OpenOffice.org 3.0 Beta
Tauglich für den Alltag, aber nicht für den Austausch
Next Generation OpenOffice.org
OpenOffice.org 3.0 Beta
Zugegeben, Nutzer sympathisieren zurecht mit der Entwicklergemeinde, die es geschafft hat, ein rundum gelungenes Office-Paket zu schnüren, das für sich genommen alle wichtigen Funktionen gut bedienbar und noch dazu kostenlos zur Verfügung stellt. Schüler, Studierende und viele Home-Office-Anwender sind damit bestens bedient. Mit Writer, Calc, Impress, Draw und Base bietet OpenOffice.org (OOo) vollwertige Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation und ein kleines Zeichen- und Datenbankmodul. Im professionellen Unternehmensumfeld kommt der Anwender oft jedoch nicht um eine gute Kompatibilität mit Microsofts proprietären Office-Formaten herum. Da die Filterprogrammierung für die OpenOffice.org-Community einem Stochern im Nebel gleichkommt, müssen Nutzer nach wie vor mit zum Teil einschneidenden Einbußen rechnen, wenn sie Microsoft-Format-basierte Dokumente neueren Datums importieren. Und so hinterlässt die neue 3.0-Version von OpenOffice.org wieder einmal einen gemischten Eindruck.
Schon der Start ist neu
Der Willkommensbildschirm von OpenOffice.org 3.0: Unaufdringlich, aber schnell und praktisch. ((Ins Bild klicken für vollständige Ansicht.))
Dem Trend zum Startcenter verschließt sich auch OpenOffice.org 3.0 nicht. Gleich nach dem ersten Start zeigt der neue Willkommensbildschirm Icons zum Erstellen oder Öffnen von Dokumenten: Text, Präsentation, Tabelle, Datenbank, Zeichnung oder Vorlage. Über die ebenfalls eingeblendete Menüleiste lassen sich Optionen und Makros verwalten sowie auch Menüs und Symbolleisten anpassen. Ein eigenes Icon offeriert das Hinzufügen von Extensions, aus dem Web herunterzuladende Funktionserweiterungen für OpenOffice.org. Das Startcenter ist superschnell präsent und lädt nach einem Klick auf das Erstellen eines Dokuments die entsprechende Applikation zügig nach. Die Anwendung wird in exakt demselben Startfenster geöffnet. Startcenter und Applikation sind also besser integriert als bei anderen Anwendungen, in denen es sich um zwei völlig getrennte Prozesse handelt.
Die Alternative zum Startcenter: Das Schnellstartmenü führt direkt zu den Einzelapplikationen von OpenOffice.org 3.0. ((Ins Bild klicken für vollständige Ansicht.))
Als Alternative zum Startcenter bietet sich das OOo-Icon in der Symbolleiste am unteren rechten Bildschirmrand an. Per Rechtsklick öffnet sich ein eigenes Quickstartmenü, das den schnellen Weg zu allen OOo-Anwendungen weist.
Insgesamt erweisen sich die Startoptionen als sehr einsteigerfreundlich und dabei auch für erfahrene Nutzer angenehm unaufdringlich und praktisch.
Leichteres Büroleben: Die Neuerungen im Detail
OpenOffice.org 3.0 Beta
Die wohl meistgenutzte OOo-Anwendung, Writer, gibt sich jetzt großzügiger und stellt auf Wunsch mehrere Seiten auf dem Bildschirm dar. Das ist vor allem dann sehr praktisch, wenn der Schreiber auf eine Textstelle vor dem Seitenumbruch referiert und so stets den Kontext im Blick haben kann. Besonders beim Einsatz großer oder zweier Monitore erweist es sich als nützlich, nicht nur eine, sondern leicht ein Dutzend Seiten in Augenschein nehmen zu können. Der Vergrößerungsfaktor reicht von 20 bis 600 Prozent. Mit einem Schieberegler am unteren rechten Rand ist die Zoomfunktion elegant gelöst.
Alles im Blick: Writer zeigt auf Wunsch so viele Seiten wie auf dem Bildschirm Platz finden. Wer dabei noch lesen kann, schreibt einfach weiter. ((Ins Bild klicken für vollständige Ansicht.))
Geht es darum, Kommentare und Notizen in Writer-Dateien abzuarbeiten, fällt dies nun ebenfalls leichter. Denn die Inhalte verbirgt Writer jetzt nicht in gelben Mini-Icons, sondern zeigt sie mit einem Verweis auf die Bezugsposition am Rand neben dem Blatt an, versehen mit Datum, Uhrzeit und Name des Verfassers. Im Betatest hatte Writer zuweilen Probleme damit, den registrierten Autor zu erkennen und fügte häufig “Unbekannter Autor” ein, sodass auch bei Kommentierungen durch verschiedene Autoren, die in unterschiedlichen Farben erscheinen sollten, stets eine gelbe Notiz am Rande prangte. Auch ist es nicht möglich, die Farbe einzelner Notizen manuell etwa über das Kontextmenü zu ändern, sodass sich die Notizen nicht statt nach Autoren zum Beispiel nach inhaltlichen Kriterien später sortieren lassen.
