Fälschungsvorwürfe gegen Handystudien – alles nur Intrige?
Ob Handystrahlung nun gefährlich ist oder nicht – und wenn ja, wie sehr – ist für viele offenbar eine persönliche Glaubensfrage geworden. Das gilt nicht nur für verunsicherte Verbraucher, sondern auch für Journalisten und Wissenschaftler. Und inwieweit Interessenvertreter hier ein Wort mitreden, wird auch nicht so richtig sichtbar.
Das zeigte sich wieder exemplarisch in einer Reihe von Pressemeldungen, die schon in ihren Überschriften vorab das Ergebnis meldeten: Studien über Handygefahren komplett gefälscht! Na gut, mit zwei erwähnenswerten Ausnahmen von dieser journalistischen Regel. Ausgelöst wurden diese fast gleichlautenden Meldungen durch die Vorabmeldung eines Hamburger Nachrichtenmagazins, die dann noch durch eine davon abgeleitete Agenturmeldung von dpa vervielfältigt wurde. Am Wochenende lancierte Vorabmeldungen dieser Art, das ist in dieser Branche bekannt, sind kleine Meisterwerke der Zuspitzung und Insinuierung. Sie werden eher nicht von Journalisten, sondern von gewieften PR-Strategen verfasst. In diesem Fall dienten sie dazu, die montägliche Verkaufsauflage der Tote-Bäume-Ausgabe des Spiegel zu fördern. Vorveröffentlicht wurde sie in Spiegel Online und erweckte damit den Eindruck, als wäre sie von den Schreibern dieser fabelhaften Online-Publikation verfasst worden.
Jetzt wehrt sich der durch diese Pressekampagne niedergemachte Professor. Laut Golem (ursprünglich auch mit der Agenturmeldung angetreten, aber jetzt dran an der Geschichte) legt er nahe, dass Anschuldigungen konstruiert wurden, um seine industriekritische Forschung zu diskreditieren. Die vermeintlichen Fälschungen durch eine Laborantin seien “sehr plump” und zudem im Laborbuch dokumentiert worden, als habe es die Täterin “direkt darauf angelegt, dass jemand darauf aufmerksam wird”. Und sie habe ausdrücklich betont, dass sich ihr Eingeständnis nur auf Vorgänge im April 2008 bezieht. Alle zuvor unter ihrer Mitwirkung erhobenen Daten seien jedoch ordnungsgemäß zustandegekommen.
Steht also Aussage gegen Aussage. Ein Problem hat der Professor auch damit, dass der Rektor der Wiener Universität eine Kommission zur Überprüfung seiner Studie berief, deren Vorsitzender ausgerechnet ein bei einem Unternehmen der Mobilfunkindustrie beschäftigter Jurist sei. Und damit sei die Unabhängigkeit der Untersuchungskommission nicht gegeben.
Aus dem deutlich von der einseitigen Vorabmeldung abweichenden Text der Spiegel-Printausgabe ist nun weiterhin zu entnehmen, dass es zwischen den in diesem Forschungsbereich tätigen Wissenschaftlern offenbar, sagen wir mal, Spannungen gibt. Die ihren heftigen Sprüchen zufolge weit über gewöhnliche Feindschaften hinausgehen könnten.
Kann es wissenschaftliche Objektivität in diesem Umfeld überhaupt noch geben? Vielleicht werden wir es wissen, wenn sich die Nebel lichten. Wenn.
(bk)