Ist Googles Geschäftsmodell in Gefahr?

MarketingSicherheitWerbungWorkspaceZubehör

Google-Kritiker neigen dazu, den Internet-Giganten zu unterschätzen. Gut möglich, dass seine Anstrengungen im Bereich der Anwendungsentwicklung eines Tages belohnt werden. Zum Beispiel, wenn Android als Plattform für mobile Geräte möglicherweise noch zum großen Erfolg in der Smartphone-Sparte wird.

Ist Google ein Schmalspur-Gigant?
Mit derlei Titulierungen verspotten nicht wenige Microsoft-Manager den Konkurrenten. Doch immerhin hat Googles “Kunst” des Keyword-Advertising (Werbung nach dem Preis-pro-Klick-Modell) dem Unternehmen allein im letzten Jahr ungefähr 12 Milliarden Euro für Online-Werbung eingebracht.Mit 70 Prozent ist Googles Anteil am Suchmaschinenmarkt in den USA und dem damit verbundenen Online-Werbegeschäft in der Tat gigantisch. In Deutschland sehen die Zahlen nicht viel anders aus. Allerdings hat San Jose Mercury News im August einen kritischen Bericht von Chris O’Brien veröffentlicht. Dieser bezieht sich auf Quellen, die Googles Finanzkraft hinter dem Websuche-/Webwerbung-Business anzweifeln. Der Artikel bringt einige Punkte auf den Tisch, die diese Zweifel bekräftigen.

Punkt 1: O’Brien behauptet, dass sich Googles Wachstum im Anzeigenverkauf im zweiten Quartal stark verlangsamt hat und die Gewinne weiter schrumpfen könnten. Nun, nach einem einzigen schwächeren Quartal würde ich hier noch nicht die Alarmglocken läuten, sondern solche Urteile erst abgeben, wenn Google im kommenden Januar am Ende seines Fiskaljahres steht.

Punkt 2: Nach Googles eigenen Aussagen gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) sieht das Unternehmen seine knapp 700 Millionen-Euro-Investition in AOL geschmälert, was auf eine Nullnummer schließen lässt. Dagegen lässt sich schwer etwas einwenden. Zuzusehen, wie es mit AOL langsam bergab geht, ist schmerzlich, und ich bedaure alle, die in AOL investiert haben, einschließlich Google.

Punkt 3: Google hat eine Reihe Firmen aufgekauft. Zu einem Preis von insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro. YouTube kostete Google etwa 1 Milliarde Euro, bei der SAAS-Sicherheits-Plattform Postini war das Unternehmen mit 625 Millionen Euro dabei. Dazu merkt O’Brien in seinem Artikel an, YouTube, Google Checkout und andere Investitionsobjekte seien „immateriell“, will heißen, der Suchmaschinen-Riese verdient kein Geld damit.

Google-Chef (CEO) Eric Schmidt hat mehrfach betont, wie wichtig es sei, die harte Nuss Videowerbung zu knacken, um YouTube rentabel zu machen. Zwar verliefen Tests mit In-Video-Werbung recht vielversprechend, doch der Google-Chef bleibt dabei, dass dieses Problem noch ungelöst sein.

Für eine Reihe weiterer kleinerer Akquisitionen muss Google noch Dividenden zahlen,  darunter die Startups Zingku und Jaiku aus dem Mobile Social Networking-Sektor, ebenso VOIP (voice over IP) Service GrandCentral. Und dann wäre da noch Android, das Google vor mehr als drei Jahren erworben hat. Erst jetzt ist das zum Betriebssystem passende Android-Handy vorgestellt worden.
O’Brien hat sicher ein paar gute Argumente gegen Google. Doch der Einzige, den er zitiert wird, ist der als brummig berüchtigte Analyst Trip Chowdry, der provozierend fragt, was  Google neben seinem Suchmaschinen-Geschäft als Erfolg verbuchen könne. Diese Kritik, läuft darauf hinaus, dass zwei Drittel der Aktivitäten von Google Unternehmens sozusagen nichts als Treibholz in der Strömung seiner Online-Werbung sei.

Generalüberholung bei Google
Darüber hinaus empfiehlt der Analyst Chowdry Googles Vorstand und Management eine Generalüberholung. Ob das bei der derzeitigen Überflieger-Position des Unternehmens außer ihm noch jemand so sieht, bezweifle ich. Aber es gibt noch einen weiteren Kritiker, der Googles Erfolgsstory für ziemlich einseitig hält.

IT-Experte Stephen Arnold, als häufiger Google-Kritiker bekannt, stimmt in seinem Blog in O’Briens Tenor ein. Google habe sein Reich, so Arnold, rund um die Websuche aufgebaut und fahre nun schon seit mehr als neun Jahren auf dieser, während bei anderen Unternehmensbereichen der Erfolg weiter auf sich warten ließe.

Angesichts Googles Strategie, den Großteil seines Einkommens aus dem Anzeigengeschäft im Suchmaschinenumfeld zu erwirtschaften, fällt es schwer mit Leuten zu diskutieren, die sich freuen würden, wenn die Machtposition dieses Giganten durch einen Zusammenbruch des Online-Geschäfts oder das Erscheinen eines großen Konkurrenten wie Microsoft geschwächt wird.

Anwender von Gogle Apps begeistert
Aber O’Brien, Chowdry und Arnold haben in ihrer Argumentation einen wichtigen Faktor außer Acht gelassen. Der Artikel ignoriert, aus welchem Grund auch immer, Google Apps. Wir wissen nicht, wie viel oder wie wenig Google mit seinen Apps verdient, da das Unternehmen verständlicherweise keine Zahlen veröffentlicht, die beschämend wirken könnten. Immerhin bietet Google Apps als Freeware an und versucht lediglich, den Benutzern 30 Euro pro Jahr für eine Premium-Edition abzuringen.

Ich habe mich mit verschiedenen Anwendern von Google Apps  unterhalten und diese sind, trotz einiger Ausfälle, die sowohl Benutzer als auch das Unternehmen in letzter Zeit schmerzlich trafen, durchaus begeistert von der alternativen Lösung zu Microsofts Office-Suite. Das wird sich auch in den großen Unternehmen herumsprechen.

Damit will ich nicht unbedingt sagen, dass Google Apps schon bis Ende dieses oder nächsten Jahres zum Milliardengeschäft wird. Aber ich halte es für möglich, dass Googles Erfolgskombination Websuche-Webwerbung so lange trägt, bis die Investitionen in Google Apps, YouTube und die anderen etwas riskanteren Geschäfte Früchte tragen. In drei bis fünf Jahren könnte es soweit sein.

Google als New Media-Unternehmen
Selbst in Arnolds Posting ist zu lesen: “Man sollte Google keinesfalls abschreiben. Das Unternehmen ist nur einen winzigen Schritt davon entfernt, sich zu einem kommerziellen Anbieter und Videoproduktions-Unternehmen zu entwickeln. Google hat schon andere Geschäftszweige rasch durchforstet und sich immer nur dort engagiert, wo Geld fließt. Das macht Google so gefährlich, heute und auch in Zukunft.“
Diese Bewertung kann ich nur unterstreichen. Mit Knol, YouTube und anderen Diensten sieht Google heute mehr und mehr wie ein New-Media-Unternehmen aus.

Lesen Sie auch :