 Prozent aller Arbeiten am Linux-Desktop gegeben. Die meisten Open-Source-Anwendungen decken die Standardanforderungen des Büroalltags ab. Dazu zählen Office-Anwendungen, Webbrowser, E-Mail-Systeme und Groupware-Clients. Für viele dieser Bereiche stehen mehrere unterschiedliche Anwendungen bereit, auch wenn sich oft ein oder zwei klare Favoriten herauskristallisiert haben. Die KDE-Office-Suite KOffice ist etwa interessant für Unternehmen, die eine schlanke und leicht zu handhabende Büro-Software- Sammlung suchen. Sie bietet sich aufgrund der guten Integration in KDE besonders für den KDE-Desktop an. In keiner anderen Büro-Suite greifen die Komponenten so nahtlos ineinander. VomFunktionsumfang her kann KOffice mit dem Boliden OpenOffice allerdings nicht mithalten.Wenn SieWert legen auf einen möglichst unproblematischen Datenaustausch mit der Windows-Welt, eine enge GUI-Anlehnung an MS Office oder die VBA-ähnliche Makrosprache, kommen Sie derzeit am Schwergewicht OpenOffice nicht vorbei. Die Komplettlösung lässt vom Funktionsumfang kaum etwas offen und hat unter Linux einen ähnlichen Stellenwert wie Microsoft Office bei Windows.

OpenOffice und StarOffice

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Mit dem aktuellen Release 2.0 steht OpenOffice auf einer Stufe mit MS Office, erklärt Thomas Warnecke, IT-Leiter beim mittelständischen Kunststoffhändler q-tec. Dort verrichten etwa 30 Desktop-PCs ihre Arbeit unter Suse Linux und OpenOffice. »Hier und da gibt es noch einige Schwachstellen, die man aber erst bei der täglichen Arbeit mitbekommt. So lassen sich etwa in Calc Zellen immer noch nicht parallel und gleichzeitig formatieren.« Im Großen und Ganzen aber ist Warnecke mit dem kostenlosen Büroprogramm zufrieden. Als positiv empfindet Warnecke besonders die gute Angleichung an Microsoft Office. »Man merkt bei der neuen Version, dass sich die OpenOffice-Entwickler sehr stark an Microsoft Office 2000 orientiert haben. Das finde ich einerseits schade, aber für den einzelnen User ist es besser. Viele haben zu Hause MS Office, und da fällt die Umstellung auf OpenOffice in der Firma nicht so schwer.« Für viele verwirrend: Das kostenlose OpenOffice hat mit StarOffice einen kostenpflichtigen Bruder, der sich vor allem an Unternehmen wendet. Beide haben dieselbe Codebasis. StarOffice unterscheidet sich aber von OpenOffice durch einige Zusatzfe
atues, die es für Firmen interessant machen sollen. Zu diesen erweiterten Features zählen eine kommerzielle Rechtschreibprüfung, zahlreiche Cliparts, eine Vielzahl von Vorlagen und Truetype-Fonts sowie spezielle Filter ? unter anderem für WordPerfect und Texte in asiatischen Sprachen. Außerdem gibt es ein gedrucktes Handbuch und Support ? Letzteres ist für kleinere Unternehmen möglicherweise das entscheidende Argument.

Netzbasierte Applikationen

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Bei den netzbasierten Anwendungen hat die Mozilla-Suite unter Linux großes Gewicht. Sie hat neben der Browser-Funktionalität E-Mail, Newsreader und Adressbuch integriert. Der schlankere und recht flotte Mozilla Thunderbird enthält neben Browser, Mail und Newsreader zusätzlich einen RSSClient. Virtuelle Ordner, die Thread-Ansicht und Filter helfen, selbst in größeren Mail-Beständen Ordnung zu halten. Bei Groupware-Clients oder PIMs, die neben E-Mail- noch Kalender-, Kontakt- und Aufgabenfunktionalität bieten, ist Novells Evolution eine gute Alternative zu Microsofts Outlook. Das Programm ist in Bedienung und Funktionsumfang zum Microsoft- Client kompatibel. Es verwendet wie Outlook die typische dreiteilige Fensteransicht, kann ohne großen Umstellungsaufwand sofort genutzt werden und ist gut geeignet, in einer gemischten Linux-Windows-Umgebung eingesetzt zu werden. Evolution ist ursprünglich ein Client für GNOME. Das KDE-Gegenstück ist das ebenfalls Outlook-ähnliche Kontact. Eine Besonderheit von Kontact gegenüber anderen Groupware-Clients ist, dass die Teil-Programme unabhängig von Kontact gestartet werden können. So spielt es zum Beispiel keine Rolle, ob KMail mal allein oder im Rahmen von Kontact gestartet wird – die Mails und die persönlichen Einstellungen bleiben stets erhalten.

