R-Studio 4.5 Lebensretter bei Datenverlust
Die neue Version von R-Studion beschleunigt die Wiederbelebung durch eine verbesserte Suchfunktion und sorgt mit der Anzeige der echten Ordnerstruktur für mehr Übersicht.
Wichtig bei Datenverlust
Datenrettungstools sind Applikationen, derer Anwender sich erst wieder besinnen, wenn sie regelmäßige Backups und Images vergessen haben. Ist durch einen Virenangriff oder eine Fehlbedienung ein Datenverlust eingetreten, heißt es zunächst Ruhe zu bewahren. Utilities wie R-Studio 4.5 können helfen. Anwender sollten diese aber nicht auf dem Volume installieren, das vom Datenverlust betroffen ist, da jede Aktion im Zusammenhang mit dem Dateisystem zu neuen und endgültigen Datenverlusten führen kann.
Wer ein Datenrettungstool einsetzt, sollte dieses über ein Boot-Medium starten und die wiedergefundenen Daten auf eine externe Festplatte speichern. R-Studio 4.5 gibt es als Version mit Boot-CD sowie als Download-Variante. Bei letzterer müssen Anwender das Boot-Medium selbst erstellen.

Auf Nummer sicher geht bereits die Installationsroutine von R-Studio 4.5, die den Anwender darüber informiert, dass er niemals Daten auf eine zu rettende Partition schreiben solle. Die Festplattenbereiche, die von einem Datenverlust betroffen sind, können mit R-Studio zudem als Bit-genaues Image auf einem anderen Datenträger gespeichert werden. Hier können die Daten dann nach Herzenslust weiter analysiert, wiederhergestellt und bearbeitet werden. Das schont den verlustbehafteten Original-Datenträger. Die Partitionsabbilder lassen sich komprimieren und mittels Passwort vor unberechtigten Zugriffen schützen.
Wenn Datenrettungstools auch viel verloren Geglaubtes aufspüren können, Allheilmittel sind sie nicht. Sobald ein gelöschter Datenbereich wiederbeschrieben wurde, sind die ursprünglichen Inhalte unrettbar verloren. Einzige Ausnahme: Professionelle Datenrettungslabors führen eine analoge Musteranalyse durch und legen so möglicherweise noch erkennbare Datenschichten frei. Das ist jedoch extrem aufwändig und entsprechend teuer. Preise bewegen sich schnell im fünf- bis sechsstelligen Bereich.
Detailverbesserungen in Version 4.5
An zusätzlichen Features sind keine wesentlichen Neuerung in Version 4.5 eingeflossen, vielmehr haben die Entwickler vorhandene Funktionen erweitert und verbessert. So lässt sich die Dateiansicht jetzt nach Namen, Typen, Daten und Größen sortieren. Die Dateien können zudem in ihrer echten Ordnerstruktur angezeigt werden – sofern diese vollständig erkannt wurde. Das macht das Programm ebenso besser bedienbar wie die die erweiterte Suchfunktion. Hier sind nun auch Datums- und Größenbereiche zu definieren und Dateitypen festzulegen, nach denen gefahndet werden soll. Die Suche kann auf den aktuellen Ordner und/oder dessen Unterordner begrenzt werden und nach Wunsch beim ersten Treffer angehalten werden. Die Bedienung geht damit je nach Anwendungsszenario unter Umständen schneller vonstatten, da Anwender nicht mehr den gesamte Partitionsinhalt prüfen müssen, wenn sie nur bestimmte Dateien suchen, um schneller weiterarbeiten zu können, wenn etwa ein Kunde eine Grafik oder eine Tabelle wünscht.
450 Dateitypen unterstützt
Insgesamt unterstützt R-Studio 4.5 jetzt 450 Dateitypen. Zusätzliche können Benutzer manuell definieren und in die Suche integrieren.
Neben einigen Bugfixes findet sich in der neuen Version auch der Hex-Editor verbessert, der Daten im ANSI- oder Unicode-Format anzeigt. RAID-Nutzer dürfte freuen, dass die Größe eines fehlenden Datenträgers nicht mehr manuell angegeben werden muss und erstellte RAID-Konfigurationen für zukünftige Einsätze zu speichern sind. Bereits in Version 4.2 kam ein visueller RAID-Editor hinzu, der das Anlegen von Soft-RAIDS spürbar erleichtert. Um R-Studio auch mit exotischen RAID-Konfigurationen nutzen zu können, lassen sich etwa Blockgrößen und Blockfolgen manuell definieren.
