Google: »Wir müssen nicht mit jedem Projekt profitabel sein«
Mit dem späten Ansetzen der Telefonkonferenz zum Zahlenwerk bekam man als Europäer unweigerlich das Gefühl, Google wolle etwas verheimlichen. In den USA aber ticken die Uhren bekanntlich anders. Dort ist es nicht nur früher, nein, die Presse erfährt Dinge sowieso vorher. Wieso eigentlich geben Unternehmen dann noch Pressekonferenzen? Kurzum: die Zahlen gingen schon gestern Morgen um.
Googles Finanzabteilung stotterte also ein »G G G Gewinn! « – die Firma musste das nach Aktiengesetz auch zeitig kundtun. Es wurde kurz darauf im Web veröffentlicht und schon ist es in alle Welt posaunt. Der Spiegel kommentierte gleich nonchalant, was er gelesen hatte: »Die Rezession hinterlässt auch in Googles Bilanzen Spuren: Der Umsatz ist im zweiten Quartal nur um 3 Prozent gestiegen«. Das sei das »geringste Wachstum seit dem Börsengang des Internet-Giganten vor fünf Jahren«. Dass der Suchmaschinenanbieter nicht mehr im zweistelligen Bereich wächst, benannte dann sofort Medienbeobachter Peter Turi (ehemals treibende Kraft im Kress Report) in seinem Medien-Newsletter »Turi 2«.
Dann kopierten schrieben es alle. Als Google gestern Nacht seine Telefonkonferenz gab, unterlag es seinem eigenen Metier: der Allzeit-Verfügbarkeit von Informationen. Dass man zwar 19 Prozent mehr Gewinn machte, konnte man zwar gegenüber der Journaille als Hauptthema auftischen: 1,48 Milliarden Dollar im Plus im Vergleich zu den 1,25 Milliarden im selben Zeitraum 2008. Gewinn.
Dass aber der Quartalszuwachs im Bereich Umsatz nur so gering war (»nur« 3 Prozent, aber in Summe kamen immerhin noch 5,52 Milliarden Dollar heraus), beschäftigte Google-Chef Eric Schmidt (siehe Bild) vorher sicher mehr als er dann von den Schreibern zu hören bekam. Viele Fragen kamen auch nicht – diese Infos wusste ja sowieso jeder. Gefragt hatten dann vor allem Finanz-Investoren wie JP Morgan über Geschäftschancen genau in den Bereichen, die Google gerne vermarkten will – vor allem im Mobilbereich.
Interessant waren jedoch die Aussagen der Google-Chefs, dass alleine durch Währungsschwankungen 140 Millionen Dollar verdient wurden, dass mit YouTube drei Mal so viel Geld verdient wurde als im Vorquartal, die großen nach dem Wirtschaftskrisen-Schock »verschwundenen« Anzeigenkunden langsam wiederkommen, und dass Europa, China und Brasilien sehr viel mehr zum wachsenden Gewinn beitrugen als die »noch gelähmten« USA. Überraschend war auch, dass die Geschäftspläne für Google ChromeOS noch gar nicht ganz ausgearbeitet sind.
Offenbar kann sich der Suchkrösus leisten, auch in seinen Businessplanungen mit Betaversionen zu arbeiten: »Wir müssen nicht mit jedem Projekt profitabel sein, wenn wir damit nur mehr Internet-Nutzer bekommen. Indirekt machen wir dann mit der Werbung wieder Geld«.
Wer die Konferenz nachträglich mitverfolgen will, kann sie bei Google abrufen und in den eineinhalb Stunden Redezeit viel drüber lernen, wie der Online-Anzeigenmarkt wirklich funktioniert. µ
L’Inqs:
Offizielle Google-Meldung zum zweiten Quartal 2009
Spiegel-Kommentar zu den Gemeinsamkeiten von Google und IBM
Google Webcast zum späteren Mithören