Bild: Wenn Sie zu Windows-Programmen ein passendes Linux- Gegenstück suchen, kann der Umstellungsassistent unter www.osinit.de/assistent.php weiterhelfen

Cross Platform Applications

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Viele Desktop-Anwendungen sind Cross Platform Applications. Sie stehen für mehrere Betriebssysteme zur Verfügung. So laufen etwa Thunderbird, Mozilla und OpenOffice.org sowohl auf Linux undWindows. Cross Platform Applications haben zwei entscheidende Vorteile: Sie erleichtern sowohl den Umstieg auf Linux als auch den Betrieb in heterogenen Umgebungen. Da in beiden Fällen die gleichen Programme gleichzeitig auf unterschiedlichen Plattformen zur Verfügung stehen, standardisieren sie die Software-Umgebung, minimieren Support- und Wartungskosten und vereinfachen den Austausch von Daten. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei OpenOffice beziehungsweise das gleichwertige StarOffice. Da das Programm unterWindows und Linux zur Verfügung steht, kann es als Schnittstelle zwischen diversen Datenformaten dienen. Besonders bei der Dokumenten-Migration ist OpenOffice ein wertvolles Werkzeug: Es unterstützt die Dateiformate von Microsoft Office, so dass sich vorhandene Dokumente oder solche von Partnern oder Kunden mit dem Programm öffnen und bearbeiten lassen. Mit dem Austausch zwischen MS-Office- und OpenOffice/StarOffice-Dokumenten hat Günter Stoverock, IT-Leiter bei der Hamburger Tröber GmbH, gute Erfahrungen gemacht. Das Import-Export-Unternehmen betreibt fast alle seiner 60 Client-Rechner unter Suse Linux. »Normale Dokumente lassen sich in OpenOffice und StarOffice einwandfrei importieren«, sagt der IT-Experte. »Wir haben viele Partner, die mit Windows und MS Office arbeiten. Für deren Sachbearbeiter müssen wir alle Dokumente in Excel undWord umwandeln. Die konnten bislang immer alles lesen.

Wo Linux-Software fehlt

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Leistungsmäßig brauchen sich Linux- Anwendungen hinter Microsoft-Programmen nicht zu verstecken. Office-Suiten und netzorientierte Programme wie Browser und E-Mail-Clients schneiden in vielen Tests mindesens so gut, wenn nicht sogar besser ab als proprietäre Alternativen. Die Berlecon- Studie »Open Source Strategien« beurteilt die Reife internetbasierter Linux- Anwendungen »im Rahmen klar strukturierter Aufgaben« als gut. Einen Schwachpunkt sehen die Analysten derzeit noch bei spezieller Software. In einigen Segmenten gibt es zwar auch hier gute bis sehr gute Programme. Man denke nur an die Bildbearbeitung The GIMP. Doch die große Auswahl haben Linux-Anwender nicht. In anderen Bereichen fehlen Linux- Alternativen ganz. Für Layoutarbeiten mangelt es zum Beispiel an professionellen DTPProgrammen, Scribus ist noch kein Ersatz für Quark XPress und Adobe Indesign. Im Bereich Konstruktion klafft eine Lücke bei CADSoftware und eine leistungsfähige Projektverwaltung wie Microsoft Project fehlt ebenso. GanttProject bietet die Funktionen zwar ansatzweise, hat bei Funktionsumfang und Bedienung aber noch deutliche Defizite. Auch bei der Unterstützung von Unternehmensprozessen sind Linux-Anwendungen kaum vorhanden. Firmen, die auf die Anwendung von DATEV-Programmen angewiesen sind, müssen auf den Einsatz von Linux zur Zeit noch verzichten. Auch einigen Branchenlösungen fehlt zur Zeit noch der Support für Linux-Clients. Hier wird die Situation aber zunehmend besser. Viele Anbieter gehen dazu über, neue Versionen betriebssystemunabhängig zu implementieren, so dass die Bedienung etwa über einen Webbrowser wie Mozilla erfolgen kann.

Windows unter Linux

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Sollte zu einem Windows-Programm kein Linux-Pendant gefunden werden, muss entweder speziell für diese Anwendung ein Windows-PC bereitgestellt werden. Oder Sie stellen die Windows-Applikation mit Tricks unter Linux zur Verfügung. Dazu gehören Tools wie Wine oder CrossOver Office, die das Ausführen von Windows-Programmen unter Linux ermöglichen. Oder Sie setzen auf virtuelle Maschinen wie VMware oder Xen, die es erlauben, eine Windows-Betriebssystem- Umgebung zu emulieren. Bei der Tröber GmbH nutzt IT-Leiter Günter Stoverock CrossOver Office. »Photoshop und Adobe Destiller zur PDF-Erstellung laufen nur unter Windows«, erklärt Stoverock. Ähnliche Probleme gab es bei Berndes, der seine IT komplett auf Linux-Thin-Clients umstellte. Fünf Windows-Rechner gibt es dort weiterhin für Anwendungen, für die es keine Linux-Programme gibt. Das ist unter anderem ein Postetikettenprogramm und im Marketing Quark XPress.

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