»Privatanwender und Unternehmen sind die Gewinner der Marktreform«

Politik

Als Gewinner der Reform, die sie selbst angestoßen hat, sieht die EU-Kommissarin Privatnutzer und Unternehmen.

eWeek: Frau Reding, wie bewerten Sie die Entscheidung des EU-Parlamentes?
Mich freut vor allem, dass die Parlamentarier sich für eine Reform ausgesprochen haben, die sich auf das Wesentliche beschränkt und die Geschehnisse für den einzelnen Bürger transparenter macht. Ich bedanke mich beim Parlament ausdrücklich dafür, dass der Zugang zu Telekommunikationsdiensten insbesondere für behinderte Menschen einfacher geworden ist.

Reding: Ich hoffe, dass wir noch bessere Lösungen finden, um auch die Menschen an ADSL heranzuführen, die bisher noch keine Möglichkeiten für einen Zugang haben konnten, sodass ganz Europa vernetzt ist. Letztendlich sind die Privatanwender und die Unternehmen die größten Gewinner der Reform des europäischen Telekommunikationsmarktes, und das ist das, was am meisten für mich zählt.

eWeek: Wieso kommt die Reform erst jetzt?
Reding: Erlauben Sie mir, daran zu erinnern, dass die Kommission sich bereits seit zehn Jahren aktiv um die Sicherheit im Netz kümmert. Und im Jahr 2006 haben wir eine Strategie vorgeschlagen, wie man die Internet-Sicherheit erhöhen könnte, was der Europäische Rat mit größtem Wohlwollen aufgenommen hat.

Diese Strategie hat schon damals die Notwendigkeit unterstrichen, ein mehrsprachiges System zu etablieren, wodurch es für Service-Provider und nationale Regulierungsbehörden leichter würde, Informationen gemeinsam zu nutzen. Deshalb habe ich 2006 bei der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) den Antrag gestellt, dass man überprüfen möge, wie man ein solches System entwickelt, was sogar als Prototyp dienen kann.

eWeek: Was können noch so gute Sicherheitsmaßnahmen gegen Terrorattacken ausrichten?
Reding: Die Angriffe auf die IT-Infrastruktur Estlands im Frühling 2007 haben gezeigt, welch großen Einfluß das Internet auf unsere Finanzsysteme und unser soziales Netzwerk hat, und wie sehr wir von der IT-Infrastruktur abhängig sind. Deshalb werden wir zu Beginn des Jahres 2009 eine Initiative zum Schutz kritischer IT-Infrastrukturen wie das Internet oder das Telefonnetz starten. Mit dieser Initiative wollen wir unsere Wahrnehmung schärfen, Vorbereitungen optimieren und Reaktionszeiten verkürzen. Um dies zu erreichen, muss jeder EU-Mitgliedsstaat mit den dafür erforderlichen Mitteln und Strukturen ausgestattet sein.


eWeek:
Wie ist es um die Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und Staat bestellt?
Reding: Eingedenk der Tatsache, dass die meisten Netze heute privatwirtschaftlich organisiert sind, müssen der private und der öffentliche Sektor schnell interagieren können. Das setzt natürlich eine Atmosphäre des Vertrauens voraus, in der Informationen auch gerne geteilt werden.

So wie auch das Internet keine Grenzen kennt, müssen auch wir unsere Fähigkeiten stärken, mit unseren internationalen Partnern besser zusammenzuarbeiten. Es geht im wesentlichen darum, sich auf einen solchen Ernstfall bestmöglich vorzubereiten, zum Beispiel durch eine bessere Planung der Kontingente und durch großangelegte Übungen im Falle eines Falles.

Die Verlängerung des Mandates bei der ENISA bis März 2012 und die Notwendigkeit, Cyber-Attacken besser Stirn bieten zu können, zwingt uns zu einer tiefen Reflexion über die Sicherheit der digitalen Netze. Die Vorschläge der Kommission zur Erhöhung der Sicherheiten digitaler Netze und der Dienstleistungen, wie sie im Telekom-Paket geschnürt wurden, haben im Europäischen Parlament für Furore gesorgt. Ich bin deshalb optimistisch und davon überzeugt, dass wir die geeigneten Lösungen für die optimale Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor finden werden.

Das Gespräch führte unser spanischer Kollege Raquel C. Pico. Das Original-Interview in Spanisch finden Sie auf der Webseite von Siliconnews.
Übersetzung: Gudrun Kosche/mt

Weblinks
Webseite Viviane Reding
ENISA
Europäisches Parlament

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