Writer überzeugt auch in der neuen Version durch gute Bedienbarkeit und praxisorientierte Funktionsvielfalt. Sei es die integrierte Literaturdatenbank, der Objektnavigator, die Zeilen- und Kapitelnummerierung oder das Datenquellenfenster, die Features machen Sinn. Auch das Exportieren der Textdateien nach HTML, XML, PDF, PDF/A-1 geht im Test schnell und zuverlässig von der Hand. Die Sicherheitsoptionen des PDF-Formats werden sehr übersichtlich dargeboten.
Calc
Das wohl intelligenteste neue Feature findet sich in der Tabellenkalkulation Calc. Der so genannte Solver löst Optimierungsprobleme in von anderen abhängigen Zellen. Wird ein Wert durch die Variablen aus anderen Zellen beeinflusst, hilft der Solver beim Aufspüren optimierter Werte. Dafür lassen sich Minimal-, Maximal- und feste Richtwerte sowie Bezugszellen und Limit-Konditionen definieren. Mit etwas Geschickt entsteht auf diese Weise mitunter ein kleiner Steueroptimierungsrechner, anhand dessen deutlich wird, welches Verhältnis von Werbungskosten und Steuerschuld für den Anwender am günstigsten ausfällt.
Eine simple Excel-Tabelle mit kleinen Summen und Additionen übernimmt Calc einwandfrei. ((Ins Bild klicken für vollständige Ansicht.))
Fortgeschrittene Speadsheet-Junkies erstellen mit der neuen Version basierend auf definierten Abweichungen in Zellbereichen Fehlermarker, Fehlertoleranzgrenzen, Abweichungskurven, Korrelationskoeffizienten und Regressionsgleichungen. Aus zunächst Zahlenkolonnen werden so , schnell aussagekräftige Graphen und Kurven.
Auch an die Zusammenarbeit haben die Entwickler gedacht. Der Hauptbenutzer kann das Dokument, an dem er gerade arbeitet, für andere Nutzer freigeben, sodass diese gleichzeitig Änderungen vornehmen können. Diese werden dann nicht sofort im Master gespeichert, sondern erst nachdem der Hauptbenutzer die gesichteten Änderungen und Ergänzungen übernommen, also mit dem Masterdokument zusammengeführt hat.
Notizen immer im Blick: Kommentare zeigt Writer direkt mit Textbezug neben dem Blatt an. Schluss mit den verdächtigen gelben Mini-Icons. ((Ins Bild klicken für vollständige Ansicht.))
Anwender, die mit vielen Zahlen jonglieren, können sich freuen. OpenOffice.org erweitert die Zahl möglicher Spalten von 256 auf 1024. Damit sind auch komplexe Projekte zu bewältigen.
Mehr als der Rest vom Schützenfest
Wichtige Ergänzungen versteckt OpenOffice.org 3.0 Beta zunächst vor den Augen der Benutzer. So erweist sich schon die Beta als sehr gut mit Vista kompatibel und unterstützt bereits Funktionen des neuen ODF-Standards 1.2 wie eine Formelsprache und das auf W3C-Standards
(OWL, RDF) basierende Metadatenmodell. Impress wartet bislang mit wenig beeindruckenden Neuerungen auf. So lassen sich jetzt mehrere Monitore für die Präsentation ansteuern und das Beschnittwerkzeug wurde ebenso wie in Draw um die direkte Maussteuerung erweitert, sodass statt durch Eingabe von Zahlenwerten auch ein Auswahlrahmen über Anfasser auf die Zielgröße zu ziehen ist.
Kernfrage Kompatibilität
OpenOffice.org 3.0 Beta
Um die Importfilter von OpenOffice.org 3.0 zu testen, haben wir jeweils einfachere und etwas komplexere Word-, Powerpoint- und Excel-Dateien, die mit MS-Office 2007 entstanden sind, importiert. Die einfache DOCX-Datei wartete in OOo mit einer falschen Schriftgröße selbst bei einer Standardschrift wie Courier New auf. Korrekt übernommen wurde indes der in Calisto MT und Baskerville Old gesetzte Text. Formatierungen und Umbrüche lassen sich allerdings schnell korrigieren. Aufwändiger wird es bei vielgestaltigen Word-Dateien mit Grafiken, Textumflüssen, Tabellen, Listen und Fußnoten. In diesem Text traten signifikant viele Fehler beim Import auf. Besonders ärgerlich: In der Tabelle wurden Zellen zum Teil zusammengeführt, was eine weitere Bearbeitung extrem umständlich macht.
Schneller Beschneiden: Anfasser ermöglichen jetzt das Zuschneiden von Fotos ohne lästiges Pixelzählen und Zahlentippen. ((Ins Bild klicken für vollständige Ansicht.))
