Das Tom-Cruise-Video, das Scientology zu peinlich ist
Bei Youtube gelang es der Scientology-Organisation mit diesem bewährten Trick bereits, das Video verbannen zu lassen. Aber es tauchte hier und da und dort wieder auf, um dann erneut zu verschwinden. Der standhafte Nick Denton von Gawker Media – woselbst auch unsere Schwesterpublikation Gizmodo beheimatet ist – hält nun die Fahne gegen alle Drohungen hoch und sagt:
Das Video bleibt und jeder darf es ansehen.
Es ist ein Ausschnitt aus einem stundenlangen Schulungsvideo der Scientologen, das diese an ihrem wirtschaftlichen Erfolg orientierte Organisation am liebsten nur in ihren „Kirchen“ den bereits indoktrinierten Gläubigen vorführen will.
Der eifernde Scientology-Vertreter Cruise vertritt eine besonders extreme Haltung gegenüber der Psychiatrie, die er als „Pseudowissenschaft“ bezeichnet, und er lehnt jegliche psychiatrische Behandlung ab. Das hatte bereits Sektengründer Ron Hubbard gepredigt, und es scheint die offizielle Doktrin der Organisation zu sein.
Besonders heftig stieß es allerdings selbst bei seinen Schauspielerkollegen auf, als Cruise 2005 die Schauspielerin Brooke Shields öffentlich angriff. Sie hatte sich nach der Geburt eines Kindes wegen einer Wochenbettdepression mit Medikamenten behandeln lassen. Das sah Cruise aus seiner scientologischen Sicht als eine Art von Todsünde an und wollte seine Kollegin offenbar lieber leiden lassen.
Oder eben selbst heilen, denn in dem Indoktrinationsvideo stellt er sich und seine Scientologen als die absoluten Fachleute für so ziemlich alles dar, was mit dem menschlichen Geist zu tun hat. Im Hintergrund dudelt Musik aus dem Film „Mission: Impossible“, während der voll aufgedrehte Heldendarsteller Cruise mit unruhigem Blick und hektischen Gesten seine eigene Autorität verkündet:
„Wir sind die Autoritäten, um die Leute von Drogen wegzubringen. Wir sind die Autoritäten für den Geist. Wir sind die Autoritäten, um die Bedingungen zu verändern. Wir können Kriminelle rehabilitieren. Der Weg zum Glück. Wir können den Frieden bringen und die Kulturen vereinen.“
Und er sieht sich selbst als einzigen Retter, als hätte er zu viele seiner eigenen Filme gesehen: „Wenn man ein Scientologe ist und an einem Unfall vorbeikommt, dann ist das nicht wie bei jedem anderen. Während man vorbeifährt, weiß man, dass man etwas tun muss, einfach weil man weiß, dass man der einzige ist, der helfen kann.“
Scientology hat mit dem Versuch, das Video zu vertuschen, ein Eigentor geschossen. 670.000 Besucher fanden bereits zu der Gawker-Seite mit dem Video. Der Videoclip selbst wurde zum Nachrichtenthema, und seine weitere Verbreitung wird kaum mehr juristisch zu verhindern sein.
Ansehen – es könnte den nächsten Cruise-Film ersparen.
(bk)