Neue Steuersoftware führt zu Chaos
Die sogenannte “Evolutionär Orientierte Steuer Software” (EOSS), die zu Jahresbeginn an den Berliner Finanzämtern im Rahmen der der bundesweiten Vereinheitlichung der Steuer-Festsetzungsverfahren eingeführt wurde, nervt die Mitarbeiter mit langen Reaktionszeiten. Berlin ist das elfte Bundesland, das EOSS einführt, doch die Beschwerden der Mitarbeiter waren in den anderen Ländern noch zurückhaltender. Der Bayerische Oberste Rechnungshof hatte sogar veröffentlicht, dass von einer “erfolgreichen Weiterentwicklung und Vereinheitlichung der IT-Verfahren im Rahmen von EOSS und KONSENS nunmehr ausgegangen werden” könne. Die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen haben die Software gemeinsam entwickelt, um das zuvor gesheitere FISCUS-System zu ersetzen.
Die Angestellten der Berliner Finanzbehörde aber haben nun der Gewerkschaft Verdi ihr Leid mit der neuen Software geklagt – und Verdi fordert nun den Senat auf, sich hinter die EDV-Sorgen seiner Mitarbeiter zu stellen. Die Gewerkschafter fordern Finanzsenator Sarrazin auf, die Öffentlichkeit ehrlich über “die Pannen” der Umstellung zu informieren. Außerdem dürften die Beschäftigten keine Nachteile durch die EOSS-Einführung erleiden.
Angeblich führt die neue Software zu erheblichen “Störungen und Problemen im Dienstgeschäft” – jeder Softwareprojektleiter kennt das, doch in der öffentlichen Verwaltung wird es schnell zum Politikum, das man in er Öffentlichkeit ausschlachten kann. So müssten den Worten der Gewerkschaft nach Steuerpflichtige mit “deutlich längeren Bearbeitungszeiten bei ihren Steueranträgen” rechnen und länger auf mögliche Steuerrückzahlungen warten.
Finanzsenator Thilo Sarrazin hatte eine Bearbeitungszeit von höchstens sieben Wochen versprochen, doch die neue Software häufe “erhebliche Arbeitsrückstände” auf, erklärt Verdi. Der Arbeitsaufwand für den Sachbearbeiter sei erheblich gestiegen, die Reaktionszeiten der Computer noch “sehr langsam”. Ob dies nun an der neuen Software liegt oder an veralteten Computern, die mit neuer Software nicht umgehen können, ist noch nicht ans Tageslicht gekommen – statt Ursachenforschung folgt offenbar erst einmal Öffentlichkeitsarbeit.
Betroffen sind 7500 Arbeitsplätze in 23 Finanzämtern, 6,4 Millionen Steuerkonten und 36 Millionen Datensätze, die in das neue System migriert werden müssen. (mk)