Auch bei Powerpoint 2007-Dokumenten hängt die Qualität des Imports von der Komplexität des Originaldokuments ab. Optisch aufwändige Präsentationen, eine der Stärken von Powerpoint 2007, verlieren mitunter ihre Hintergründe und kompletten Designs. Das Ergebnis ist nicht präsentierbar, denn auch Texte fließen unleserlich in einander, werden mit Standardtexten wie “durch Klicken bearbeiten” vermischt, die im Originaldokument nicht sichtbar waren. Einfache Präsentationsdesigns werden zum Teil übernommen, allerdings nur in niedriger Auflösung und kantiger Optik. Ärgerlich zudem, dass immer wieder Grafiken und Fotos verzerrt werden. Einblendeffekte hat Impress weitgehend übernommen, stellt diese aber nicht so elegant wie Powerpoint 2007 dar. Wie bei Word und Writer treten auch bei Powerpoint und Impress Änderungen der Fontgröße auf, die Umbruchfehler verursachen.
Eine einfache Exceltabelle, die zunächst in Excel 2002 erstellt, dann nach Excel 2007 exportiert und als XSLX-Datei gespeichert wurde, hat Calc sauber übernommen. Nativ in Excel 2007 erstellte und mit umfangreichen Formatierungen und Visualisierungen versehene Dateien erliegen jedoch abermals der Schwierigkeit, dass sich die OOo-Entwickler nur durch Trial-and-Error-Taktik der Filteroptimierung widmen können. Die Mängel in der Kompatibilität sind also nachvollziehbar, aber für den professionellen Anwender dennoch äußerst störend.
Je nach eingesetztem Testrechner können in OpenOffice.org noch weitere Bugs auftreten. Bei bestimmten Grafikkartentreibern kann OOo beim Start hängen bleiben. Wer nicht per Touchpad durch ein Dokument scrollen kann, ergänzt die datei SynTPEnh.ini um die Zeile: [OpenOffice.org]FC = “SALFRAME”SF = 0x10000000SF = |= 0x00004000 Damit sollte es dann funktionieren. Anwender, die ihr Windows mit zahlreichen Tastaturkürzeln steuern, können gegebenenfalls einige Shortcuts in OpenOffice.org nicht nutzen, da dieses nur Kombinationen unterstützt, die nicht durch das Betriebssystem belegt sind.
Ein Community-Tool wird besser, je aktiver die Anwendergemeinde ist. Jeder, der die Beta testet, kann zur Produktverbesserung beitragen, indem er/sie gefundene Bugs unter http://qa.openoffice.org einträgt.
Vorsicht Beta-Code
Zwar hat OpenOffice.org 3-Beta keinerlei Schäden verursacht, doch sollten Anwender Beta-Versionen grundsätzlich niemals auf einem Produktivsystem aufspielen. Ein vorheriges Festplatten-Image kann mitunter auch auf einem Testrechner sinnvoll sein, um im Schadensfall schnell zum gesicherten Systemzustand zurückkehren zu können.
Fazit
OpenOffice.org 3.0 Beta
Als Silo-Applikation ist OpenOffice.org 3.0 Beta für jedermann sehr gut geeignet, bietet es doch alle Funktionen, die selbst hyperaktive Office-Anwender benötigen. In der Version PrOOo-Box (derzeit noch 2.4.0) wird OpenOffice.org auch mit vielen Vorlagen, freien Schriften und Cliparts ausgeliefert. In der Welt plattform- und systemübergreifend ausgetauschter Dokumente leidet die Suite aber noch immer unter ihren Kompatibilitätsdefiziten. Dass auch Microsoft-Dateien nur ganz bedingt abwärtskompatibel sind, weil die älteren Programme nicht den Leistungsumfang ihrer Nachfolger besitzen, macht die Sache nicht besser. Wer jedoch auf polierte Designs und Extras verzichten kann, tauscht seine Informationen auch zwischen der Microsoft- und der Open-Source-Welt aus.
OpenOffice.org 3.0 Beta
Hersteller:OpenOffice.org
Internet:www.openoffice.org
Preis:kostenlos
Note: Ersteindruck gut
Das ist neu:
– Startcenter für alle Applikationen
– ODF 1.2-Features
– Import von MS-Office 2007- und MacOS X-Office 2008-Dateien
– native Aqua-Unterstützung von MacOS X, auch ohne X11-Komponente
– Writer: Mehrseitenansicht, Zoomregler, Notizenanzeige
– Calc: Optimierungsfunktion für Zellenwerte, 1024 Spalten, Kollaborationsfunktion
– Draw: mausbasiertes Beschneidungswerkzeug, Bildgröße bis 300 x 300 cm
– Impress: Beschneidungswerkzeug, Multimonitor-Support
Systemvoraussetzungen
BetriebssystemWindows 2000/XP/Vista, Linux, MacOS XProzessorPentiumArbeitsspeicher256 MByteFestplattenplatz650 MByte während Installation; 500 MByte für OpenOffice.org