Erster Rettungseinsatz mit Bravour bestanden
Um die Lebensretter-Qualitäten von R-Studio 4.5 zu testen, muss das Tool 313 Dateien in 22 Ordner aufspüren. Darunter finden sich zahlreiche Textdokumente (TXT, DOC, QXP, PDF), Exceltabellen (XLS), Audiofiles (MP3), Videos (WMV, MPG), Bilder (JPG, PNG, BMP, TIF) sowie ausführbare Dateien, ZIP-Archive und Systemdateien. Insgesamt provozieren wir im Test einen Verlust von 526 MByte Daten.
Zunächst löschen wir sämtliche Files und leeren auch den Windows-Papierkorb. Allein mit Windows und Explorer sind die Dateien jetzt nicht mehr sichtbar und nicht mehr erreichbar, obgleich die Bits und Bytes noch auf dem Datenträger vorhanden sind, da der Windows-Explorer nicht die Daten löscht, sondern nur deren Dateisystemeinträge. Die Aufgabe, hier Daten wiederherzustellen, ist also technisch keine große Herausforderung.

Für den Scan der 100 GByte-Partition benötigt R-Studio 4.5 eine knappe Stunde (58:15 Minuten), was durchaus schon zügig ist. Verwendet wurden für diesen Test aber die Standardeinstellungen. Wer auf die Anzeige von Blöcken mit gefundenen Daten sowie auf die Extrasuche nach bekannten Dateitypen (und -fragmenten) verzichtet, die Analyse auf ein bestimmtes Dateisystemformat einschränkt und einen kleineren Datenträgerbereich definiert, kann die Suche signifikant beschleunigen.
Das Analyseergebnis könnte nicht besser sein: R-Studio 4.5 findet alle 313 Dateien in allen 22 Ordnern. In der Laufwerksansicht wird die Originalordnerstruktur angezeigt, sämtliche Dateinamen sind erhalten geblieben. Das Tool findet allerdings nur die Zuordnung der Daten im Windows-Papierkorb und zeigt das Root-Verzeichnis der Testdaten mit verstümmeltem Namen an. Auf die Funktionalität hat dies aber keinen Einfluss.
Ärgerlich hingegen ist, dass die Vorschaufunktion bei vielen Dateitypen regelmäßig abstürzt. Zwar zeigt sie den Inhalt einer TXT-Datei korrekt an, bei ZIP-Archiven und verschiedenen Grafikformaten stürzt der interne Viewer-Prozess jedoch wiederholt ab. Die Wiederherstellung der Daten erfolgt dann allerdings in Windeseile. Die mehr als 520 MByte sichert R-Studio 4.5 auf eine externe Festplatte in unter zwei Minuten.
Fazit des ersten Tests
Die Rettungsaufgaben hat R-Studio 4.5 bestens erfüllt, erhält jedoch Abzüge in der B-Note aufgrund des patzenden Viewers. Dass R-Studio 4.5 zahlreiche weitere Daten rettet, fällt insofern nicht weiter ins Gewicht, als es sich bei diesen meist nur um Fragmente handelt, die Anwender nur mit größeren Mühen und gutem Fachwissen wieder einer Verwendung zuführen können.
90 MByte Verluste im zweiten Test
Nachdem sich R-Studio 4.5 als zuverlässiges Un-Erase-Tool erwiesen hat, muss es auch Daten von einer formatierten Partition retten. Für einen direkten Vergleich kommen dieselben Daten wie im ersten Test zum Einsatz. Nach dem Löschen und Entfernen aus dem Papierkorb, wird das Laufwerk mit Quickformat erneut mit NTFS formatiert. Für die Partitionsanalyse scannen wir jetzt auch nur auf NTFS-kompatible Daten und nutzen die einfache Scanansicht, um den Vorgang ein wenig zu beschleunigen. Es wird für einen Vergleich der zusätzlich gefundenen Daten und Fragmente aber wieder der gesamte Bereich des 100-GByte-Volumes analysiert. Dafür benötigt R-Studio 4.5 diesmal genau 61 Minuten und 5 Sekunden, also länger als beim ersten Test. Für das Scannen formatierter Partitionen nimmt sich das Tool also mehr Zeit.
Die Wiederherstellung der gefundenen Daten benötigt diesmal nur eine Minute. Schnell erweist sich auch warum: Nach dem einfachen Formatieren findet R-Studio 4.5 nicht mehr alle Dateien. Statt
526 MByte lassen sich nur noch 438 MByte retten, statt 313 Dateien nur 298. Während alle Texte, Präsentationen, PDFs, EXE-Dateien, Lotus-Notes-Daten, XLS-Tabellen, MP3- und ZIP-Archive zu retten waren, gingen von 88 Grafikdateien immerhin 16 verloren – ebenso wie einige Ordnernamen und -strukturen. Diese entsprechen einem Datenvolumen von 90 MByte. Das Ergebnis ist zwar besser als im Test von R-Studio 4.0, bleibt aber hinter den Erwartungen an ein professionelles Datenrettungsprogramm zurück.
