Tom Groth: »Fashion, Chic und Green IT«
In Krisenzeiten sollten Unternehmen nicht sparen, sondern ihr Geld in die Entwicklung innovativer Ideen stecken, meinte Management-Coach Tom Groth im ersten Teil des eWeek-Interviews. Doch welche Innovationen führen wirklich zum Erfolg und was steckt hinter IT-Hypes wie Cloud Computing oder Green IT? Auf diese und andere Fragen hat Tom Groth einige überraschende Antworten bereit.
Derzeit wird viel über Green IT und Cloud Computing diskutiert. Was halten Sie davon?
IT-Trends sind generell auf dem absteigenden Ast. Sie haben immer weniger »strategische Relevanz« für Unternehmen. Wo Unternehmen noch vor heute Jahren den IT-Chef direkt an den CEO gehängt haben, steht heute meist der CFO (Chief Financial Officer) dazwischen.

»Server werden ein Commodity-Produkt wie Strom oder Wärme« Dell Poweredge Server (Bild: Dell)
Noch extremer ist es bei Firmen, die ihre IT bereits outgesourced haben. Dort steht zwischen IT-Chef und CEO neben dem CFO auch noch der Einkäufer. Man kann also von einer klassischen Entkopplung der IT-Strategie sprechen. Server werden ein Commodity-Produkt wie Strom oder Wärme.
Dann haben die Anbieter aber ein Problem.
Ja, und deshalb versuchen sie sich durch Green-IT wieder Gehör bei den Geschäftsführern zu verschaffen. Das funktioniert auch ganz gut, allerdings nur so lange bis die Geschäftsleitung die Kostenregeln der Green IT begriffen hat. Mehr Energieaufnahme bedeutet mehr Wärme, das bedeutet größere Klimaanlage, und somit doppelter Stromverbrauch. Ist das Thema durch, klinkt sich der Chef wieder aus.
Wie steht´s mit Cloud Computing? Muss man da nicht Bescheid wissen?
Bescheid wissen schon, aber jeder Geschäftsführer macht sofort die Kosten-Nutzen-Rechnung auf. Und da ist Cloud Computing nur ein Mittel zur Optimierung eines bereits schon optimalen Systems. Mit anderen Worten: Eine Verbesserung der Kosten-Nutzenrechnung im einstelligen Prozentsatz. Also nicht wahnsinnig interessant.

IBMs Green IT-Portal
Wir hätten vom Innovations-Berater etwas mehr Begeisterung für Zukunftstrends erwartet …
Zeigen Sie mir einen IT-Trend, der hilft, bessere Produkte zu entwickeln, und diese effektiv zu vermarkten. Darin liegt die wahre Herausforderung. Wie schafft man es Jahr für Jahr 30 Prozent neuer Produkte im Portfolio zu haben? Wie kann man für die Kunden Themen wie »built to order« oder »delivery just in time« realisieren? Gleichzeitig sollen die Produktentstehungskosten um 20 Prozent gesenkt werden und das bei einer neutralen CO2-Bilanz.
Angesichts dieser Fragen sind die Trends, die in den Medien so hochgeschrieben werden, nur Teillösungen. Oder anders gesagt: Fragmente der großen Frage nach der Leistungssteigerung.
Gehen wir weg von den Mode-Themen. Was sind die versteckten Trends und Herausforderungen für Unternehmen?
Die Top-Themen der nächsten Jahre werden eine Abkehr von der reinen Lehre sein, ohne Kompromisse zu schließen. Das ist die Kombination von Fashion und Chic mit ökologischen Produkten und Dienstleistungen. Das steht wiederum im Zusammenhang mit einer zunehmend werteorientierten Gesellschaft.
Ääh, reden wir noch über IT?
Ja, sicher. Diese Trends sind ja heute schon sichtbar, bleiben wir beispielsweise bei Green IT. Das wird heute noch zu offensichtlich, zu punktuell und nicht systemisch gelöst. Die Umsetzung ist derzeit oftmals geprägt durch Effekthascherei. Trends werden benutzt um langweilige Produkte und Dienstleistungen zur Verkaufsförderung aufzuhübschen.
Was wäre dann das richtige Vorgehen?
Eine konsequente Umsetzung beinhaltet aus meiner Sicht neben den Maschinen auch Energieverträge, Optische Switches und Schnell-Boot-Systeme, das Maschinen in Idle einfach abschalten lässt. Des Weiteren ist auch Optimierung der Software-Hersteller, gerade bei Datenbanken wichtig.
Einige Firmen setzen bereits in der Entwicklung auf Annahmen über die Entwicklung in der Zukunft. Dieses Vorgehen verschafft dann einen Wettbewerbsvorteil, der durch die Mitbewerber nicht ohne weiteres eingeholt werden kann.
Können Sie ein Beispiel geben?
Schauen wir uns die Automobilbranche an. Klar ist seit Jahren, dass Voll-Hybride die Zukunft sind. Bis heute werden aber nur Mild-Hybride mit konventionellem Antrieb und e-Motorunterstützung intensiv entwickelt. Das ist inkonsequent und vermarktungsorientiert. Dies wird sich aber ändern, wenn ein Quereinsteiger den Markt aufmischt, wie beispielsweise ein Spezialist für Lithium-Ionen Batterien oder ein Elektromotor-Hersteller.
Und alle werden – wie immer – total überrascht sein.
Genau!

»IT-Trends haben immer weniger strategische Relevanz für IT-Manager« meint Innovations-Berater Tom Groth.
Sie leben in London. Haben britische Firmen einen anderen Zugang zum Thema Innovationen, von dem deutsche Firmen etwas lernen können?
Der UK-Markt ist kulturell eine Mischung aus englischen Ingenieuren – die das German Engineering auf UK-Style kultiviert haben – dem US-amerikanischen Weg zu verkaufen und einer völlig eigenen Interpretation des Themas »soziale Interaktion«.
Diese Mischung ist sehr spannend, aber auch umständlich, denn das Innovationssystem wird durch die multikulturelle Welt der Mitarbeiter auf globale Weise angegangen.
Wie sieht eine erfolgreiche Produktidee im Idealfall aus?
Ungefähr so: Deutsche und Briten liefern innovative und radikale Ideen, die Amis sind gut in der schnellen Umsetzung und die effektive Monetarisierung besorgen die Briten. Das kann natürlich auch mal schiefgehen. Ideen im US-Stil (ein Kompromiss aus 1000 Meetings), die Umsetzung eher deutsch (Perfektion zu 99,999 Prozent) und dann noch eine Monetarisierung mit hohem Verwaltungsaufwand. Das ist das perfekte Rezept für einen Produkt-Flop.
Vielen Dank für das Gespräch.
(Mehmet Toprak)
Weblinks
Teil I des Interviews
Unternehmensberatung Toxiq Corporate Concepts