Pat Gelsinger: Intel überlegte, ATI oder Nvidia zu kaufen

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Ich begann diesen Teil des epischen Interviews mit der Frage nach dem Reiz, dezidierte Prozessoren für besondere Aufgaben einzusetzen, wie etwa Azul Systems monströse Multi-Core-Systeme, um Java zu beschleunigen …

„Beschleuniger sind sehr interessant, obwohl das nicht wirklich neu ist“, erklärt Gelsinger. „Wir hatten Medienprozessoren, die mathematischen Co-Prozessoren mit Weitek … Firmen wie Azul haben die Marktnischen ziemlich gut abgegrenzt. Der einzige dezidierte Prozessor, der sich als nachhaltig erwies, ist die GPU. Wir hatten bereits eine Zeitlang integrierte GPUs. Jetzt bewegen wir uns in die Richtung, den Memory Controller und die GPUs mit der CPU zu vereinen.“

Gelsinger bestreitet glattweg, dass Intel sich den Tod der eigenständigen GPU wünscht und sie mit all der Grafikverarbeitung ersetzen möchte, die in der CPU stattfindet. Aber er hat ein Problem mit einigen Weisheiten, die über die Rolle von GPUs und rivalisierenden CPU-Architekturen zu hören sind.

„ATI, AMD und Nvidia haben gesagt: ‘In unseren GPUs steckt schon eine Menge Fließkommaarithmetik, warum nutzt ihr die nicht?’ Das ist eine andere Thematik, und es geht um eine richtig aufwendige Software-Portierung. Warum fiel der Cell bei der Emotion Engine durch? Weil das Konzept der Programmierung wirklich schrecklich ist. Die Grafik treibt in einem solchen Maße die Leistung, dass die eigenständigen GPUs nicht verschwinden werden, und dennoch dominieren die integrierten Lösungen den Markt. Nicht jeder braucht Global Ilumination. Die meisten werden (mit On-CPU-Grafik) zufrieden sein, aber es wird immer Gamer und auf Visualisierung ausgerichtete Leute geben.“

DAAMIT (eine INQ-geprägte Verballhornung von AMD / ATI, die Gelsinger übrigens sehr zusagt) kam zustande, weil AMD zur Erkenntnis kam, auf ATI wegen des Know-hows im Grafik-Computing angewiesen zu sein. Hatte sich Intel das ebenfalls überlegt? Die Antwort lautet, ähem, ja – selbst wenn Gelsinger sagt, das hätte einfach zum üblichen strategischen Evaluierungsprozess gehört auf einem Weg, der schließlich zu Larrabee führte.

„Vor der ATI-Übernahme sahen wir uns das genau an und fragten: ‘Sollen wir nicht einfach ATI oder Nvidia kaufen?’ Es stellte sich dabei die Frage, ob wir das überhaupt konnten. Denn wenn die Nummer eins die Nummer zwei oder drei kauft, was passiert dann regulatorisch? Außerdem war uns nicht klar, ob wir das überhaupt nötig hatten. Die entscheidende Veränderung, die wir heute erleben, vollzieht sich im Konzept der Grafik-Programmierung. Die GPU-Entwickler stehen vor der Aufgabe, die Pipelines programmierbarer zu machen, und wir haben das programmierbarste Konzept der Welt.“

Okay, noch zwei schnelle Fragen: Stellt Nicholas Negropontes geistiges Produkt, das OLPC-Notebook, eine Bedrohung für Intel dar, weil es innovativ ist? Und lässt es preisgünstigere kommerzielle Produkte denkbar erscheinen?

„Der OLPC ist zugleich innovativ und unvollständig“, mäkelt Gelsinger. „Sie sagen: ‘Wir unterstützen Open-Source-Software.’ Nun ja, die meisten Classmate-PCs (am ehesten Intels Gegenstück zum OLPC) haben wir mit Windows verkauft, nicht mit Linux. Plattformen zu entwickeln braucht seine Zeit. Mesh Networking, spiegelnde Displays … das läuft auf eine bestimmte Sorte Geschäftsmodell hinaus. Mit höchstem Nachdruck: ‘Weiter so, Nick!’ – aber wie nützlich wird es tatsächlich sein? Das ist schwer zu sagen. Da gibt es außerdem noch den Eee PC von Asustek. Das ist ein billiger PC, und er sieht auch wirklich nett aus.“

Was ist mit den Tablet PCs – sieht Gelsinger hier eine veränderte Einstellung der Konsumenten? Mitnichten.

„Nicht wirklich. Als das aufkam, war ich über alle Maßen skeptisch. Ich hielt es für ein Gerät im Mischbetrieb. Es gibt Einschränkungen der Akkulaufzeit, die dieser Sparte zugute kommen, aber das Betriebssystem und die Anwendungsintegration sind noch immer ziemlich umständlich. Selbst wenn wir das perfekte Gerät haben, wird es meiner Einschätzung nach nicht besonders beliebt sein. Der UMPC ist die Geräteklasse, von der ich annehme, dass sie es wirklich bringen wird.“

Morgen: Wir haben das Beste für zuletzt aufgehoben, wenn Pat Gelsinger sich den ganz großen Fragen stellt. Wie konnte Intel so fett und unbeweglich werden, um gegenüber AMD an Boden zu verlieren? Ist die Wintel-Achse noch intakt? Worauf laufen die persönlichen und beruflichen Ambitionen unseres Mannes hinaus – und der Tag, an dem er nach Mike Magee trat.

(von Martin Veitch / ins Deutsche übertragen von Bernd Kling)

Teil 2 – Intels Pat Gelsinger: Wie sich Computing-Konzepte ändern

Teil 1 – Intels Pat Gelsinger im INQ-Interview: Chips müssen immer schneller werden

Inquirer UK

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