Bei einer gründlich durchgeführten Formatierung ist zudem mit noch größeren Verlusten zu rechnen als im Fall von Quickformat.
Wie für Profis gemacht (Bedienung und Funktionen)

R-Studio 4.5 gehört zu den Programmen, bei denen ein Studium des Handbuchs nicht nur lohnt, sondern Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz ist. Die Grundfunktionen Scannen und Wiederherstellen sind zwar auch für Einsteiger nutzbar, doch zahlreiche Einstelloptionen und die Nutzung individueller RAID-Konfigurationen erschließen sich erst über die Informationen im Handbuch. Auch das manuelle Bearbeiten von Datenträgerinformationen (MFT, Bootsektoren, MBR, LDM) mit dem integrierten HEX-Editor bleibt zunächst fortgeschrittenen Anwendern vorbehalten.
Die Oberfläche verzichtet auf grafischen Schnickschnack und kommt ganz funktional daher. Für Einsteiger wären indes Assistenten hilfreich. In seiner Ausprägung gibt sich R-Studio 4.5 ganz als Tool für Profis.
Nützlich sind die Funktionen, virtuelle Volumesets, Stripesets, RAID5s oder Mirrors sowie Bit-genaue Images zu erstellen. Wer in der Datenrettung noch unsicher ist, kann diese dann an den 1:1 kopierten Datenbeständen versuchen und gefährdet beim Experimentieren mit unterschiedlichen Einstellungen nicht die Originaldaten.
Backups lassen sich mit R-Studio auch komprimieren und aufteilen, um diese etwa auf kleinere mobile Datenträger zu sichern. Der Passwortschutz verhindert den Missbrauch durch Dritte.
Die Kompatibilität des Programms ist gut und berücksichtigt die wesentlichen Anforderungen heutiger PCs: Dateisysteme (FAT, NTFS, inklusive NTFS5 und ADS, ExtFS2/3, UFS1/2, HFS/HFS+), Festplatten-Schnittstellen (SATA, ATA, EIDE, IDE, SCSI), externe Medien (USB, Firewire, CD, DVD, Compact-Flash-Medien, ZIP-Laufwerke). Für Windows-64-Bit-Versionen wird auch das GPT-Partitionsschema unterstützt. Zwar unterstützt die Dateitypen-Erkennung rund 450 Formate, die sich zudem manuell ergänzen lassen, doch der integrierte Viewer versagt wiederholt bei einigen Vorschauen, etwa beim versuchten Blick in ein ZIP-Archiv oder in eine PNG-Datei.
Fazit
Unbegrenzt viele Daten zu retten, die versehentlich gelöscht wurden – das ist die Stärke von R-Studio 4.5, das zudem mit einigen Profi-Features wie integriertem Hex-Editor für das manuelle Manipulieren von Datenträgerinformationen sowie mit RAID- und GPT-Support glänzt. Auch bei versehentlichem Quickformat macht das Programm viele Daten, die mitunter wertvollen Arbeitsstunden und Unternehmensinformationen entsprechen, wieder zugänglich. Mit Verlusten müssen Anwender jedoch rechnen. Wer keine zu hohen Erwartungen an einfache Bedienung und Datenrettung hat, erhält mit R-Studio 4.5 durchaus ein wertvolles Tool, das seine 70 Euro durchaus wert ist.
Dagmar Etirel/mt
R-Studio 4.5
Internet: www.haage-partner.de
Preis: 70 Euro (Standard-Vollversion), 50 Euro (NTFS- oder FAT-only Edition), 170 Euro (Netzwerk-Edition mit 5 Lizenzen für R-Studio Agent / Emergency Agent), 800 Euro (Techniker-Lizenz)
Note befriedigend
Leistung (50 %) befriedigend
Ausstattung (20 %) befriedigend
Bedienung (30 %) befriedigend
Das ist neu
Erweiterte Suchfunktion
Erweiterte Dateiansicht
Erweiterte RAID-Funktionen
Systemvoraussetzungen
Betriebssysteme Windows 9x/Me/NT 4/2000/XP/2003/Vista (installierte Applikation) sowie MacOS und Linux (mit Boot-Medium)
Prozessor ab Pentium 200 MHz
Arbeitsspeicher 128 MByte
Festplattenspeicher 30 MByte