Bundespräsident soll Internet-Sperren stoppen
In einem offenen Brief (PDF) an den Bundespräsidenten fordern der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) und andere Kritiker, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Es sei nicht verfassungskonform und dürfe daher nicht in Kraft treten. So habe der Bund weder die Gesetzgebungs- noch Verwaltungskompetenz für ein solches Gesetz – die läge vielmehr bei den Ländern, da es sich um Polizei- und Sicherheitsrecht handele.
Zudem sei das Gesetzgebungsverfahren fehlerhaft gewesen, heißt es in dem Brief. Ursprünglich als Teil des Telemediengesetzes geplant, sei letztlich das Zugangserschwerungsgesetz beschlossen worden, das jedoch nicht im Wege einer Gesetzesvorlage nach Artikel 76 des Grundgesetzes in den Bundestag eingebracht worden ist. Auf diesen Sachverhalt stützte sich bereits Abgeordnete Jörg Tauss in seiner Verfassungsbeschwerde gegen des Gesetz.
Darüber hinaus, so führen die Kritiker in ihrem Brief an den Bundespräsidenten weiter aus, stelle das Gesetz einen unverhältnismäßigen und nicht verfassungskonformen Eingriff in mehrere Grundrechte dar, darunter die Meinungs- und Handlungsfreiheit der Inhaltsanbieter, die Informationsfreiheit und das Fernmeldegeheimnis. Es sei nicht hinnehmbar, dass der Gesetzgeber die Auswahl der Sperrtechnologien den Providern überließe – vor allem weil die Anwendung verschiedener Sperrtechniken zu sehr unterschiedlichen Grundrechtseingriffen mit ganz unterschiedlicher Intensität führen könne.
Ohnehin sei das Gesetz nicht geeignet, den erhofften Zweck – die Verringerung von Zugriffen auf kinderpornographische Inhalte – zu erreichen. Die Sperren seien leicht zu umgehen und würden überhaupt erst die Aufmerksamkeit auf solche Seiten lenken, bemängelt man. »Die Erfahrung mit ausländischen Sperrlisten zeigt im Übrigen, dass sich diese Listen nicht geheim halten lassen und immer wieder im Internet auftauchen, was dazu führt, dass der Staat den Pädophilen geradezu eine Navigationshilfe für kinderpornographische Inhalte anbietet. Das Gesetz wird deshalb den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten nicht erschweren, sondern vielmehr erleichtern.« Weiterhin berge das Gesetz die Gefahr, dass legale Internet-Inhalte mitgesperrt werden. (Daniel Dubsky)